1000 Meisterwerke: Die Kreditprüfung (Beton in Sumpf, 2002)

Verstörende Aura
Verstörende Aura
Liquidität am Boden
Liquidität am Boden
Die Revision der Natur
Die Revision der Natur

Es ist eine verstörende Aura, die das von einer unbekannten niederrheinischen Bauträgergemeinschaft in 13 Monaten geschaffene, 2002 vollendete Meisterwerk „Die Kreditprüfung“ verströmt. Das in Beton gegossene Monument ist eine Skulptur im öffentlichen Raum, die gängige Begrifflichkeiten hinterfragt und in einen neuen Sinnzusammenhang stellt.

Seit wir Menschen die Höhlen verlassen haben, sind wir es gewohnt, mit künstlichen Räumen eine Grenze zwischen dem „Außen“ und dem „Innen“ zu bilden. Diese Räume wiederum bieten dezidierte Möglichkeiten des Übergangs, die eine physische oder sinnliche Penetration gestatten (Türen, Fenster).

Dem setzt nun die noch junge Künstlergruppe mit ihrem auf rund 13 Millionen Euro geschätztem Werk, das im Klever Volksmund auch „Lightex-Ruine“ genannt wird, einen radikalen Entwurf entgegen. Es gibt keine Fenster mehr und auch keine Türen, und was aus der Ferne wie ein apokalyptisches Menetekel des wirtschaftlichen Niedergangs erscheint, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als ein feinfühliges Fanal der Transparenz. Es mutet an wie ein beinahe sentimentales Statement gegen den hermetischen Tresorismus, wie wir ihn aus vielen Häusern, in denen unser Geld verwahrt wird, kennen und fürchten.

Bei der „Kreditprüfung“ verschwimmen Außen und Innen zu einer Einheit, Natur und Kultur gehen Hand in Hand in den Sonnenuntergang. Es gibt keine Nichtöffentlichkeit mehr. Frage und Antwort, hier wird es eins. Ying und Yang. Ding und Dong. Einer der Mäzene, ein beliebter Sparkassendirektor, soll beim Anblick der von ihm ermöglichten Schöpfung begeistert ausgerufen haben, „Die Kreditprüfung“ gewähre die Form von Transparenz, die er sich für seine Heimatstadt so sehr ersehne. Man kann es verstehen!

Doch die Schöpfer des Monuments hatten nicht nur den Blick fürs Große – in jedem noch so kleinen Detail konterkariert „Die Kreditprüfung“ unsere gängige Erwartung von der Gnadenlosigkeit ökonomischer Prozesse. Wir Kleinunternehmer erleben bei unseren täglichen Kreditanträgen, dass wir bis aufs Hemd ausgezogen werden, ehe der Sachbearbeiter uns die Gnade erweist, Mittel fließen zu lassen. Es ist alles andere als ein semantischer Zufall, dass das in Finanzkreisen so beliebte Wort „Liquidität“ nichts anderes bedeutet als „Flüssigkeit“. Wer Geld hat, ist flüssig, sagt man.

Lenken wir nun unseren Blick auf die Flüssigkeiten, die dem Momument innewohnen. Wir entdecken sie bereits im Erdgeschoss. Dort findet sich Regenwasser, verschwenderisch ausgebreitet auf dem frugalen Betonboden. Das Regenwasser will verstanden werden als eine Metapher, die den Blick weitet für die menschliche Erhabenheit, die in der vollständigen Verachtung betriebswirtschaftlicher Risikokontrollen liegt. Der Controller - in Wahrheit ein bacchantischer Bonvivant, der mit dem Füllhorn verteilt: „Was kostet die Welt“, will uns jede einzelne dieser silbern gänzenden Pfützen verraten. „Wir haben’s ja! Und für Verluste gibt’s die Stadtwerke.“

Abgerundet wird die „Kreditprüfung“ durch zahllose Farbeinschläge in den Wänden. Als nächstes wacht man auf, und es liegt ein revisionistischer Pferdekopf neben einem im Bett. Das Idyll, ach!, es ist ein Wolkenkuckucksheim. Kunst, in ihrer eindringlichsten Form.

Schade nur, dass das faszinierende Objekt von der Vernichtung bedroht ist. Ein holländischer Investor hat das Momument von seinem Vorbesitzer, der Kulturstiftung der Sparkasse Kleve, erworben – ursprünglich mit dem Ziel, es in den Skulpturenpark des Kroeller-Moeller-Museums bei Arnheim zu integrieren. Doch der ambitionierte Plan scheiterte, statt dessen sollten dort, etwas weniger kunstsinnig, Betonzusatzstoffe hergestellt werden. Doch das Vorhaben scheint zu wanken, vielleicht, weil dem Gebäude ein Fluch innewohnt. Man weiß es nicht.

