Fun-Garden-Prozess: Olgas Abrechnung

(Inserat aus den Niederrhein Nachrichten, 18. November 2012)


(Direkt zum aktuellsten Bericht, Stand 9. Januar) Dass das Bordell »Fun Garden« in Emmerich damit wirbt, »unter neuer Leitung« zu stehen, verwundert nicht. Für die Rheinische Post verfolge ich zurzeit vor dem Landgericht Kleve den Prozess gegen die »alte Leitung« – ein Verfahren, das tiefe Einblicke darin gewährt, wie das Geschäft mit der Prostitution heutzutage abläuft. Wen es interessiert, hier am Stück alle Berichte…

1. 1000 Frauen zum Sex gezwungen? (13. November)

„Fun Garden“ war der Name des Bordells in einem Gewerbegebiet in Emmerich. Zu deutsch also „Spaßgarten“. Wer gestern in der Klever Schwanenburg dem Prozessauftakt gegen zwei der mutmaßlichen Betreiber des Etablissements beiwohnte, dürfte die Bezeichnung als blanken Hohn empfunden haben – zumindest für die Frauen, die dort anschaffen mussten.

Esed D. (53, Bosnier) und Olga G. (40, aus Russland stammend, deutsche Staatsangehörige) müssen sich vor der 9. Großen Strafkammer (Wirtschaftsstrafkammer) des Landgerichts unter anderem wegen Menschenhandels, Steuerhinterziehung, Einschleusung und Urkundenfälschung verantworten. Sie sollen nach Meinung der Staatsanwaltschaft die führenden Köpfe einer hochtourig und gut geölt laufenden Prostitutionsmaschinerie gewesen sein.

Während der rund einstündigen Verlesung der Anklageschrift zeichneten die Staatsanwälte Hendrik Timmer und Daniel Klocke ein düsteres Bild des Gewerbes. Rund 1000 Frauen, einige davon mit falschen Papieren, zumeist aus Osteuropa, sollen von 2005 bis 2011 nach Emmerich geschafft worden sein.

Am Rhein hätten sie im „Fun Garden“ und in einem weiteren Lokal, der „Villa Auberge“ nahezu rund um die Uhr anschaffen müssen, zunächst – wie in diesem Geschäft üblich -, um imaginäre Schulden für den Transport nach Deutschland abzuarbeiten.

Die Ankläger schilderten, dass den Frauen bei ihrer Arbeit Ausweise und Mobiltelefone abgenommen worden seien und dass ihnen verwehrt worden sei, das Bordell zu verlassen. Das Wort Sex-Sklavinnen drängte sich auf, auch wenn die Staatsanwaltschaft es nicht in den Mund nahm.

In den Bordellen wurde im Halb-Stunden-Takt abgerechnet, für die Freier jeweils 50 Euro bezahlen mussten. Im Eintritt, der ebenfalls 50 Euro betrug, waren Getränke enthalten. Wer nach dem Besuch einen Fragebogen zu den Qualitäten der Damen und des Lokals ausfüllte, bekam 5 Euro Rabatt, so die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft.

Olga G. habe routiniert die bürokratischen Formalitäten erledigt und die Frauen beim Gewerbeamt in Emmerich wahlweise als Hostess, Messehostess, Masseurin oder Go Go-Tänzerin angemeldet. Im Bordell informierten Aushänge die Gäste darüber, dass die Damen als selbstständige Unternehmerinnen tätig seien.

Alles Lüge, so die Staatsanwälte. Sie führten in der Anklageschrift aus, dass die dort tätigen Damen die Hälfte ihrer Verdienste an die Betreiber abführen mussten – zuzüglich weiterer Gebühren, zum Beispiel für Kost und Logis, aber auch für Kondome.

130 einzelne Anklagepunkte umfasst die Liste der Vergehen, die die Ermittler aufgedeckt haben wollen. Im Zentrum stehen Verstöße gegen Steuer- und Sozialversicherungsgesetze. Sollten sich die genannten Summen der nicht gezahlten Beiträge (1,7 Millionen Euro) und Steuern (5,8 Millionen Euro) bestätigen, zeigten sie auf erschreckende Weise die Dimensionen des Geschäfts mit der käuflichen Liebe im „Fun Garden“.

Die beiden Angeklagten nahmen die Ausführungen der Staatsanwaltschaft mit demonstrativer Gelassenheit zur Kenntnis. Olga G., lange blonde Haare, elegante Erscheinung, lächelte häufig. Esed D. bot einem Zuschauer in einer Verhandlungspause mit einer scherzhaften Geste an, die Plätze zu tauschen.

Die fünf Strafverteidiger des Duos gingen von Anfang an auf Konfrontationskurs. Joachim Müller (Düsseldorf), einer der beiden Anwälte der Frau, versuchte sogar, die Vorlesung der Anklage zu verhindern. Dabei handelt es sich um den neuesten Verfahrenstrick, der in Strafverteidigerseminaren gelehrt wird.

Christian Henckel, Vorsitzender Richter, ließ sich von alldem nicht aus der Ruhe bringen und wickelte das Störfeuer routiniert ab – inklusive des unvermeidlichen Befangenheitsantrags. So konnte am Ende des ersten Verhandlungstages dann noch in Erfahrung gebracht werden, dass die beiden Angeklagten es vorziehen zu schweigen. Somit wird der Prozess am Freitag mit der Vernehmung der ersten Zeugen fortgesetzt.

2. Kluge Strategie oder Prozessverschleppung? (14. November)

Der Prozess gegen die Emmericher Bordell-Betreiber Esed D. (53) und Olga G. (40) war noch keine Minute alt, da stellte Strafverteidiger Joachim Müller (Düsseldorf) bereits einen Antrag, der die gut 30 Zuschauer im Saal A110 der Klever Schwanenburg verwunderte. Er forderte, die Anklage wegen Menschenhandels, Einschleusung, Steuerhinterziehung, Vorenthalten von Arbeitsentgelten und Urkundenfälschung gar nicht erst verlesen zu lassen.

Diesen Winkelzug, der aktuell in Fortbildungsseminaren für Strafverteidiger gelehrt wird, begründete der Rechtsanwalt damit, dass die Anklage formal nicht korrekt sei und die Schöffen das, was mit großer Detailfreude als Tatvorwurf formuliert sei, möglicherweise für bare Münze nehmen könnten. Dies benachteilige seine Mandantin, so Müller.

Die neunte große Strafkammer des Landgerichts Kleve unter Vorsitz von Richter Christian Henckel sah sich mit einem erkenntnistheoretischen Problem konfrontiert: Wie soll man über die Zulässigkeit einer Anklageschrift entscheiden, wenn diese noch gar nicht offiziell in eine Verhandlung eingeführt ist?

Also ließ Henckel die Anklage verlesen – mit der logischen Konsequenz, dass die Verteidiger den Antrag danach erneut stellten, und obendrauf noch einen Befangenheitsantrag setzten, weil ja nun die Anklage bereits verlesen worden sei.

Das ganze Vorgehen ähnelt einem Schachspiel mit Paragraphen und Verfahrensfragen. In einer Verhandlungspause erklärte Anwalt Müller denn auch freimütig den im Publikum sitzenden Angehörigen von Olga G., es gehe ihm darum, Druck zu machen. Die Hoffnung: Die Kammer begeht irgendwann einen Fehler, mit dem sich das ganze Verfahren kippen lässt.

Allerdings trifft die fünfköpfige Verteidigerriege auf einen Vorsitzenden Richter, der schon ganz andere juristische Schlachten erfolgreich geschlagen hat: Christian Henckel führte auch den Vorsitz, als das Landgericht Kleve den Ehrenmord-Prozess gegen den Vater und dem Bruder des Opfers Gülsüm aus Rees mit lebenslangen Haftstrafen zu einem Abschluss brachte.

Die Bilanz der Verteidiger nach dem ersten Verhandlungstag dürfte gemischt ausgefallen sein. Zwar ist es ihnen gelungen, einen siebenstündigen Prozess durch Anträge und nötige Beratungspausen so weit zu zerhacken, dass Staatsanwalt Hendrik Timmer der Gegenseite offen eine Verschleppungsstrategie vorwarf und kaum mehr geklärt werden konnte als die Tatsache, dass die beiden Angeklagten nichts sagen werden. Auf der anderen Seite wurden die Anträge abgeschmettert – nun kann ab Freitag die Beweisaufnahme beginnen.

