„Tiergestützte Therapie“: JVA Kleve erhält Wachtelgehege

Gefangen im Gefängnis: So stellt sich ChatGPT ein Wachtelgehege im Innenhof der JVA vor

Die Justizvollzugsanstalt Kleve beschreitet neue Wege, um den Insassen Verantwortung, Mitgefühl, emotionale Bindung und Rücksichtnahme nahezubringen: In Kürze soll im Innenhof ein Wachtelgehege errichtet werden – und von den Häftlingen betrieben werden. „In der kriminologischen Forschung gilt es aufgrund wissenschaftlicher Studien als erwiesen, dass der verantwortliche Umgang mit Tieren eine die Resozialisierung fördernde Maßnahme darstellen kann“, so Jörg Neyenhuys, Pressesprecher der JVA Kleve.

„Mit einem solchen Projekt erfinden wir das Rad nicht neu“, so Neyenhuys. „Seit fast zwanzig Jahren werden Tiere als Bestandteil von Behandlungsmaßnahmen im Strafvollzug eingesetzt – auch in NRW.“ Der Fokus des neuen Projekts in Kleve, das „tiergestützte Therapiemaßnahme“ firmiert, liege auf Gefangenen, die psychiatrisch besonders betreut werden. Es soll jedoch auch anderen Häftlingen eine Möglichkeit der Beschäftigung bieten. „Eine Beschäftigung, die es so in Kleve noch nie gab“, räumt Neyenhuys ein.

Aber warum ausgerechnet Wachteln? Die Verantwortlichen für das Projekt mussten sich natürlich die Frage stellen, welche Tiere innerhalb einer JVA überhaupt artgerecht gehalten werden können. Reitpferde beispielsweise sicher nicht, außerdem sollten sich die Belästigungen (durch Gerüche oder Geräusche) für die Mitgefangenen in erträglichen Grenzen halten. Ein weiteres Kriterium war der Wunsch nach einer möglichst einfachen Zucht, um das Projekt auch langfristig betreiben zu können. Und schließlich, so Neyenhuys, sei es zudem möglich, die „Nebenprodukte“ öffentlichkeitswirksam zu vermarkten. Wachteleier gelten als Delikatesse.

„Man muss stets bedenken, dass der Einsatz von Tieren im Vollzug nur dann verantwortbar ist, wenn ihre Haltung nicht nur den viel zu niedrigen Anforderungen des Tierschutzgesetzes genügt, sondern darüber hinaus auch tatsächlich artgerecht ist“, sagt Neyenhuys. „Deshalb fiel die Wahl auch Wachteln.“

Die Wachtel (Coturnix coturnix) ist ein ungefähr starengroßer, im Verborgenen lebender Vogel, der in fast ganz Europa, dem westlichen Teil Asiens und einem großen Teil Afrikas vorkommt. In Europa ist sie der kleinste Hühnervogel. Während der weit vernehmbare sogenannte Wachtelschlag gelegentlich zu hören ist, sind die unauffälligen Vögel nur selten zu sehen. Sie sind während der Fortpflanzungszeit vor allem in der Morgen- und Abenddämmerung aktiv. Zum Höhepunkt der Balz sind sie auch gelegentlich während des Tages zu vernehmen. Wachteln sind Bodenvögel und brüten in trockenen Wiesen, Ackerland, Steppen und lichtem Buschland.

In Mitteleuropa gehen die Bestände seit vielen Jahren zurück. Ursache des Bestandsrückgangs ist die Lebensraumzerstörung sowie in Teilen des Verbreitungsgebiets die Jagd. In Deutschland ist die Wachtel bereits seit vielen Jahren von der Jagd ganzjährig geschont. Die Wachtel verfügt über eine Reihe von pfeifenden, trillernden und gurrenden Rufen, die in freier Natur jedoch nur selten vom Menschen wahrgenommen werden. Sehr viel bekannter ist der als Wachtelschlag bezeichnete Gesang der Wachtel. Es handelt sich dabei um ein dreisilbiges Motiv, das volkstümlich mit pick-werwick umschrieben wird, wobei die erste und dritte Silbe betont werden.

