Lyrik am Sonntag: Oh Materborn, du Heimatdorf!

Vor einigen Wochen veröffentlichte ich hier ein Gedicht des Klever Diplomaten Wolfgang Look, der zurzeit »unser« Mann in Brüssel ist. Er stammt aus Materborn, und noch nie, dies gestehe ich gerne ein, habe ich diesen Klever Ortsteil in dem Lichte betrachtet, wie mein ehemaliger Klassenkamerad dies hier tut. Es sind Zeilen mit graziler Schwere, die ich, weil so ganz anders als der Rest, der hier normalerweise steht, gerne veröffentliche.

Oh Materborn, du Heimatdorf!

Das süße Licht der Welt durft ich erblicken,
Im kleinen Vorhof von des Reichwalds grünem Hain,
Oh Materborn, auf deiner Erde auserwähltem Flecken
Im flachen Lande von dem schönen Niederrhein!

Voll Lebenskraft und Frohsinn, kindlich wach,
Spielt` ich in deinen Gärten, Wäldern, pflückte
Kastanien und Beeren, Äpfel, und entrückte
Zum Himmel, wenn ich mit dem Monde nächtlich sprach.

Für mich, oh Heimatdorf, erwählt du bist von Gottes Hand,
Und in deiner stillen Abendstunden Seligkeit
Und Frieden oftmals ich, mit dir im Ehebunde, fand,
Wenn mich die Traurigkeit ergriff und Einsamkeit.

Im Herzen dich umarmend, trautes Materborn,
Steigt betend meine Seele zu dem nahen Himmel auf,
Wohin, du Heimatdorf, wie einst der Weihnachtsstern
Mich führest schützend in des Lebens wildem Lauf!

Im Friedhof von Burg Ranzow möge meine Seele
Einst ewig ruhen, wenn aus diesem Erdentale
Im Sanctus von der alten Baumalleen Hain
Zum Herrgott ich muss kehren ewig heim.

Mein teu'res Elternhaus steht wie ein Röslein schön
In deiner Mitte, lockt vertrauensvolle immer wieder an,
Und aus der Fremde führt ein unsichtbarer Bann
Verzaubernd zu dir mich, dein' treuen Sohn!

In deiner Mitte, Materborn, dein turmlos Kirchlein alt
Empfanget mich und wird ein Tor zum Himmel,
Dass über deinen Feldern silbernes Gewimmel
Von Sternenchören magisch in mir schallt.

Und oft des Herrgottes Stimme spricht im Traum:
Komm, Sohn von Materborn, zu deiner Wiege wieder,
Dass dich erquickt der Zauber meiner schönsten Lieder
In meiner Felder, Häuser ewig jugendlichem Raum.

Brüssel, 18.1.2013

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13 Kommentare

  1. 13

    Materborn, pass auf !!!!
    Nachdem die Stadt Kleve vom Verwaltungsgericht die Auflage bekam, den Bebauungsplan Nr. 4-284-0 Dorfstraße Ortsteil Materborn neu auszulegen, hat man direkt die Gelegenheit genutzt, den Bebauungsplan zu erweitern. Die Dorfstraße soll nach Willen der Stadt Kleve von dem Gemeindeweg bis fast an die Berliner Str. dreigeschossig, mit großen Klötzen, bebaut werden können.. Materborns Mitte wäre dann von Klötzen geprägt. Sollten unsere „Stadtväter“ nicht in der Lage sein, einen verträglichen und angepassten Bebauungsplan aufzustellen, dann sollten Sie sich doch mal die Meinung der einfachen Leute anhören!
    Wer gegen diesen Bauplan etwas unternehmen möchte, kann seine Bedenken bis zum 15.02.2013 beim Bauamt Kleve einreichen.
    Materborn wehrt sich noch immer!

     
  2. 12

    genaue Quelle: Kurt Tucholsyky
    Die Lissie
    Die Lissie hat zwei Beine und zwei Ãœberzeugungen: eine, wenn’s ihr gut geht, und eine wenn’s ihr schlecht geht. Die erstere heißt Religion. Die Lissie ist ein Wirbelwind und hat eine unsterbliche Seele, sowie auch ein Mutterland, damit sie nicht zu übermütig wird.

    Manche Lissies verlassen sie sich auch auf den Charakter. Die Lissie zerfällt in zwei Teile: In einen weiblich, der nicht denken will, und in einen weiblichen, der nicht denken kann. (LOL) Beide haben gewisse Gefühle: man ruft diese am sichersten dadurch hervor, dass man gewisse Nervenpunkte des Organismus in Funktion setzt.

    In diesen Fällen sondert Lissie Lyrik ab.

    Gruss
    Wolfgang Look

     
  3. 11

    @ 8. Allesklever :
    Ach so, DAS ist die sprudelnde BierQuelle.
    Danke !
    solche Hinweise sind mir herzlich willkommen.

     
  4. 10

    @Klever sind Clever

    „nee nee, lieber Kleve Unterstadt“

    Nicht in der Sir Arthur Rauer Version!

     
  5. 9

    Jetzt fällt mir der Gedankenschnipsel Tucholskys auch wieder ein:
    „Der Mensch zerfällt in zwei Teile, einen männlichen und einen weiblichen. Gelegentlich sondert er Lyrik ab.“
    Irgendwie so war das.

     
  6. 7

    Materborn?…wo ist das ?
    nee nee, lieber Kleve Unterstadt,Bedburg-Hau(Schneppenbaum,Moyland,Hasselt,Hau)…
    Materborn ist Out, selbst die Kirmes wird glaube ich von den Qualburgern bereits getopt!

     
  7. 5

    @ 4. Allesklever :
    WieSo ?
    Ich dachte, es ginge um einen der Mutter Gottes ( Mater ) geweihten Brunnen, nicht um einen nur matt sprudelnde.

     
  8. 2

    Klasse! Jetzt noch eins über Reichswalde bitte.

    War Reichswalde nicht immer der interessanteste, etwas andere Ort rund um Kleve, mit weniger depressiven Menschen, aus einer Mischung von Niederrheinern, Ostpreußen, Schlesiern und sonstigen Vertriebenen bzw. Flüchtlingen aus allen Himmelsrichtungen? Als Mat(t)erborner Kind habe ich das zumindest immer so empfunden.

     
  9. 1

    Liebe Freunde,
    vielleicht darf ich selbst kommentieren, dass Poesie in meinem Verständnis nur sekundär die Aufgabe hat, Wirklichkeit objektiv abzubilden, primär geht es um den Ausdruck innerer Einstellung, geht es darum im Alltäglichen, Gewöhnlichen, Herkömmlichen eine besondere Sicht der Dinge zu vermitteln, die das Herz öffnet für die Ewigkeit, für die Schönheit und Tiefe der Dinge. Gerade da, wo objektiv vielleicht nicht die beeindruckensten Orte und Erfahrungen sind, soll der Dichter versuchen, die Schönheit und das Besondere zu entdecken und im Leser hervorzurufen. Der Leser soll von neuem Kind werden, d.h. jemand der die Welt so sieht, wie er es als Kind tat, wo alles Neues, Besonders und Ãœberraschend war, selbst das, was scheinbar belanglos ist.
    Herzliche Grüsse
    Wolfgang (Look)