3. Sechs Aktenordner Frauen (16. November)

Es klingt zunächst einmal unspektakulär, wenn der Vorsitzende Richter der 9. großen Strafkammer des Landgerichts Kleve, Christian Henckel, hinter sich greift, einen Aktenordner hervorholt und sagt: „Ich habe hier den Ordner mit der Beschriftung ‚Personal (Mädchen) 2010`. Darin sind enthalten die Originale der Gewerbeanmeldungen und Kopien von Identitätspapieren.“

Tag zwei im „Fun-Garden“-Prozess in der Klever Schwanenburg gegen die Bordellbetreiber Esed D. (53) und Olga G. (40), die sich wegen Menschenhandels, Einschleusung, Steuerhinterziehung, Vorenthalten von Arbeitsentgelten und Urkundenfälschung verantworten müssen. Die Kammer wühlte sich durch Akten und andere Dokumente, und die Zuschauer beschlich möglicherweise das Gefühl, dass die Ordnungsliebe der beiden Angeklagten in diesem Fall nicht gerade ein Vorteil für die Verteidigung ist.

Es sind insgesamt sechs Aktenordner, die als Beweismittel dienen. Sie sind beschriftet mit Titeln wie „Fun Garden Personal 2010“, „Mitarbeiter aktuell“ oder „Ex-Mitarbeiter“. Reihenweise werden Frauen aufgelistet, die Elzbieta, Felicia, Ramona, Lenka oder Kunka heißen und die von Bulgarien, Ungarn, Rumänien, Litauen oder Estland nach Emmerich gekommen sind oder verschafft wurden, um in dem Bordell an der Tackenweide Liebesdienste zu verrichten.

Das Aktenstudium zeigte, dass der Schrecken auch hinter Klarsichtfolien lauern kann: Es waren – genau genommen – sechs Aktendordner Schicksale. Die dunkle Seite dessen, was der „Fun Garden“ in seiner Eigenwerbung als „über 500 Quadratmeter für die totale sexuelle Freiheit“ anpries.

Als das Gericht verschiedene Internet-Auftritte des Emmericher Bordells in Augenschein nahm, fallen Formulierungen auf, die klingen, als hätte ein Fachmann den Stift geführt. Demnach seien die Frauen „selbstständig tätig“ und handelten bei ihrer Arbeit im Fun Garden „nicht weisungsgebunden“.

Eine ähnliche Erklärung, die von einer dort tätigen Frau unterschrieben worden war, entlarvte Staatsanwalt Hendrik Timmer durch eine schlichte Nachfrage: „Haben sich bei den Akten auch Übersetzungen gefunden?“ Die gab es nicht, und so stellt sich die Frage, ob die osteuropäischen Prostituierten überhaupt wussten, was sie da unterschrieben.

Die Masse an Gewerbeanmeldungen und weiteren Dokumenten in den Ordnern wirft noch grundsätzlichere Fragen auf: Wenn die Damen doch alle selbstständig tätig waren, warum finden sich dann sämtliche Unterlagen zu ihrer Geschäftstätigkeit im Büro des Bordells?

Staunen lässt auch die Arbeit des Emmericher Gewerbeamtes, die auszugsweise eingesehen werden konnte: Offenbar eskortierte Olga G. im raschen Rhythmus immer neue Frauen in die Stadtverwaltung und erledigte dort gemeinsam mit ihnen den Behördenkram, indem sie sie wahlweise als Tänzerinnen, Hostessen oder Masseurinnen anmeldete. Glaubten die Mitarbeiter der Stadtverwaltung allen Ernstes, dass in Emmerich so viel getanzt wird?

Jedenfalls lockte der Fun Garden im Internet damit, dass immer neue „Top-Girls aus aller Welt“ selbst den anspruchsvollsten Gast verwöhnten und das Lokal ein „Geheimtipp für Geschäftsbesprechungen der angenehmen und erfolgreichen Art“ sei. Detailliert wurden auch die Preise für bestimmte Dienstleistungen in diesem Segment angegeben.

Ein Schwerpunkt des Verfahrens sind die möglichen Steuervergehen der beiden Betreiber. Was liegt da näher, als den Steuerberater und einen Mitarbeiter der Kanzlei als Zeugen zu befragen? Doch die Verteidiger pochten auf die Verschwiegenheitspflicht der beiden Männer aus Gladbeck, die als Zeugen geladen waren. Sie sagten also nichts.

Damit gab sich die Staatsanwaltschaft allerdings nicht zufrieden und spielte einen ersten Trumpf aus: Gegen den Steuerfachangestellten wird in dieser Sache auch wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung ermittelt. In diesem Verfahren gab er der Staatsanwaltschaft bereitwillig Auskunft. Gestern erklärte er sich damit einverstanden, dass diese Aussage in diesem Verfahren verwertet werden kann – Punkte für die Ankläger.

4. „Man kann ja schlecht Nein sagen“ (20. November)

Am dritten Tag des „Fun-Garden“-Prozesses vor dem Landgericht Kleve kommen erstmals Prostituierte zu Wort: „Ich fand das echt gut, es war entspannt“ – verhängnisvolle Aufzeichnungen

Am Ende des dritten Verhandlungstages im „Fun-Garden“-Prozess vor dem Klever Landgericht zupfte Esed D. (53) seiner mitangeklagten Lebensgefährtin Olga G. (40) neckisch die Mütze vom Kopf, strich ihr mit der Hand durchs lange blonde Haar und herzte sie. Beide lachten.

Aus der Sicht der beiden Bordellbetreiber, die wegen Steuervergehen und Menschenhandels (u. a.) angeklagt sind, war der Tag erfreulich verlaufen: Mehrere Zeuginnen, die im „Fun Garden“ als Prostituierte tätig waren, schilderten, wie das Gewerbe ablief – und zwar, so der zusammenfassende Gesamteindruck, „echt gut“, „entspannt“, „freundlich und nett“.

Zwei der dort tätigen Damen, die wegen ihrer deutschen Nationalität offenbar eine bevorzugte Behandlung genossen, galten intern gar als „Prinzessinnen“. Doch dieses Bild einer märchenhaften Welt, in der käufliche Liebe eine ganz normale Dienstleistung wie alles andere auch ist, bekam auch Risse – wenn die Frauen von ihren Kolleginnen aus Osteuropa erzählten.

Sabina (22, alle Namen geändert) war die erste, die der 9. großen Strafkammer von ihrer Tätigkeit im „Fun Garden“ erzählte. Eine Freundin habe sie dazu überredet, spontan sei man nach Emmerich gefahren, habe beim Bordell an der Türe geklingelt, „und dann haben wir uns nach einer kurzen Einführung auch schon umziehen und sofort anfangen können“.

Ihr erster Kunde sei ein Niederländer gewesen. „Der war sympathisch. Der zweite nicht so, aber da kann man ja schlecht Nein sagen, zum Glück ging es aber schnell.“ Sabina arbeitete eine Nacht und einen Tag in Emmerich, dann war ihre Karriere auch schon wieder vorbei, weil die Polizei mit einem Durchsuchungsbeschluss das Bordell stürmte.

Dabei fielen den Ermittlern offenbar bergeweise Unterlagen in die Hände, die belegen, wie das Geschäft ablief und welche Summen dabei flossen. Pro Tag legte die Geschäftsführung mehrere Blätter an. Das wichtigste zweifelsohne eine Liste mit den Künstlernamen der aktiven Frauen („Sina“, „Cindy“, „Coco“, „Chanel“), rund 20 pro Tag. Dahinter dann jeweils Reihen mit Uhrzeiten und Zimmernummern sowie einem Schrägstrich oder einem Kreuz. Der Schrägstrich stand für eine halbe Stunde, die pauschal abgerechnet wurde, das Kreuz für eine Stunde. Der Vermerk „ESC“ bedeutete, dass die Dienstleistungen außer Haus erbracht wurden.

Ein weiterer Tageszettel hielt den Gesamtüberblick fest. So kam der „Fun Garden“ am Vorabend der Durchsuchung auf Einnahmen in Höhe von 29.615rund 3000 Euro (Lesefehler korrigiert), die sich aus dem Eintritt, den sexuellen Dienstleistungen sowie der Gastronomie zusammensetzten. Die Kosten hielten sich demgegenüber in einem erträglichen Rahmen.

Offenbar wurden die Prostituierten sehr ungleich behandelt: Sabina musste täglich 50 Euro „für Steuern“ sowie einen Kostenbeitrag für Kost und Logis bezahlen. Janina aus Russland wiederum sagte aus, bei ihr seien die Einnahmen im Verhältnis 40 zu 60 geteilt worden. Und Mandy aus Recklinghausen, eine der „Prinzessinnen“, musste pauschal 50 Euro für alles abgeben.

Übereinstimmend berichteten die Frauen, dass keinesfalls ein Klima der Angst geherrscht habe. Als einer der Anwälte fragte, wo sie das Bordell auf einer Wohlfühlskala einordnen würde, sagte Anna (20): „Ich fand das im Fun Garden echt gut. Das war schon entspannt.“

Doch dann erzählte eine der Zeugin von ihrer Kollegin aus Ungarn, die immer so traurig gewesen sei. Sie müsse ihre Verdienste immer nach Ungarn schicken, habe sie gesagt, und ihr sei von einer Landsmännin der Pass abgenommen worden, damit sie nicht zurückgehen könne – ein dicker Schönheitsfehler in der ansonsten fast perfekten Heile-Welt-Darstellung.

