Die Serie begann mit dem Emmericher Bordell Fun Garden, und seitdem ist es ein wenig wie in der Fernsehshow Domino Day: Alle paar Monate kippt ein neuer Sex-Betrieb, weil die Ermittlungsbehörden – beflügelt durch das wegweisende Urteil im ersten Verfahren – das aktuelle Geschäftsmodell im ältesten Gewerbe aus den Angeln heben. Der neueste Schlag, bei dem die Staatsanwaltschaft Kleve erneut federführend zu Werke ging, traf gleich fünf Betriebe, darunter einen Emmerich und weitere im Großraum Gelsenkirchen sowie in Mönchengladbach.
Wie in den früheren Verfahren geht der von den Ermittlern unterstellte Schaden in die Millionenhöhe, indem Arbeitsentgelte vorenthalten sowie Lohn- und Ertragssteuern hinterzogen worden seien. Wie immer, sagen die Manager, die Frauen arbeiteten selbständig, was sich jedoch in den bisherigen Fällen als fantasievolle Umschreibung der Realität in den Clubs herausgestellt hatte.
Die nun ins Visier geratenen Tatverdächtigen aus der Türkei und aus Bulgarien, von denen gestern fünf verhaftet wurden, gaben sich jedoch offenbar mit diesem an sich schon lukrativen Geschäftsmodell nicht zufrieden. In den neuen Fällen ermittelt die Staatsanwaltschaft auch wegen gewerbs- und bandenmäßigen Computerbetrugs: Die Täter sollen Geldspielautomaten so manipuliert haben, dass die Gewinnwahrscheinlichkeiten zu Lasten der Kunden verändert waren.
Nach dem Fun Garden, bei dem den Ermittlern bei einer Razzia die komplette schwarze Buchführung in die Hände gefallen war, war bereits den Betreibern eines weiteren Betriebs im Rechtsrheinischen sowie dem eines Bordells in Kalkar der Prozess gemacht worden. Vor einigen Monaten sorgte die Durchsuchung des Gocher „Sauna-Clubs“ FKK van Goch, deren Betreiberin als Bordelltesterin im Privatfernsehen zu einiger Berühmtheit gelangt war, für Schlagzeilen. Und derzeit wird vor dem Landgericht in Kleve gegen die aus China stammenden Hintermänner eines Sex-Clubs im Kranenburger Gewerbegebiet Hammereisen prozessiert. Die Anklage von Staatsanwalt Hendrik Timmer umfasste 160 Seiten, und auch in diesem Fall geht im Kern um Menschenhandel, Steuerhinterziehung und um das Vorenthalten von Arbeitsentgelten.
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Hier die gemeinsame Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Kleve und des Hauptzollamtes Dortmund vom 30. November:
Seit den Mittagsstunden werden im Großraum Gelsenkirchen, in Mönchengladbach und in Emmerich zahlreiche Geschäftsräume und Wohnungen durchsucht. Rund 380 Einsatzkräfte der Finanzkontrolle Schwarzarbeit, der Steuerfahndungen Düsseldorf und Bochum sowie der Polizei durchsuchen 28 Geschäftsräume und Wohnungen. Die Durchsuchungen sind das finale Ergebnis umfassender, monatelanger Ermittlungen, die durch den Zoll, die Steuerfahndungsstellen Düsseldorf und Bochum und die Polizei erfolgten. Fünf Tatverdächtige sind auf Grund von Haftbefehlen festgenommen worden. Die Beschuldigten einer türkisch-bulgarischen Tätergruppe sind dringend verdächtig, in großem Stil Arbeitsentgelte vorenthalten, Lohn– und Ertragssteuern hinterzogen sowie und bandenmäßige Umsatzsteuerhinterziehung und gewerbs- und bandenmäßigen Computerbetrug bei Geldspielgeräten begangen zu haben. Die laufenden Durchsuchungen dienen dem Auffinden von Beweismitteln, es sollen aber auch Vermögenswerte gesichert werden. Den Beschuldigten wird vorgeworfen, u.a. in verschiedenen Saunaclubs vermeintlich selbständige Prostituierte beschäftigt zu haben, die tatsächlich so in die Betriebsabläufe eingebunden waren, dass es sich um abhängig beschäftigte Arbeitnehmerinnen handelte. Anmeldungen zur Sozialversicherung und die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen unterließen die Beschuldigten ebenso wie die Meldungen und Zahlungen der Lohnsteuern. Allein aus diesen Straftaten ergibt sich laut Tatvorwurf seit 2009 ein Schaden in Höhe von fast 3 Mio. EUR. Darüber hinaus betrieben die Beschuldigten in Saunaclubs und Spielhallen Geldspielgeräte, die sie so manipuliert sein sollen, dass die Gewinnwahrscheinlichkeit zu Lasten der Kunden verändert wurde. Den Beschuldigten soll es darauf angekommen sein, durch die Manipulationen auf Kosten der Kunden höhere Gewinne zu erzielen. Durch die Abgabe unrichtiger Steuererklärungen sollen die Beschuldigten auch Umsatz- und Ertragssteuern verkürzt haben. Der verursachte Schaden liegt laut Berechnungen der Ermittlungsbehörden bei mehr als 5 ½ Millionen Euro.