(Den sachlichen Bericht zur Lightex-Millionenverbrennung mit faszinierenden Details und einer uneingelösten Wettschuld gibt’s in den nächsten Tagen.)

Noch mehr Meisterwerke (kommt mir schon vor wie aus der Steinzeit dieser Seite):

Deine Meinung zählt:

25 Kommentare

  1. 25

    @KLE-MASTER
    Johanna Sebus Urenkel werden auch keinen natürlichen Deichbruch erleben.
    Die Niederländer werden den Deich im Notfall aufreissen.
    Die haben zwar wegen lokaler Proteste die für die Einrichtung als Notüberlaufgebiet reservierten 2 Milliarden nie investiert. Der Polder steht aber immer noch in ihren Katastrophenplänen als Flutpolder.
    In der neuesten veröffentlichten „rampenbeersingsstrategie overstroming (RBSO)“ steht unser Polder in der großen grenzüberschreitenden Variante. Der zuständige
    Staatssekretär Atsma beantwortet Fragen des niederländischen Parlaments bzgl der Nutzung nicht eingerichteter Notüberlaufgebiete im Notfall eindeutig als notwendig und geplant.
    Der Vorsitzende der unie der waterschappen und höchste Deichgräf der Niederlande sowie Professor für Wasserbau Siebe Schaap fordert immer noch, dass unser Polder als das eingerichtet wird, was er faktisch ist.
    Und in Antworten von Rijkswaterstaat/minsterie voor verkeer en waterstaat ans Finanzministerium bzgl Notüberlaufgebieten beschreibt man Szenarien, worin durch Sprengungen 10.000 ha deutsches Gebiet inkl. der Klever Industriegebiete geflutet werden. Eine Veröffentlichung dieses Dokumentes sollte übrigens wegen potentiellen Riesenkrachs zwischen NL und BRD/NRW vermieden werden…
    Den Namen der Hochschule finden die Niederländer in Anbetracht ihrer Katastrophenschutzpläne sicherlich ganz besonders gelungen.

     
  2. 24

    Die kleine Erna Döllekes von der Flutstrasse, Ur-Ur-Urenkelin von Johanna
    Sebus fragt, was PLIGHTEX ist – sie kennt nur Playtex-Büstenhalter.
    Ja, sage ich, das war LIGHTEX – da kriegten alle Erwachsenen grosse Augen wie Weihnachten und da setzte der Verstand aus und dann gab es die Pleite.
    Und was hat das mit der Hochwasserschule Rhein-Waal zu tuen?
    Ja, sage ich, da haben wieder alle Erwachsenen so grosse Weihnachtsaugen.
    Und der Verstand setzt aus – das verstehst du, wenn du mal 18 bist.
    Dann springe ich aber nicht in den brechenden Deich !

     
  3. 23

    Vielleicht haben mutige Geschäftsleute einfach nur Probleme mit der Wirtschafskrise und benötigen Zeit, sich für ein solches Projekt neu auszurichten.

     
  4. 22

    @KlePeter

    Die Royal Press, immer um eine neutrale Berichterstattung bemüht, titelte anlässlich der Wiederwahl unseres hochgeschätzten technischen Beigeordneten:

    „Ein Traum-Duo für Kleve“

    Gemeint waren Fury und besagter Experte.

    Also schnell das Kreuzchen bei Theo machen, das Duo Infernale darf doch nicht auseinander gerissen werden.

     
  5. 21

    @ KlePeter Das wurde ja auch schon in div. Karnevalsbütten angeregt. Als ergänzung könnte man noch hinzufügen : Das Bürgerbüro bleibt in der Stadt (das deckt die allermeisten Verwaltungsgänge für den Normalbürger ab) und der alte grüne City-Train pendelt dann zwischen Stadt und Lightexbau. Quasi als Behördenexpress. Dann ist die Verwaltung auch am Puls der Wirtschaft und kann schön in Ruhe auf der grünen Wiese vor sich hin verwalten.

     
  6. 20

    Mein Vorschlag steht weiterhin: „macht aus dem Bau ein Rathaus“.
    Der Baudezernet kennt sich auch mit zugigen Räumen aus. Dehalb muss an der Ruine kaum etwas getan werden, wie das Gutachten von FrauLächerlich unter Bezugnahme auf den Bunker in HH zeigt.