Der Prozess wird am Dienstag, 27. November, fortgesetzt.

5. Schrägstrich für eine halbe Stunde (23. November)

Die eingescannten Zettel, die der Beamer in überdimensionaler Größe an die Kopfwand des Saales A110 der Klever Schwanenburg wirft, sind gewissermaßen der bürokratische Nachhall ausschweifender Tage und Nächte im Bordell „Fun Garden“. Jedes Mal, wenn im Prozess gegen die beiden Betreiber Esed D. (53) und Olga G. (40) vor dem Landgericht ehemals dort tätige Prostituierte als Zeuginnen aussagen, lässt sich deren Arbeit mithilfe der Aufzeichnungen minutiös rekonstruieren.

Handschriftlich wird auf den Zetteln, von denen es pro Tag nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft vier Stück gab, protokolliert, was an Einnahmen zu verzeichnen war. Eine Liste dokumentiert die Tätigkeit der Frauen – sobald sie sich mit einem männlichen Gast handelseinig geworden waren, „ein Zimmer zu machen“, wie dies im Jargon heißt, gingen sie an die Theke des Etablissements und holten sich dort einen Zimmerschlüssel ab.

Die Thekenkraft notierte dann Zimmernummer und Uhrzeit und machte dahinter einen Schrägstrich – das Symbol für eine halbe Stunde sexueller Dienstleistungen, für die pauschal 50 Euro zu entrichten waren. Lediglich für einige Sonderleistungen musste zusätzlich Geld gezahlt werden, und für die Zimmer mit Whirlpool wurden 20 Euro „Wassergeld“ extra berechnet. Blieb der Gast länger als 30 Minuten auf dem Zimmer, wurde aus dem Schrägstrich ein Kreuz gemacht. Eine Stunde schlug in der Regel mit 80 Euro zu Buche.

Auf den Tageslisten stehen jeweils rund 20 Prostituierte mit ihrem jeweiligen „Künstlernamen“. Sie teilten sich ihre Arbeit in Früh- und Spätschicht auf. Eine der Zeuginnen sagte, sie habe zwischen zwei und fünf Kunden pro Tag gehabt. Jeder dieser Kunden musste außerdem 50 Euro Eintritt bezahlen, oder den ermäßigten Tarif von 35 Euro, wenn er zur so genannten „Happy Hour“ den Laden betrat.

Die Summen, die auf diese Weise protokolliert wurden, lassen staunen. Am Vorabend der Durchsuchung sind beispielsweise rund 2900 Euro Einnahmen verzeichnet (und nicht, wie gestern irrtümlich berichtet 29.000 Euro), für zahlreiche weitere Tage, deren Aufzeichnungen der Staatsanwaltschaft vorliegen, beläuft sich die Summe jeweils auf rund 2000 Euro – mal mehr, mal weniger.

Die Fragen des Gerichts am Dienstag zielten vor allem darauf ab, die Modalitäten von Preisfindung und Abrechnung zu klären. Dabei geht es darum, abzugrenzen, wie selbstständig die Prostituierten im „Fun Garden“ agierten.

Eine aus Russland stammende Prostituierte, die zu ihrem Status befragt wurde, sagte als Zeugin, dass sie sich erinnere, auf dem Amt im Emmerich gewesen zu sein: „Ja, selbstständig.“ Richter Christian Henckel: „Was heißt das, selbstständig?“ Antwort: „Keine Ahnung.“

6. Die Putzfrau macht reinen Tisch (27- November)

Es war die letzte Wendung in einem an Überraschungen reichen Tag, als um 16:29 Uhr Cosmina C. vor die 9. große Strafkammer des Landgerichts Kleve trat, um im Prozess gegen die beiden Betreiber des Bordells „Fun Garden“ ihre Zeugenaussage zu machen. „Ich möchte nichts Schlechtes über ihn (Esed D.) sagen, denn er hat mir geholfen, hier in Deutschland nicht als Prostituierte zu arbeiten“, so die 32 Jahre alte Rumänien.

Cosmina C. war vom 28. Dezember 2008 bis zum März 2010 in dem Emmericher Lokal tätig, zuerst für kurze Zeit als Prostituierte („das hat nicht gepasst“), den Rest der Zeit dann als Putzfrau, wofür sie mit 700 Euro monatlich in bar entlohnt wurde. Doch als Christian Henckel, der Vorsitzende Richter der Strafkammer, der Zeugin einige Aussagen aus einer früheren Vernehmung vorhielt, musste sie doch einige Dinge einräumen, die kein gutes Licht auf die beiden Angeklagten Esed D. und Olga G. warfen.

Laut dieser Aussage war sie zugegen, wie für sie ein Kaufpreis von 500 Euro entrichtet worden sei. Diesen habe sie dann als Prostituierte im „Fun Garden“ abarbeiten müssen. Der Vorgang sei auch in einem so genannten „Schuldenbuch“ festgehalten worden.

Nachdem die Frau, die unter großer Anspannung stand, zunächst ein eher freundliches Bild ihrer Tätigkeit im „Fun Garden“ gezeichnet hatte, räumte sie nach dem Vorhalt einige düstere Details ein. So habe es beispielsweise einen Strafenkatalog gegeben, und auch an Tagen, an denen die Prostituierten ohne Kunden blieben, seien ihnen in dem Schuldenbuch Kosten in Rechnung gestellt worden.

Als ein defekter Whirlpool den „Fun Garden“ einmal unter Wasser setzte, habe Esed D. ihr dafür 200 Euro vom Lohn abgezogen. Henckel: „Fanden sie das nicht ungerecht?“ Cosmina C.: „Was konnte ich machen?“ Auf die Frage, ob die Prostituierten von alleine ins Bordell kamen oder gebracht wurden, antwortete sie: „Mal so, mal so.“

Diese Aussage könnte ein Indiz dafür sein, dass ein Teil des Geschäft aus dem Handel mit Frauen bestand. Zu einer weiteren Klärung kam es allerdings nicht – die Angeklagte sah sich außer Stande, weiter auszusagen, so dass Henckel die Verhandlung unterbrach. Die Zeugin soll nun zu einem späteren Zeitpunkt erneut gehört werden.

Auch die anderen Zeugen des vierten Verhandlungstages hatten allesamt mehr oder minder lange im „Fun Garden“ gearbeitet, einige von ihnen sind sogar aktuell noch dort tätig. Ihre Aussagen ließen ebenfalls aufhorchen, da sie in einem überraschenden Gleichklang eine gewissermaßen arbeitnehmerfreundliche Preisstaffelung für die Abrechnung der Unterkunftskosten schilderten, die der Staatsanwaltschaft in ihren mehr als zwei Jahre währenden Ermittlungen bislang noch nicht untergekommen war – und die auch im Widerspruch zu den Dokumenten steht, die den Ermittlern bei der Durchsuchung Ende März in die Hände gefallen waren. Sind die darin festgehaltenen Zahlen korrekt, hatten die Damen recht pauschal pro Tag 50 Euro zu bezahlen, der in diesen Abrechnungen unter dem Punkt „Miete“ summiert wurde.

Viele der Fragen drehten sich darum, ob es Weisungen oder Zwänge gab. Dies wurde durchweg verneint: „Im Fun Garden gefällt es mir am besten. Ich kann gehen, wohin ich möchte“, so ein typischer Satz aus einer Aussage.

Zu diesem heiteren Klima passte nicht, dass das Gericht trotz vielfältiger Bemühungen bei dem Versuch kapitulieren musste, eine weitere Zeugin aus Bulgarien heranzuholen. Sie sei bedroht worden und habe Angst, teilte sie der Kammer in Mails und telefonisch mit.

Wenig Verwertbares ergab auch die Aussage einer weiteren Frau aus Osteuropa zu den Fragen, wie viel Zwang ausgeübt wurde. Sie schilderte eine Odyssee durch die Niederlande und Deutschland, bei der in rascher Folge die Städte und Namen sie begleitender Personen wechselten, das konkrete Geschehen jedoch im Vagen blieb. Die Befragung wurde abgebrochen.

Was genau machte die „Dicke Olga“? (29. November)

Während die Wortwechsel im Saal A110 der Klever Schwanenburg immer bedrohlicher um die Frage kreisten, wie selbstständig die Tätigkeit der Prostituierten im Emmericher Bordell „Fun Garden“ einzuschätzen ist, während die Antworten der Frauen dazu ein überraschend einmütiges Bild einer „heilen Bordell-Familie“ zeichneten, lieferte auch der fünfte Verhandlungstag im Prozess gegen die beiden Betreiber Esed D. (53) und Olga G. (40) düstere Einblicke in den Alltag des Geschäfts mit der käuflichen Liebe.