Der Lebensraum der Wachtel sind offene Feld- und Wiesenflächen mit einer hohen, Deckung gebenden Krautschicht. Sie bevorzugt dabei Flächen mit tiefgründigen bis etwas feuchten Böden. Typische Brutbiotope sind Getreideflächen, Brachen, Luzerne- und Kleeschläge. Wachteln sind polygam. Jedes Männchen paart sich mit jedem Weibchen, das das Männchen aufsucht und lockt. Wachteln galten schon bei den alten Ägyptern und gelten bis heute sowohl wegen ihrer Eier als auch wegen ihres Fleisches als Delikatesse. Die als Heim- oder Nutztier gehaltene Legewachtel ist eine Haustierform der Japanwachtel (Coturnix japonica, Syn.: Coturnix coturnix japonica).

Gesprenkelt, lecker, kurze Kochzeit: Wachteleier (Foto: Wikipedia/Claus Ableiter)

Ein Wachtelei ist nur 10–12 Gramm schwer und wesentlich kleiner als das 5- bis 6-mal so schwere Hühnerei. Die Schale des Wachteleis ist gesprenkelt, was bei der Tarnung hilft. Wachteleier können wie andere Eier zubereitet werden. Die Kochzeit ist bei drei Minuten für ein weiches Ei. Sie werden gerne in der gehobenen Küche verwendet. Der Geschmack der Eier ist intensiver als der von Hühnereiern.

Deutscher Kaviar (Seehasenrogen) auf Wachteleiern (Foto: Bin im Garten/Wikipedia)
Veröffentlicht am
Kategorisiert als Verbrechen Verschlagwortet mit

Deine Meinung zählt:

19 Kommentare

  1. 18

    Maßregelvollzug ist gesetzlich nicht als Strafe angelegt. Die Leute in der Forensik gelten als Patienten, nicht als Häftlinge.

     
  2. 17

    Psychiatrische Forensik ? Sie berührt noch heute mein Herz ! 😇🙄 „THERAPIEREN STAAT BESTRAFEN“ … 😂 🤣 🤣…🍻🥳

     
  3. 16

    @14 Positives Denken So allgemein, wie Sie es formuliert hatten, war es leider nicht zutreffend. Dann säßen nämlich plötzlich sehr, sehr viel mehr Straftäter in der Forensik bzw. es würden tausende Plätze fehlen.

     
  4. 15

    @13

    Das neue Soziale Entschädigungsrecht (SER) ist am 1. Januar 2024 in Kraft getreten. Es hat das das Bundesversorgungsgesetz (BVG) und das Opferentschädigungsgesetz (OEG) abgelöst.
    Das SER soll Menschen mit gesundheitlichen Schäden, insbesondere Opfer von Gewalttaten, schneller und zielgerichteter unterstützen, indem es Leistungen für psychische und physische Gewalt, Schockschäden und Impfschäden umfasst. Zu den wesentlichen Neuerungen gehören die Zusammenfassung und Erhöhung der monatlichen Entschädigungsleistungen, die Berücksichtigung von Angehörigen und Hinterbliebenen sowie die Leistungsgewährung unabhängig von der Staatsangehörigkeit.

    Neuerungen und Ziele des SGB XIV im Einzelnen:
    Bündelung: Alle bisherigen Regelungen zur sozialen Entschädigung sind im SGB XIV zusammengefasst worden.
    Zielgruppe: Das SGB XIV umfasst nun auch Opfer von psychischer Gewalt, wie Stalking, sowie Schockschadensopfer.
    Leistungen: Die Leistungen wurden erweitert, sollen schneller und bedarfsorientierter erbracht werden und umfassen unter anderem medizinische Hilfen, Rehabilitation und Teilhabeleistungen.
    Thema Gleichbehandlung: Die Leistungen sind für alle Opfer von Gewalttaten zugänglich, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit oder ihrem Aufenthaltsstatus.
    Finanzielle Verbesserungen: Bisherige Geldleistungen werden zu deutlichen monatlichen Entschädigungszahlungen zusammengefasst und erhöht. Teilhabeleistungen werden künftig ohne Einkommens- und Vermögensprüfung gewährt.
    Abfindungsmöglichkeit: Berechtigte können sich die monatlichen Leistungen für einen Zeitraum von fünf Jahren als Einmalzahlung auszahlen lassen.
    Beweiserleichterung: Es gibt neue Regelungen zur erleichterten Nachweisbarkeit von psychischen Erkrankungen, die insbesondere Opfern sexualisierter Gewalt zugute kommen.

     
  5. 13

    @Cheegum
    Opferhilfe von staatlicher Seite gibt es nicht, ist nicht vorgesehen.
    Se beschreiben hier nichtstaatliche Hilfen.
    Taten verurteilen und bestrafen klappt ja mehr oder weniger gut, aber proaktve Opferhilfe? Nee, kennt der deutsche Rechtsstaat nicht.