     
  7. 19

    Nicht nur Lightex steht im Sumpf – das ganze Industriegebiet ist Feucht-gebiet im Urstromtal von Rhein und Waal. Eine gigantische Fehlplanung
    unserer Altvorderen, seit man keine Schienen und Kanäle mehr brauchte.
    Trocken auf Pump des Deichverbandes. Und viel Sand und Kies.
    Bedroht vom Notüberlauf der Holländer, Stromausfall, Terror, Deichbruch
    und dem Einsturz der Bergstollen unter dem Rhein bei Kamp-Lintfort.(!)
    Dann steht das Wasser wieder am Kaufhof.
    Ach ja, Hochschule. Wozu brauchen Studenten Kanalanschluss??
    Ihr genialen Planer: baut die Schule hoch. Auf Stelzen, eine Warft. Nennt sie
    HOCHWASSERSCHULE RHEIN-WAAL
    und betet, dass es ihr nicht so ergeht wie dem schlechten Beispiel PLIGHTEX

     
  8. 18

    Wie ich hörte, wurde der Kaufvertrag über das Lightex-Gebäude schon vor fast 2 Jahren abgeschlossen. Warum tut sich denn nichts, oder ist der Vertrag mit der Sparkasse Kleve wieder aufgehoben worden? Dann könnte doch die Sparkasse Kleve in dem Gebäude Studentenwohnungen errichten. Als Verwalter schlage ich Rudi van Zoggel vor. Betreiber der Kantine könnte Einstein aus dem Früh werden. Nächste oder übernächste Woche treffen sich wieder im Früh die honoringen Herren aus der Bankenwelt. Mal hören, ob es etwas Neues gibt.

     
  9. 17

    Medienbunker in HH ist seit 1942 ungeschützt. Und? Haben schon diverse „Sprengprofis“ probiert, steht immer noch. Ob das an Gutachtern liegt weis ich nicht. Blöd ist, wenn Kostenschätzungen 60% unter den danach folgenden Angeboten liegen.

     
  10. 16

    hallo, roher stahlbeton, seit jahren wind und wetter ausgesetzt. welcher gutachter soll denn dafür seinen kopf hinhalten? abreißen auf bürgers steuerkosten oder, wie hier üblich, rumsitzen nixtun und auf niederländische investoren warten

     
  11. 15

    @Kleverbub: Hochachtung vor diesem Mann !

    Wenn ich den Artikel richtig verstanden habe, dann ist er als Quereinsteiger nicht aus dem üblichen Kleister, z.B. der Laufbahn im öffentlichen Dienst, dem Bürger vor die Füße gespiehen worden.

    Also ran, ihr Mitwisser mit Gewissen: Schreiben, schreiben, schreiben…

     
  12. 13

    @Günter & Alle: Wer Lust auf Sonntagslektüre hat, der folgt bitte dem Link. Kleve und Bedburg-Hau sind kein Einzelfall aber Probleme, die man erkennt, kann man auch (versuchen zu) beseitigen.

    http://www.welt.de/die-welt/vermischtes/article4330291/Keine-unregierbare-Stadt.html

    Erst einmal ist der Artikel frustrierend, weil man schnell merkt, dass der Name der genannten Stadt durch Bedburg-Hau oder Kleve fast uneingeschränkt ersetzt werden kann. Sehr schön aber auch, dass es hier scheinbar ein Mann von der CDU ist, der versucht den Sumpf trocken zu legen. Dies noch mal als Hinweis, dass man nicht undifferenziert irgend einer Partei folgen sollte oder pauschal eine Partei verurteilt.

    Theo oder Peter, ihr hättet Helden werden können. Also ran, noch ist Zeit oder geht’s nicht ?

     
  13. 12

    @Günter

    Es wäre mal interessant zu erfahren, ob diese Leute, welche ja aufgrund ihes Mandats bzw. ihrer Funktion als BM/Landrat von den Kommunen bzw des Kreises Kleve dort entsandt wurden und dort deren Belange wahrnehmen, die Euronen an die Stadt oder den Kreis überweisen.

    Falls das nicht der Fall sein sollte, stellt sich als zweites die Frage, ob diese Beträge auch versteuert werden…….