Eine Thekenkraft berichtete vor der 9. großen Strafkammer des Landgerichts Kleve von einer aus Rumänien stammenden Prostituierten, die krank geworden sei. „Sie hat sich vor Schmerzen gekrümmt.“ Daraufhin sei sie mit ihr zum Arzt gefahren, der jedoch die Behandlung verweigert habe – die Patientin konnte weder Ausweis noch Krankenversicherung vorweisen.

Im Krankenhaus wurde die junge Frau dann doch behandelt. Laut Aussage der Zeugin habe die Ärztin sie mit den folgenden Worten verabschiedet: „Ich nehme kein Geld, aber kommen Sie nie mehr wieder.“ Es wurde eine ansteckende Unterleibserkrankung diagnostiziert, der Frau wurde für knapp zwei Wochen die Berufsausübung untersagt.

Die Nachbehandlung bei einem niedergelassenen Arzt konnte nur erfolgen, weil in der Zwischenzeit irgendjemand aus Holland die Papiere der Frau in den „Fun Garden“ geschickt hatte. Die Rumänin sei erst wenige Wochen vor ihrer Erkrankung mit einer weiteren Frau von zwei Männern zum „Fun Garden“ gebracht worden. Die Zeugin: „Ich nehme an, das waren ihre Ehemänner.“ Gegenfrage des Vorsitzenden Richters Christian Henckel: „Wie kommen Sie darauf, dass es ihre Ehemänner waren?“ Antwort: „Ich weiß es nicht.“

Einen merkwürdigen Beigeschmack hinterließ auch Ihre Schilderung einer Frau aus Ungarn, die in dem Bordell offenbar „Big Mama“ oder „Dicke Olga“ genannt wurde. Sie habe mehrere Landsmänninnen beaufsichtigt. „Die Mädchen hatten Angst vor ihr. Sie haben ihr immer das Geld gegeben. Sie hat die ganze Zeit am Automaten gespielt.“ Welche Rolle spielte diese Frau nun wieder in der merkwürdigen „Fun-Garden“-Gemengelage?

Eine weitere Thekenkraft hatte bei der polizeilichen Vernehmung ausgesagt, dass sie nicht glaube, dass alle Frauen freiwillig dort arbeiteten. Gestern im Gericht bewertete sie die Sache indes anders: „Sobald die ein Gewerbe anmelden, ist das doch eine selbstständige Tätigkeit, oder?“ Dies im Detail zu klären, wird vermutlich der Dreh- und Angelpunkt dieser Verhandlung werden.

Zu Beginn des fünften Verhandlungstages hatte Andreas Kost, der Strafverteidiger von Olga G., überraschenderweise den Antrag gestellt, das Verfahren komplett auszusetzen. Die Akten der Staatsanwaltschaft seien nicht vollständig, es werde verdeckt weiter ermittelt, nun müsse man zunächst weitere Akten hinzuziehen und studieren. Sein Kollege Joachim Müller sekundierte: „Da ist von hinten reingegrätscht worden!“

Das aber wertete Staatsanwalt Hendrik Timmer als Tiefschlag. Er monierte dies als weiteren Versuch einer Prozessverschleppung und holte dann richtig aus: „Sie tun erstaunt über Dinge, die längst in den Akten stehen. Zum Job gehört es auch, Akten zu lesen. Da werden Leute hochbezahlt, und die lesen nicht einmal die Akten!“

Das saß. Die Verhandlung wurde sofort unterbrochen. Fortsetzung am heutigen Freitag, 9 Uhr.

7. „Ich war 18, ich habe ihm geglaubt“ (30. November)

„Ich war 18, als ich ihn einer Disco kennen lernte. Ich weiß nur, dass er Sascha hieß. Er versprach mir, dass ich 4000 Euro im Monat verdienen könne, wenn ich in Deutschland in einem Club für reiche Leute tanze und mit ihnen Alkohol trinke. Ich habe ihm geglaubt und deshalb die Ukraine verlassen. Ich wusste nicht, dass ich schwanger war und dass mein Leben diesen Weg nehmen würde.“

Dieser Weg, er führte Ala M. (24) mithilfe von Schleppern durch Osteuropa und schließlich unter der Rückbank eines Autos nach Deutschland – und dort in den Saunaclub „Fun Garden“, dessen Geschäftsgebaren Gegenstand eines spektakulären Prozesses vor der 9. großen Strafkammer des Landgerichts Kleve in der Schwanenburg ist.

Ala arbeitete 2007 etwa ein Jahr lang in dem Bordell in Emmerich. Danach war sie noch einmal in Deutschland, um die deutsche Sprache zu studieren. Und gestern kam sie von Kiew nach Kleve, um mit ihrer Zeit im „Fun Garden“ abzurechnen. Mehr als 3 Stunden sagte sie als Zeugin aus, manchmal mit tränenerstickter Stimme, aber ruhig und selbstbewusst.

In Deutschland angekommen, habe sie zunächst bei den beiden jetzt Angeklagten, Olga G. (40) und Esed D. (53), gewohnt. Sie erzählte, wie Olga mit ihr nach der überraschend festgestellten Schwangerschaft in den Niederlanden die Abtreibung vornehmen ließ, und wie sie ihr dann eröffnet habe, dass sie mit Tanzen allein ihre Schulden nicht würde abarbeiten können.

Die Schulden bestanden aus den Kosten für den medizinischen Eingriff, für die Verbringung nach Deutschland und für einen gefälschten estnischen Pass, da sie mit ihren ukrainischen Originalpapieren in Deutschland nicht hätte arbeiten dürfen.

Im „Fun Garden“ habe ein strenges Regiment geherrscht. Ihre Arbeitszeiten gingen täglich von 13 Uhr bis sechs oder acht Uhr am Morgen des nächsten Tages. Wenn man nicht habe arbeiten wollen, seien 50 bis 100 Euro Strafe fällig gewesen. Der gleiche Betrag sei auch fällig gewesen, wenn man sich geweigert habe, mit einem Kunden aufs Zimmer zu gehen – eine selbstbestimmte unternehmerische Tätigkeit sieht anders aus.

Ala gab auch an, von den beiden Angeklagten geschlagen worden zu sein. „Esed hat einmal gesehen, dass ich ein Handy hatte, da hat er mich in die Küche geschleppt und die Hand gegen mich erhoben. Mein Kopf schlug gegen einen Stahlkasten, und er nahm mir das Handy und den Pass weg, weil ich gedroht hatte, zur Polizei zu gehen.“

In den ersten drei oder vier Monaten ihrer Tätigkeit im „Fun Garden“ blieb Ala von ihren Einnahmen offenbar so gut wie nichts, da sie zuerst ihre Schulden in Höhe von mehreren tausend Euro zu tilgen hatte. Dann habe Olga ihr erklärt, von nun an können Sie „normal“ arbeiten.

Das sah dann so aus, dass neben dem Strafenkatalog eine ganze Reihe weiterer Abgaben erhoben wurden, angefangen von zehn Euro täglich für „Steuern“ bis hin zu einer angeblichen Krankenversicherung, für die sie 350 Euro im Monat gezahlt habe – dennoch habe sie ihre Zahnarztrechnung selbst begleichen müssen. Nach einem Jahr habe sie so viel Geld gespart, dass sie in ihre Heimat zurückfliegen konnte.

Als Ala M. den Gerichtssaal verließ, war die Farbe aus dem Gesicht der angeklagten Olga G. gewichen, und auch Esed D. wirkte angeschlagen. Doch sie mussten noch mehr verkraften. Zunächst erklärte ein Mitarbeiter der Bundespolizei, dass er in einer Fleißarbeit mehr als 700 Telefongespräche, die im Rahmen einer Telefonüberwachung aufgezeichnet wurden, ausgewertet hat. „44 Gespräche sind verfahrensrelevant“, so der Beamte. Er sortierte sie in drei Kategorien ein: Gäste/Einnahmen, Anwerbung, Kontrolle/Überwachung. Details wurden noch nicht erörtert.

Dann kam ein zweiter Zeuge der Anklage, Ali E. (40), ein Mitbetreiber des „Fun Gardens“ (gegen ihn läuft ein gesondertes Verfahren). Er äußerte sich detailliert zu den Geschäftspraktiken des Lokals – dazu am Montag mehr.

8. „1500,- ungarische Mädchen“ (2. Dezember)

Zufällig an einer Tankstelle habe er Esed D. kennen gelernt, berichtete Ali E. (40). Als Maurer habe er gefragt, ob er ihm eine Terrasse bauen könne. Aus dieser Begegnung wurde eine Geschäftsbeziehung, die den Handwerker zunächst als Fachkraft für den Bereich Sicherheit in das Bordell „Villa Auberge“ führte und die dann zumindest finanziell eine geradezu märchenhafte Wendung nahm, als Esed D. ihm anbot, als Mitbetreiber in sein neues Etablissement „Fun Garden“ einzusteigen.