     
  6. 11

    So weit man weiß, gibt es für psychisch belastete, dadurch strafrechtlich in Erscheinung getretene Erwachsene, andere Einrichtungen, die auch gerichtlich angeordnet werden ……

     
  7. 10

    JVA Zeithain: Dort gibt es auch ein großes Außengelände für den offenen Vollzug. Das haben die Häftlinge alles selbst gestaltet. Unter anderem gibt es dort auch Hühner und Kaninchen. Letzteres hatte ein Häftling auf dem Arm. Der Kerl war ein Musterexemplar von Drogendealer; 2 m, muskelbepackt und komplett tätowiert. Er schaute mich an und sprach: „Für die Tiere hier habe ich das erste mal im Leben Verantwortung übernommen „….

     
  8. 9

    Bedenken sind nachvollziehbar, aber Straftaten und emotionale Probleme hängen meist zusammen, hinzu kommen weitere Faktoren. Weiterbildung alleine bringt da nicht weiter.

     
  9. 8

    @GH

    Ganz ohne Hilfe bleiben Opfer von Straftaten nicht. Es gibt z. B. den Weißen Ring, Traumaambulanzen, psychosoziale Begleitung vor Gericht und ggf. auch längerfristige Psychotherapie. Klar, das könnte noch besser sein, aber Unterstützung gibt es. Resozialisierung in der JVA macht auch deshalb Sinn, weil sie dazu beitragen kann, Rückfallquoten zu verringern. Die positive Wirkung wird ja durch Studien bestätigt. Es geht nicht um eine Bespaßung oder Zeitvertreib für die Häftlinge. Es sollen auch vor allem die eingebunden werden, die psychiatrische Erkrankungen haben.

    Irgendwann stehen diese Leute wahrscheinlich wieder vor dem Gefängnistor und müssen klar kommen. Je besser sie klarkommen, desto besser ist das für jeden, mit dem sie zukünftig zu tun haben.

    Was mir etwas komisch vorkommt, ist, dass Vögel, die wie keine andere Tierart für Freiheit stehen, nicht nur in ein Gehege (wie groß?) sollen, sondern auch ins Gefängnis. Zweifach eingeschlossen. Nun sind Wachteln aber Bodenvögel, sie fliegen kaum. Wenn sie aber fliehen müssen, können sie senkrecht in die Luft starten. Sie kämen also notfalls raus, in einem günstigen Moment.

     
  10. 7

    @4. Günther Hoffmann

    Sie haben vollkommen Recht. Auch ich habe das hinterfragt.
    Müssen nun Tiere dafür herhalten, dass Erwachsene lernen müssen, ihr eigenes Verhalten und Verschulden zu begreifen?
    Diese Art Therapie, speziell mit Wachteln, halte ich für Kinder und Jugendliche, die sorgenvoll und lieblos aufwachsen, sinnvoll, aber für erwachsene, ausgewachsene Menschen?
    Wie wäre es mit Bildung, bzw. Weiterbildung für eine bessere Zukunft?

    Vielleicht ist das für manche LeserInnen zu „hart“, wäre aber zielführender ……..

     
  11. 4

    Hallo Ralf ..mein Kommentar geht in die 🚮 ..ok 😎 🍻 trotzdem die Opfer ☝🏼 die niemanden interessieren bekommen garantiert keine „Wachteln“ zur Pflege ihrer geschändeten Seelen …😠

     
  12. 2

    Der Ansatz ist auf jeden Fall gut. In den Haftanstalten sitzen sehr viele Menschen mit schwierigen oder destruktiven Bindungserfahrungen.

    Nur dass die Wachteln jetzt ins Gefängnis müssen (ja, ja, sie wissen es nicht)… In Berlin-Tegel leben Katzen in der Sicherungsverwahrung mit Häftlingen zusammen.

    Haftanstalten sollen resozialisieren. Wenn das Projekt dazu beiträgt, ist es ein Dienst an der Gesellschaft.

    Aber bitte schön aufpassen auf die Tiere.

     
  13. 1

    Das sind ja schon amerikanische Verhältnisse. Bloß, dass sich die Insassen in den USA um Alligatoren kümmern dürfen. Stellt sich nur die Frage, ob Mensch oder Alligator stärker ist.