    😛

     
  14. 11

    An alle Politiker der Stadt Kleve!! Habt Ihr gelesen, was Killerplautze über die Vergütung in den Ausschüssen der Sparkasse Kleve schreibt? Pro Sitzung bekommen Eure Kollegen 5 0 0 Euro bar auf die Hand. Und das stimmt sogar!! Damen und Herren der Politik. Bewerbt Euch für diesen Posten. Ca. 12 Sitzungen im Jahr bedeuten 6. 000 Euro jährlich aufs Konto. Und was macht man in den Sitzungen? Fragt Eure Kollegen aus dem Stadtrat.

     
  15. 10

    @MB 300

    500€ je Sitzung. Ich frage mich übrigens, ob seine (Un-)Tätigkeit im Kreditverhinderungs-Ausschuss separat vergütet wird.

     
  16. 9

    @Killerplautze
    M.P: . und kassiert für jede Sitzung – Bares – weiterer schöner Nebenverdienst

     
  17. 8

    von jedem normalen Gewerblichen Kunden,werden bei etwas größeren Summen zur Absicherung von Darlehen, Hypotheken
    Einträge, persönliche Bürgschaften auch der Ehefrau, das Anlegen von Festgeldkonten für Rückbürgschaften etc. gefordert.

    In diesem Falle reichten schöne blaue Augen und Visionen und schon flossen Millionen.
    Da hat wohl nur der Glaube Berge versetzt, es wird schon gut gehen. Das diese Stümper ohne persönliche Haftung, da heraus gekommen sind ,ist System bedingt. Das die Klicke aber noch ihr unwesen weiter treiben darf , ist der Bürger selber schuld.
    Denn das was man wählt bekommt man auch.

     
  18. 6

    @Hausen am See

    Der parlamentarische Staatsekretär für Sport und Verwaltung des Landes Nordrhein Westfalen Dipl. jur. Manfred Palmen ist neben der Mitgliedschaft in der Fussballmannschaft des FC Beinbruc…., pardon FC Landtag, nach wie vor Mitglied des Verwaltungsrates und des
    Kreditausschusses sowie Rechtsanwalt.

    Wie praktisch. 😛

     
  19. 5

    @ungläubiger
    und seit vielen Jahren stellt die CDU die Mehrheit im Verwaltungsrat der Sparkasse (war zu der Zeit nicht auch ein gewisser Manfred Palmen im Verwaltungsrat???? oder sogar im Kreditausschuss???) Müßte man einmal nachvollziehen.

     
  20. 4

    @Ungläubiger: Das kommt davon, wenn Menschen in Verantwortung nicht persönlich haften. Wir sind uns einig, dass wir beide unser Geld nicht so leichtfertig verliehen hätten.

    Hast Du schon mal um nix Skat oder Poker gespielt ? Ich spiele dann immer ein Grand Hand Ouvert mit oder ohne Vieren und auf Kontra kommt umgehend ein selbstbewusstes Re, egal welche Luschen auf der Hand sind. Beim Pokern gehe ich spätestens in der zweiten Runde All-In.

    Nach zwei drei Spielen hat dann keiner Bock mehr auf den Mist.

     
  21. 3

    Schöner Artikel, den man konzentriert lesen sollte, denn beim ersten flüchtigen Blick auf die Bildunterschriften habe ich doch glatt statt Aura Arena gelesen.

    Das Bildmaterial kommt doch bestimmt aus Guido Knopps Speer und seine Frauen… oder was auch immer. Andererseits hat die Architektur schon fast was von Paul Bonatz und Friedrich Eugen Scholer.

     
  22. 2

    Ist das nicht alles unglaublich? Ich habe in Ruhe mal den Text unter http://www.heimat-kleve.de/geschichte/lightex/lightex.htm gelesen. Was sind das für Stümper in den Vorstandsetagen! Was sind das für Stümper in den Aufsichtsgremien der Sparkasse (Hausfrauen und Beamte), was sind das für Stümper in den Revisionsabteilungen (damals van Zoggel usw.) Einfache Mitarbeiter werden bei kleinsten Fehlern abgewatscht. Und was passiert mit den dilettantischen Fehlern der Boni-verwöhnten Vorstände und mit den so unglaublichen Abnickern aus der Politik in dem Kreditausschuss? Nichts, verehrte Leser. Es ist zum kotz….. Man meint, dass solche Dinge nur in den Großstädten passieren (siehe Köln und Düsseldorf). Nein, auch in der Provinz sind „Provinzler“ an der Macht, die das dicke Geld kassieren und den fleißigen Mitarbeitern, die täglich an der Front stehen, eine kleine Gehaltserhöhung verweigern.