Esed D. und Ali E. vertrauten sich blind. Doch am Freitag der vergangenen Woche traten sie sich die Geschäftsmänner vor dem Landgericht Kleve mit neu verteilten Rollen entgegen: Esed D. (53) und seine Lebensgefährtin Olga G. (40) sind im „Fun-Garden“-Prozess die beiden Angeklagten, denen langjährige Haftstrafen drohen – Ali E. ist der wichtigste Zeuge der Anklage.

Mit Hilfe des Zeugen vertiefte sich die neunte große Strafkammer unter Vorsitz von Richter Christian Henckel in die Buchführungsunterlagen, die den Fahndern bei der Durchsuchungsaktion am 29. März 2012 in die Hände fielen – und die mit Sicherheit nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren.

Aus den Aufzeichnungen, die per Beamer an die Wand des Saals A110 in der Klever Schwanenburg geworfen werden, ließ sich beispielsweise rekonstruieren, dass Ali E. sich anfänglich mit 30.000 Euro am „Fun Garden“ beteiligte. An einem exemplarisch analysierten Monat machte das Lokal rund 77.000 Euro Umsatz. Davon zweigten sich Esed und Ali jeweils 10.000 Euro ab. „Wir haben halbe-halbe gemacht“, so Ali. „Jeder sollte 10.000 Euro im Monat bekommen. Mal waren es mehr, mal weniger.“

Ein guter Lohn für eine Arbeit, die Ali selbst so beschrieb: „Ich habe jeden Tag im Büro gesessen und auf die Bildschirme der Überwachungskameras geschaut. Und jeden Abend habe ich die Kasse gemacht.“

Neben den Zahlen, die die finanziellen Dimensionen des Geschäfts umreißen, finden sich in den Aufzeichnungen auch verräterische Randnotizen, die zumindest als starke Indizien dafür gewertet werden können, dass neben den angeklagten Steuer- und Abgabevergehen auch ein schwunghafter Menschenhandel zum Geschäft des „Fun Gardens“ gehörte. So ist in der Spalte „Ausgaben Esed“ einmal ein Eintrag „Ticket Kiew 500 €“ notiert. Kommentar Ali: „Das war bestimmt fürs Personal, also für die Mädchen.“

Auf einem weiteren losen Zettel, der den Fahndern in die Hände fiel, steht die Zeile „1500,- ungarische Mädchen“. Zur Bedeutung dieser Notiz befragt, erklärte Ali: „Das Geld haben wir dann dem gegeben, der die gebracht hat.“ Am Anfang seien alle Mädchen auf diese Weise in den „Fun Garden“ gelangt, später seien auch welche aus eigener Initiative gekommen.

Wie viele Mädchen denn insgesamt so in dem Club tätig gewesen seien? Ali: „Grob gerechnet, so 700 Mädchen waren da.“

9. Die Mädchen und ihre „Manager“(4. Dezember)

Nina S. ist mittlerweile in der Altenpflege tätig, mit dem Rotlichtmilieu hat sie nichts mehr zu tun. Doch gestern, als Zeugin vor dem Landgericht Kleve, wurde die 40 Jahre alte Frau von ihrer Vergangenheit eingeholt: 2008 arbeitete sie aushilfsweise als Thekenkraft im Emmericher „Fun Garden“. Dabei bekam sie die menschenverachtende Seite des Geschäfts mit der Prostitution genau mit – inklusive der Erfahrung, dass einer der Betreiber des Saunaclubs mit Gewalt versuchte, sie dazu zu bringen, ebenfalls diesen Beruf nachzugehen.

„Drei Mann haben mich aufs Zimmer geschleppt, ich sollte als Prostituierte klargemacht werden“, sagte Nina S. gestern als Zeugin im Prozess gegen den „Fun-Garden“-Betreiber Esed D. (53) und seine Lebensgefährtin Olga G. (40) vor der 9. großen Strafkammer. Weil sie sich so heftig wehrte, blieb es beim Versuch. Sie ging davon aus, dass der Angeklagte mit der Aktion seines Kompagnons einverstanden war („versuch`s mal“) und wurde nach dem Übergriff offenbar sogar von Olga zum Krankenhaus gefahren.

Danach beendete Nina S. ihre Tätigkeit in dem Lokal, doch von einer Anzeige sah sie ab. Ihre grundsätzliche Einschätzung des Vorfalls zeigte, wie verroht das Gewerbe ist: „Das ist doch Kinderkram.“

Als Thekenkraft bekam sie einiges mit. Vor Gericht packte sie gestern aus. Sie schilderte, wie der angeklagte Esed D. einen ständigen Bedarf an „Frischfleisch“ gehabt habe und wie zahlreiche Frauen dort von Männern, die sie zunächst als ihre „Manager“ bezeichnete, abgeliefert wurden. Auf Nachfragen räumte sie ein, dass es sich dabei natürlich um ihre Zuhälter gehandelt habe – und ihrer Einschätzung nach hatten rund 90 Prozent der Frauen, die im „Fun Garden“ tätig waren, einen solchen Zuhälter.

Dass für die Vermittlung dieser Frauen Geld geflossen ist, habe sie mit eigenen Augen nicht miterlebt. Aber als für die Buchführung mit zuständige Thekenkraft konnte sie im so genannten „Schuldenbuch“ nachlesen, dass die neuen Prostituierten erst einmal ihre Schulden abarbeiten mussten – 1500 bis 2000 Euro pro Mädchen, so die Zeugin. Einige Sprengkraft lag auch in ihrer Bemerkung, dass die von ihr ausgefüllten Tageszettel mit den Einnahmen später neu geschrieben wurden, und zwar mit deutlich reduzierten Beträgen.

Auch das rigide Bestrafungsmanagement war Nina S. bekannt. Strafen habe es beispielsweise gegeben, wenn eine Prostituierte zum Dienst eingeteilt und nicht erschienen sei. „Da hat sich der Esed aufgeregt“, berichtete Nina S.

Er sei nicht nur verbal aufbrausend gewesen, sondern habe Strafgelder in Höhe von 10 bis 50 Euro verteilt und sei auch handgreiflich geworden. Dienstpläne, Strafgelder: Solche Details in den Aussagen stützen die Ansicht der Staatsanwaltschaft, dass die Frauen im „Fun Garden“ alles Mögliche waren – aber bestimmt nicht selbstständig tätig.

Zu diesem Thema nahm zu Beginn des siebten Verhandlungstages auch ein Beamter aus dem Finanzamt Kleve Stellung. Aus Sicht der Behörden geht es darum, ob der Betrieb tatsächlich als „gewerbliche Zimmervermietung“ anzusehen ist. Die Aussage des Beamten war vor allem deshalb interessant, weil sie zeigte, dass die Finanzbehörden dem Phänomen relativ hilflos gegenüberstehen – und dass die Mitarbeiter privat durchaus eigene Ansichten zu dem haben, was da abläuft. „Das ist meine dienstliche Meinung“, erläuterte der Beamte in solchen Momenten seine Ausführungen.

Die Zeugenaussage eines Steuerfahnders brachte weitere Einsichten in das bürokratische Rotlicht-Dickicht. Der Mann berichtete von der Vernehmung des für D. zuständigen Mitarbeiters einer Steuerkanzlei. Demnach war man über das Treiben im „Fun Garden“ offenbar nur rudimentär informiert. Esed D. sei darauf hingewiesen worden, dass sämtliche Einnahmen zu versteuern seien, wenn der Betrieb nach außen geschlossen auftrete.

Der Prozess wird am kommenden Dienstag fortgesetzt. Schon jetzt ist klar, dass das Ziel, das Verfahren vor Weihnachten abzuschließen, sich nicht wird erreichen lassen. In den Gesprächen für weitere Sitzungstermine wurden schon neue Daten bis zum März 2013 erwogen.

10. „Ab jetzt bist du eine Hure!“ (11. Dezember)

Zwei Jahre, so sagte es Laura S. (27) als Zeugin vor der 9. großen Strafkammer des Landgerichts Kleve, habe sie auf diesen Tag gewartet – um für Gerechtigkeit zu sorgen. Vergeblich habe sie versucht, das Geschehen aus dem Jahre 2010 zu vergessen. Sie sei nervlich angeschlagen, befinde sich in psychologischer Behandlung und habe seitdem keine normalen Beziehungen zu Männern mehr gehabt.

Das, was ihr Leben für immer prägen wird, waren fünf Tage Arbeit im Emmericher Bordell „Fun Garden“, im März 2010. Einer der Betreiber, Esed D. (53), und seine ebenfalls dort in leitender Funktion tätige Lebensgefährtin Olga G.(40), sitzen seit dem 13. November schweigend auf der Anklagebank des Gerichts. Verantworten müssen sie sich unter anderem wegen bandenmäßiger Steuerhinterziehung und dem Vorenthalten und der Veruntreuung von Arbeitsentgelten.

Doch der erste Punkt, den Staatsanwalt Hendrik Timmer vor knapp einem Monat beim Auftakt zum größten Prozess des Jahres in der Anklage gegen das Duo ins Feld führte, lautete Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung. Darauf steht eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren.

Die Schilderungen der 27 Jahre alten Frau gaben diesen Vorwürfen reichlich Nahrung. Ein guter Bekannter habe sie mit nach Deutschland genommen, das Datum wusste sie nicht mehr, wohl aber, dass es der Weltfrauentag gewesen sei, wie sie mit einem gewissen Sinn für Sarkasmus anmerkte.

Sie sei dabei gewesen, wie ihr Bekannter in der Küche des Etablissements mit Esed D. verhandelt und schließlich von ihm zwei 500-Euro-Scheine in Empfang nahm. Am Nachmittag des Tages, nach einer kurzen Ruhepause, sei der Freund verschwunden gewesen. Als sie ihn über Handy erreichte, habe er gesagt: „Ab jetzt bist du eine Hure!“

Es war ein alptraumhafter Bericht, den Laura S. vor Gericht abgab. Man habe ihr Medikamente verabreicht, sie habe mit 15 bis 20 Männern pro Tag Sex ausüben müssen, sie habe den „Fun Garden“ nicht verlassen dürfen, sie sei geschlagen worden, Ausweisdokumente und Handy seien ihr weggenommen worden. Das Geld, das sie verdient habe, sei komplett einbehalten worden. Der Kammer sagte sie: „Ich habe das alles mitgemacht, weil ich furchtbare Angst hatte. Ich war psychisch vollkommen am Ende.“

Die Rettung kam, weil sie mit einem Trick eine SMS an ihre Familie schicken konnte. Die Familie schaltete die ungarische Polizei ein, die das Bundeskriminalamt, das die Polizei in Kleve – und die wiederum die Wache in Emmerich. Die beiden Beamten, die daraufhin zum „Fun Garden“ fuhren, sagten gestern ebenfalls als Zeugen aus.

Beide erzählten, das Esed D. sich sehr kooperativ verhalten habe und die als vermisst gemeldete Laura sofort habe holen lassen. „Sie war sehr glücklich, als sie die Uniformen sah und brach sofort in Tränen aus“, so einer der Beamten. Vom Personal seien Handy, Ausweis und Kleidung der Frau übergeben worden, damit sei man dann sofort weggefahren.

Die Verteidigung der Angeklagten unternahm einmal mehr den Versuch, die Glaubwürdigkeit einer belastenden Zeugin zu erschüttern – zumal auch die Aussagen von Laura S. nicht gänzlich widerspruchsfrei zu früheren polizeilichen Vernehmungen waren. Konnte sie damals den „Fun Garden“ wirklich nicht verlassen? Hatte sie tatsächlich keinen Zugriff auf Ihr Handy? Wusste sie wirklich nicht, was sie in Emmerich erwartet?

Laura S. blieb bei ihren Aussagen und verwies mehrfach überzeugend auf die Ausnahmesituation, in der sie sich befunden habe. Am Ende des achten Verhandlungstages verlas die Kammer dann die Vernehmung des Mannes, der Laura S. nach Deutschland gebracht hatte. Er erklärte der ungarischen Polizei, Laura S. selbst sei es gewesen, die nach Deutschland gewollt habe. Laura S. erklärte dazu: „Natürlich lügt er.“

Der Prozess wird am Dienstag, 18. Dezember, fortgesetzt.

11. Angeklagte bricht ihr Schweigen (18. Dezember)

Acht Verhandlungstage hatten vor dem Landgericht Kleve die Zeugen das Wort. Genauer gesagt, vor allem Zeuginnen. Junge Frauen aus Deutschland, aus Estland, aus der Ukraine, aus Bulgarien, Rumänien und Ungarn. Was sie sagten, ergab ein schillerndes Bild der Geschehnisse in dem Emmericher Bordell „Fun Garden“. Ein Bild, das nicht immer widerspruchsfrei und manchmal sogar glatt erlogen war, aber insgesamt doch in vielen Punkten geeignet, die Anklage zu stützen.

Das hat offenbar tiefen Eindruck hinterlassen, und so brach gestern, nach neun Monaten Untersuchungshaft und sechs Tage vor Heiligabend, die Angeklagte Olga G. (40) ihr Schweigen. Ihre eigene Rolle schilderte sie in größtmöglicher Bescheidenheit: „Ich habe von Anfang an als Thekenbedienung gearbeitet. Meine Aufgaben: Eintritt kassieren, Getränke – Bedienen halt.“

Olga G., die aus Sibirien stammt, in Omsk BWL studierte und als Spätaussiedlerin nach Deutschland kam, sprach in einem sehr guten Deutsch, sie drückte sich sehr gewählt aus und konnte zugleich schlagfertig ins Derbe abrutschen, etwa, als der Vorsitzende Richter Christian Henckel ihr vorhielt, Olgas mitangeklagter Lebensgefährte Esed D. (53) sei gar nicht in der Lage gewesen, die geschäftlichen Abläufe zu überreißen. Antwort Olga: „Das würde ich nicht sagen, so doof ist er auch nicht.“ Allgemeine Heiterkeit bei allen Beteiligten – Esed inklusive.

Olgas Aussagen zu den im „Fun Garden“ praktizierten Techniken im Bereich der Buchhaltung dürften indes nur Staatsanwalt Hendrik Timmer heiter gestimmt haben. Zu den Abschlagszahlungen auf die Steuern für die in dem Etablissement tätigen Prostituierten, deren Höhe auf einem Zettel für das Finanzamt protokolliert werden musste („Düsseldorfer Verfahren“), sagte sie etwa: „Mir wurde die Summe genannt, und ich musste das dann zusammenbasteln.“ Kommentar Richter Henckel: „Ein bisschen sieht das auch aus wie ein Lottoschein.“

Auch das Kassenbuch, in das ein normaler Kaufmann die Zu- und Abgänge des Barbestandes einträgt, war Olgas Geständnis zufolge offenbar weitestgehend ein Produkt der Imaginationskraft – und um diesen Tatbestand zu verschleiern, tauchten ab und an verräterische Eintragungen des Typs „3000 € Einlage“ auf. Das musste gemacht werden, da eine Kasse bekanntlich höchstens leer, nie aber negativ gefüllt sein kann. Verschleiert werden musste damit ein realer Schwund in der Kasse des „Fun Gardens“, denn Esed D. und sein Kompagnon Ali E. genehmigten sich monatliche Entnahmen in Höhe von jeweils 10.000 Euro.

So freimütig Olga G. über die finanziellen Hintergründe des Betriebs berichtete, so diffus wurden ihre Angaben, als es um die menschliche Seite ging – die Aspekte, die die Anklage als „Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung“ auslegt.

Durchschnittlich 1000 Kunden habe es im Monat gegeben, an betriebsamen Wochenenden seien bis zu 25 Frauen tätig gewesen. Diese seien „manchmal allein, oft in Begleitung“ zum Bordell gelangt. Deren „Fahrer“ hätten dann ein „Spritgeld“ erhalten. Manchmal seien sogar nach bloßer telefonischer Kontaktaufnahme „Vorschüsse“ für Reisekosten an Frauen nach Osteuropa überwiesen worden. Als sie nach der Bedeutung des Eintrags „1000 € Ungarn“ im so genannten Schuldenbuch befragt wurde, erklärte sie: „Da haben wir billig Red Bull aus Ungarn gekriegt.“

Eine Zeugin aus Rumänien, die bereits einmal ausgesagt hatte, äußerte sich gestern noch zur Ungarin Laura, die in der vergangenen Woche von ihrem Martyrium berichtet hatte. Erneut fielen Widersprüche auf, doch der Punkt der zwangsweisen Arbeit im „Fun Garden“ wurde durch einen dramatischen Auftritt untermauert. Tränenüberströmt erzählte die Frau, wie sie Laura nach einem Spaziergang zurück ins Bordell geschubst habe, als diese habe flüchten wollen – offenbar aus Angst, dass sie für die Schulden der Ungarin würde aufkommen müssen.

Wie unterschiedlich die Aussagen aller bisherigen Zeugen gewertet werden, zeigte schließlich am Ende des 9. Verhandlungstages der Antrag von Olgas Verteidiger Andreas Kost. Er forderte, die Haft auszusetzen, da es keinen dringenden Tatverdacht mehr gebe. Staatsanwalt Timmer widersprach vehement. Drei Tage vor Heiligabend, am zehnten und letzten Verhandlungstag in diesem Jahr, wird die Kammer darüber entscheiden, ob Olga G. das Weihnachtsfest gemeinsam mit ihrem 19 Jahre alten Sohn feiern kann.

12. Olgas Abrechnung (21. Dezember)

Es hatte, wieder einmal, Streit gegeben zwischen Olga G. und Esed D., und am Ende dieser Auseinandersetzung hatte der Mann seine Lebensgefährtin aufgefordert, ihre Sachen zu packen und zu verschwinden. Olga G. war tief getroffen und schrieb einen Brief, den sie auf dem Küchentisch hinterließ – in deutscher Sprache. Wenn sie wütend sei, so sagte sie, schreibe sie immer in Deutsch.

Bisher ging es in dem Prozess gegen Olga G. (40) und Esed D. (53) vor der 9. großen Strafkammer des Landgerichts Kleve vor allem um fragwürdige finanzielle Abrechnungen des Bordellbetriebs „Fun Garden“. Gestern nun, am zehnten und letzten Verhandlungstag dieses Jahres in dem Mammutprozess, wurde dieser Brief in den Prozess eingeführt – es ist die bittere private Abrechnung einer Frau mit einem Mann, den sie einmal geliebt hatte.

Dass dieses private Schreiben verlesen wurde, ist dem Umstand zu verdanken, dass er einiges über das Binnenverhältnis zwischen Olga und Esed aussagt, und das könnte sich durchaus strafmildernd für die aus Russland stammende Frau auswirken.

Nach einigen Schilderungen, wie sehr sie sich ausgenutzt fühle, zieht Olga G. in dem Brief das Fazit: „Ich meine, wir führen eine ziemlich komische Beziehung.“ Sein Verhältnis zu den Menschen in seiner Nähe laufe nach dem Muster „kommen, benutzen und gehen“ ab. In relativ drastischen Worten schildert sie den ausschweifenden Lebenswandel ihres Partners, „aber, ist gut, ich habe dich geliebt“.

Vor neun Jahren habe er mit zwei Koffern vor ihrer Tür gestanden – nun besitze er eine Villa und den „Fun Garden“, während sie lediglich eine 55 Quadratmeter große Wohnung in Gelsenkirchen habe.

Zum Schluss schreibt sie: „Du bist ein Egoist und bleibst auch einer. Dann besser du bist allein, weil keine Frau mit normalem Verstand macht so etwas mit.“ Während der Verlesung des Briefs brach Olga G. in Tränen aus, die Verhandlung wurde für einige Minuten unterbrochen.

Das Dokument zeigte auf jeden Fall, dass sich hier keinesfalls zwei gleichberechtigte Partner zusammengefunden hatten. Und ihre untergeordnete Rolle betonte die studierte Betriebswirten auch, als die Strafkammer zu Beginn des Verhandlungstages mit ihr hunderte von Überweisungen durchging, die sie, ihr Partner oder im „Fun Garden“ tätige Frauen via Western Union nach Osteuropa gemacht hatten.

„Das hat D. mir so gesagt“, dieser Satz fiel gleich mehrfach. Hinterfragt habe sie das nicht. Da das Geld praktisch ohne Ausnahme nicht an Menschen ging, die im Club arbeiteten, könne es sich wohl kaum um Reisekostenvorschüsse gehandelt haben, insistierte der Vorsitzende Richter Christian Henckel. Einer der Zahlungsempfänger war zuvor von einer Zeugin als Zuhälter bezeichnet worden.

Trotz der Aussagebereitschaft von Olga G. fällte das Gericht dem Beschluss, dass die Angeklagte auch weiterhin in Untersuchungshaft bleibt. Der dringende Verdacht auf Steuerhinterziehung bestehe weiterhin, das bisherige Ergebnis der Beweisaufnahme spreche dafür, dass es sich bei den im „Fun Garden“ tätigen Frauen nicht um selbstständige Unternehmer gehandelt habe – und was den Menschenhandel angehe, stünden erhebliche Teile der Beweisaufnahme noch aus.

Die Verhandlung wird am 11. Januar fortgesetzt.

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21 Kommentare

  1. 21

    Boah, macht echt durstig dat viele lesen. Gib ma noch einen von den Softdings… ääääääh Softdrings mein ich…. Wat krisse? Is inclusive? Astrein! Astreiner Laden!

     
  2. 20

    @LuckyLuke Nicht alle. Aber offenbar doch so viele, dass eine gewisse Hochrechnung möglich scheint (man kann sie dann ja auch den tatsächlichen Abrechnungen gegenüberstellen). Warten wir ab, was der Fachmann vom Finanzamt zu dem Thema vorzutragen hat…

     
  3. 19

    ich kann mir nicht vorstellen dass das betreiberpaar so dumm gewesen ist und seit der Eröffnung des Ladens immer brav die Tageszettelchen mit dem Tageseinkommen ordentlich abgeheftet haben

    vielmehr denke ich das bei der Razzia der im Artikel erwähnte Tageszettel gefunden wurde und dann einfach für die zurückliegenden Jahre hochgerechnet wurden und so dann die exorbitanten summen zustande gekommen sind

     
  4. 18

    @LuckyLuke
    Finanzamt und Sozialkassen haben die ehemaligen Verantwortlichen des FC Kleve finanziell zur Verantwortung gezogen, bis hin zu Pfändungen im Privatvermögen.
    Die übrigen Gläubiger, wie die Stadt Kleve scheinen sich was das in Haftung nehmen des ehemaligen Vorstandes des FC Kleve angeht, aber wohl nicht ganz so resolut aufgestellt zu haben.

    Wenn der Vorstand mit illegalen Handlungen einen Konkurs des Vereins zu verantworten hat, haftet er auch mit seinem Privatvermögen für den gesamten Schaden.

    Es ist also nicht nachvollziehbar, wieso einige Gläubiger wie die Stadt Kleve, scheinbar ins Leere greifen und jetzt Scheingefechte ausführen.
    Alle Gläubiger können den alten Vorstand ob der illegalen Handlungen für den Schaden haftbar machen.
    Diesen Teil des Schadens überläßt man aber dem Klever Bürger.

    Vielleicht war und ist da der ein oder andere Politiker oder Verwaltungsmensch zu gut mit dem Vorstand befreundet.
    Man erinnere sich an die großen Jubelfotos.

     
  5. 17

    @ LuckyLuke
    Oder auch eben nicht bestätigen. Die Anschuldigungen sind in der Branche doch meistens nicht haltbar. Man findet nur ganz selten jemanden, der diese Geschichten bestätigt. Haben doch alle viel zu viel Angst weil sie jahrelang eingeschüchtert wurden.

    Selbst wenn die „Täter“ verknackt werden, gibt es Nachfolger, die dafür sorgen dass man als Belastungszeuge nichts mehr zu lachen hat ….

     
  6. 16

    eine weitere interessante Story könnte auch sein,was nun mit den Leuten vom 1.FC Kleve passiert…die haben ebenfalls zu wenig an Steuern und Sozialversicherung abgeführt,oder hat man das oben an der Burg schon vergessen? Klever Klüngel?!? ICh hoffe auch hier wird Justizia noch Gerechtigkeit walten lassen

    @Daute…natürlich ist es eine sehr interessante Verhandlung und die nächsten Verhandlungstage werden hoffentlich einiges ans Licht bringen. Bei derartigen Anschuldigungen müssten ja reihenweise Frauen dort auftauchen und diese bestätigen.

     
  7. 15

    @ralf.daute
    ja, da stimme ich Ihnen uneingeschränkt zu. Aber, wer das Spiel (kritisch) kommentiert, muss die Spielregeln (gut) kennen!

    Ist die Verteidigung nicht destruktiv, ist sie konstruktiv. Wie aber geht konstruktive Verteidigung in einem Strafverfahren, wenn es doch nicht um die Wahrheit, sondern um das Recht geht?

     
  8. 14

    @bratz Verteidigertätigkeit grundsätzlich destruktiv? Sehe ich nicht so. Im übrigen denke ich, ist es auch die Aufgabe des Reporters, nicht nur atemlos dem Geschehen hinterherzuhecheln, sondern die Dinge auch einzuordnen. Und IMHO war das Geschehen am Anfang halt ein wenig Theaterdonner.

     
  9. 13

    @ralf.daute
    aber das ist doch das, worauf ich hinaus will. Was gibt es denn für den Gerichtsreporter, der ja der objektivste Reporter sein sollte, an einer ordentlichen Verteidigertätigkeit überhaupt zu kritisieren.

    Im Ãœbrigen ist Verteidigung immer destruktiv, denn sie soll ja den Angriff zerstören und nicht nur begleiten!

     
  10. 12

    @LuckyLuke Es sind noch acht weitere Verhandlungstage angesetzt, in denen genau das geklärt. Das Problem der Prostitution im Allgemeinen wird auch dieser Prozess nicht lösen können, zumal es in der gegenwärtigen weit verbreiteten Form (Frauen aus Osteuropa hier) eine Folge wirtschaftlicher Ungleichgewichte und Zwangslagen ist. Und wo genau fängt der Zwang an, dort zu arbeiten? Wenn man Ausweis und Handy abgenommen bekommt? Wenn man erst einmal damit beschäftigt ist, eine imaginäre Schuld abzuarbeiten? Wie gesagt, es handelt sich um eine interessante Verhandlung, eben weil ich davon ausgehe, dass einiges zu den Hintergründen zutage gefördert wird.

     
  11. 11

    Liebessklavinnen….Fakt ist bei solchen Summen,war der Fungarden immer gut besucht. Und Besucher solcher Läden spiegeln auch unsere Bevölkerung wieder….da gehen Arbeitslose,Ärzte,Polizisten,Anwälte,Bäcker,Fleischer usw usw ein und aus…..aber am Ende will natürlich niemand dort gewesen sein 🙂

    Und man sollte bei solchen Geschichten vorsichtig dokumentieren und berichten.

    Sollte es wirklich Frauen gegeben haben die dort gegen ihren Willen arbeiten mussten und festgehalten wurden,ist es schlichtweg menschenverachtend und sollte hart bestraft werden!!!!!

    Aber bei 1000 Frauen….wenn die Zustände so schlimm dort waren,wieso haben die Frauen dann nicht z.b. bei ihren Gästen/Stammkunden versucht Hilfe zu bekommen?

    Da hätte es doch ausgereicht einen Gast drum zu bitten die Polizei zu rufen.?!

    Interessant wäre ja auch daher in Erfahrung zu bringen,ob es Frauen gab die Fluchtversuche unternommen haben,weil es dort so „schrecklich unmenschlich“ zuging.

    (…)

    Interessant wird auch sein,wie man auf diese Millionenbeträge denn kommt. Das Finanzamt hat ja sicherlich niemand damit beauftragt dort Jahre lang die Gäste zu zählen die ein und ausgingen. Und bekannt ist ja auch das der Betreiber eine ordentliche Summe an Vergnügungssteuer abgeführt hat.

    Oder wurde hier mal ein Zettelchen von einem erfolgreichen Wochenende gefunden und das nun auf die Jahre einfach hochgerechnet?

    Zuhälterei,Schleuserbanden usw…keine Frage…gehört bestraft.

    Was mir nicht so gefällt ist aber, dass dieses Millieu offensichtlich gerne angeprangert wird und dann Geschichten wie im wilden Westen zu lesen sind.

    Da muss Vater Staat einfach mal ordentliche und einfache Gesetze schaffen. Zum einen zum Schutz der Prostituierten und auch klare und einfache Richtlinien für Betreiber solcher Etablissments
    Raus aus dem Dunstkreis der Halblegalität,der Duldung und dann nachträglich doch saftigen Bestrafung.

    Es ist und bleibt das wohl älteste Gewerbe der Welt,aber warum dann nicht frei und liberal mit fairer Gesetzgebung für alle Seiten.

    Aber in CDU-regierten Landkreisen…

    naja..warten wirs mal ab wie es weitergeht und welches „Urteil“ die beiden sich dann abholen dürfen

     
  12. 10

    @Emmericher
    (…)
    Die Rolle der Emmericher Behörden sollte juristisch auch mal untersucht werden.
    Wo waren die Kontrollen der Gewerbeaufsicht?
    Wo war das Gesundheitsamt?
    Wieso schreitet das Finanzamt erst so spät ein?
    Warum hat keiner kontrolliert, ob die Damen überhaupt verstehen, was sie da unterschrieben haben.
    Wieso leben dort über Jahre ca. 1.000 angeblich selbstständige Damen, ohne, dass die Finanzbehörden und der Zoll einschreiten?
    Wieso dauerte es mehr als 5 Jahre, bis der Laden auffliegt?
    Wieso können ca. 1.000 Damen unter den Augen der Behörden durch das System geschleust werden?
    Es gibt hier nicht nur vermeintlich 2 gut orgsanisierte Kriminelle, sondern eine ganze Reihe von Verantwortlichen, die einfach ihre Augen verschlossen haben und die ganz einfach sagen: „Wir haben es nicht gewusst.“
    Welche Verantwortung hat der Leiter der Stadtverwaltung Emmerich, welche Verantwortung der/die zuständigen Abteilungsleiter, wenn Abteilungen diese Strukturen systematisch jahrelang übersehen und die Papiere nicht hinterfragen, sondern einfach abstempeln?
    Welche Konsequenzen werden in der Verwaltung gezogen?

    Und wie geht es in Zukunft weiter?
    Wer kontrolliert die Verträge der Damen, die dort jetzt arbeiten, auf Gültigkeit, darauf, ob die Damen wissen, was sie da unterschrieben haben? (…)

     
  13. 9

    @bratz Naja, das Verfahren war dann wohl etwas aus der Mode gekommen und scheint nun wohl wieder hervorgekramt zu werden. Wie dem auch sei: kleveblog ist auf der Seite des Rechtsstaats! Immer! Aber so, wie der Sportreporter sich beschweren kann, wenn eine Mannschaft mit destruktiver Spielweise Erfolge zu erringen versucht, so kann auch der Gerichtsreporter das eine oder andere durchaus kritisch würdigen. Dass die Anwälte ihre Arbeit (vermutlich) gut machen, steht auf einem anderen Blatt. Morgen geht’s weiter.

     
  14. 7

    @ralf.daute
    dass ein auf einer fehlerhaften Anklageschrift gründender Eröffnungsbeschluss einen Verfahrensfehler begründet, der zur Einstellung des Verfahrens durch Urteil führt, ist doch seit jeher in den §§200. 206a, 260 Abs. 3 StPO geregelt.

    Es handelt sich bei den Anträgen der Anwälte auf Nichtverlesung der Anklage daher um keine, schon gar nicht die neuste, „Trickserei“

    Ich meine mich zu erinnern, dass bereits die Anwälte der RAF- Terroristen in den Stammheim-Prozessen der 70er bereits so agierten.

    Ist ja so, als behaupte man, die Autoindustrie trickse im Rahmen der motorisierten Fortbewegungstechnologie mit der Erfindung des Rades.

    Die Verteidiger machen die ihre, das Gericht die seine Arbeit.

    Der Fachbegriff hierfür lautet für den Laien: Rechsstaat

    Die „Trickserei“ der Verteidiger ist durch die Verfassung garantiertes Recht des Bürgers gegenüber dem Staat nach den Vorgaben der Strafprozessordnung.

    Es geht im Prozess eben auch auf Seiten der Angeklagten mit rechten Dingen zu.

    Es gibt und gab – siehe die 60er Jahre – im Ãœbrigen viele Journalisten, denen die „Tricksereien“ von Verteidigern in Strafprozessen wegen Beleidigung und übler Nachrede den A**** gerettet hat. Stichwort: „Auslegung“ von Presse- und Meinungsfreiheit

     
  15. 5

    Am zweiten Tag heißt der Staatsanwalt Sven statt Hendrik…
    Das hat mein ehemailger Klassenkamerad nun nicht verdient!

     
  16. 4

    Zwei Dinge machen hier noch mehr betroffen/ nachdenklich als man ohnehin schon sein müßte:
    1) Ist wirklich niemandem aufgefallen, dass es, den Anmeldungen zufolge, in Emmerich mehr Masseusen, Tänzerinnen, Hostessen etc. als Müllmänner, Lehrer etc. gegeben hat? Wie „blind“ ist denn da eine Verwaltung?
    2) Die Steuereinnahmen aus dem Betrieb, im allgemeinen als „Sexsteuer“ bekannt, ist von der Stadt Emmerich wohl immer sehr genau und korrekt erhoben worden und geflossen – woher und wie dieses Geld kam, interessierte wirklich niemanden? „Pecunia non olet“…

     
  17. 3

    jaja die steuer… wenn man sie sosnt nicht kriegen kann dann halt so… ist al capone auch passiert 😛

     
  18. 2

    Es ist einfach unglaublich und erschreckend, dass sich solche menschenverachtende Verhältnisse ohne gewerbliche Kontrolle der Stadt abspielen konnten bzw. können.

    Ganz abgesehen davon, spielte oder spielt man bewusst mit der Gesundheit anderer Menschen, und das im „AIDS-Zeitalter“.

    Wie man weiß, müssen Menschen, die beruflich oder wie auch immer, gesundheitlichen Gefahren ausgesetzt sind, regelmäßig ärztlich, sogar amtsärztlich untersucht werden.
    Die Frage stellt sich nun, wie, wo und wer hat diese Untersuchungen dieser eingesperrten Frauen durchgeführt?

    Die nächste Frage, wo sind die Frauen seit 2005 geblieben, die jetzt nicht mehr da sind.

    Der Summen nach, waren diese „Spass-, Lustetablissements“ anscheinend immer gut frequentiert. Eventuell gibt es demnächst einen Riesenknall, den man auch noch in den Niederlanden hören kann.

     
  19. 1

    Die neue Leitung ist der Sohn von Esed. Ob sich da viel verändert? Zweifel sind angebracht. Im zivilen Leben war der Ex Betreiber sogar echt sympathisch. Man kann halt immer nur vor den Kopf gucken.