Der virtuelle Drogencontainer – eine Klever Erfindung

Kein Drogencontainer ist auch ein Drogencontainer

Die Klever Grünen hatten zu einem Spaziergang eingeladen, um darüber zu informieren, wie es um die Radfahrerfreundlichkeit der Stadt bestellt ist. Treffpunkt war der Bahnhof, der als Experte geladene Landtagsabgeordnete Martin Metz kam pünktlich mit dem RE 10 aus Siegburg, für sich genommen schon eine kleine Sensation, und nach hundert Metern hatte die kleine Gruppe aus Grünen und interessierten Bürgern schon einen Punkt gefunden, der zeigte, dass politische Wünsche und Realität nicht immer zusammengehen.

Hundert Meter östlich des Bahnhofs befindet sich die neue Radstation, ein an sich gelungenes Projekt, zu dem eine Werkstatt und eine Fahrradgarage gehören. Das Problem indes ist ein anderes – das der Nachbarschaft. In unmittelbarer Nähe der Radstation befand sich bis vor wenigen Monaten der berüchtigte „Drogencontainer“ der Stadt Kleve, ein Treffpunkt für Menschen, die der Drogensucht anheimgefallen sind und für weitere Menschen, die diese Bedarfe befriedigen, und für noch ein paar Menschen mehr, die aus anderen Gründen irgendwie neben der Spur sind.

Die Gemengelage ist nicht immer, aber mitunter eine brodelnde, und im vergangenen Jahr gab es auch einige Polizeieinsätze infolge von Gewaltakten. Kein vernünftiger Mensch will so etwas in seiner Nachbarschaft haben, andererseits ist die Drogensucht halt auch ein gesamtgesellschaftliches Problem, das kaum in den Griff zu bekommen ist. In Kleve entschied die Politik, den Drogencontainer zu entfernen und stattdessen ein paar hundert Meter entfernt ein ausrangiertes Bushaltestellenhäuschen in ein Gebüsch zu stellen. Aus den Augen, aus dem Sinn.

Allerdings haben sich die Drogensüchtigen nicht so verhalten, wie es den Wünschen aus dem Rathaus entsprach. Kein Drogencontainer ist auch ein Drogencontainer, und so versammeln sie sich weiterhin um ein gewissermaßen nur noch virtuell vorhandenes Behältnis – mit der Folge, dass die Probleme auch an Ort und Stelle verbleiben. Am Dienstag, am Tag des Spaziergangs, gegen 17 Uhr tummelte sich dort ein gutes Dutzend Menschen. Die nahegelegenen Müllcontainer am Bahnhof quollen über, und es herrschte ein reges Kommen und Gehen mehr oder weniger abgewrackter Gestalten (man muss es leider so sagen).

Toilette defekt

Das allerdings betrifft auch die Radstation. Denn zwischen der Fahrradgarage und der Wertstatt sowie dem Architekturbüro des grünen Stadtverordneten Benedikt Verheyen befindet sich eine barrierefreie Toilette, ein lang gehegter Wunsch, der im vergangenen Jahr endlich realisiert werden konnte. Doch an der Tür hängt nun ein provisorisches Schild „Toilette defekt“, und die in der Politik aktiven Teilnehmer des Spaziergangs wussten, dass der Bedürfnisort von der Container-Klientel zum Konsumraum umfunktioniert worden war. Nun soll das berühmte Blaulicht dort installiert werden, sodass die Fixer ihre Venen nicht mehr finden. Danach soll die Toilette wieder geöffnet werden.

Mobiler Hausstand

Zwischen der Werkstatt und der Toilette befindet sich zudem seit kurzem ein Bauzaun, sodass die Junkies nur noch bis zur Toilette, aber nicht mehr weiter kommen können. In einer Ecke vor der Radstation lag am Dienstag eine blaue Einkaufstasche, die den Hausstand einer unbekannte Person – etwas Kleidung, Essensreste, Holzbesteck – enthielt. Keiner scheint sich zuständig zu fühlen.

So bleibt es dabei, dass Reisende, die mit dem Regionalexpress in Kleve eintreffen, zunächst einmal mit dem Elend der Stadt konfrontiert werden. Und das wird mit Sicherheit auch so lange so bleiben, ehe nicht ein Ort geschaffen wird, der den speziellen Wünschen dieser Menschen etwas entgegenkommt (auch wenn dies für viele andere Menschen unverständlich ist). Ein ausrangiertes Bushaltestellenhäuschen im Niemandsland ist da vermutlich etwas zu kurz gedacht.

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28 Kommentare

  1. 28

    An Drogen zu kommen war im Grenzgebiet noch nie ein Problem. Der Handel verlagert sich dahin, wo es geht. Und irgendwo geht es immer.

    Btw: Unglaublich eigentlich, dass der „Handelshof“ in Uedem damals nicht geschlossen wurde.

     
  2. 27

    Meine Überlegung mag vereinfacht bzw. naiv klingen, aber gibt es nicht einen einfachen Ansatz? Wie kommen Menschen mit Suchterkrankung eigentlich an Drogen? Ich habe mich mal einen halben Tag im Bahnhofsbereich aufgehalten und gesehen, dass offenbar Händler gezielt auf diese Menschen zugingen, etwas übergaben und dann schnell mit dem Auto wegfuhren. Wenn der Handel am Bahnhof streng unterbunden würde – welche Auswirkungen wäre zu erwarten?

     
  3. 26

    Überschrift Drogencontainer
    Seid Monaten suchen Rat und Verwaltung der Stadt Kleve eine „Anlauf- oder Begegnungsstätte“ für Drogensüchtige. Eine Stelle soll außerhalb des Wohnbereiches geschaffen werden, damit Anwohner nicht gestört werden. Auch dürfen nur geringe Kosten für die Stadt entstehen.
    Dieses Problem kann nur einvernehmlich zwischen Stadt und Süchtigen gelöst werden.
    Die Frage ist, hat die Stadt hier schon diesebzügliche Kontakte aufgenommen.
    Bei den Drogensüchtigen handelt es sich um kranke Menschen. Das ist bisher von den Verantwortlichen der Stadt mit oder ohne Absicht wohl nicht registriert worden. Diesen Menschen muss geholfen werden, auch wenn es etwas kostet. Für viele andere Dinge wird Geld bereitgestellt.
    Es wird Zeit endlich mal Zeit, die Dinge zu regeln.

     
  4. 24

    @22 „… wegsperren… fiele mir KEIN passender Ort ein“!!! Allerdings, das StGB kommt in der Szene sicherlich eher selten zum Einsatz – obwohl die Drogen nicht vom Himmel fallen (Handel und Besitz von Btm, Beschaffungskriminalität, mehr oder minder ausufernde Gewaltdelikte etc.). „Krankheit“ darf nicht jedes Tun entschuldigen oder gar rechtfertigen… wobei ich Ihnen Recht gebe, dass „wegsperren“ nicht „heilt“.

     
  5. 23

    Mal eben ! Die Qualität eines Staates erkennt man wie er mit seinen ALTEN MENSCHEN, KINDERN, KRANKEN + ELENDEN umgeht. Da habe ich, ohne lange zu suchen, ☝🏼 hier „vor der Tür“ oft einen eher zur 3ten Welt passenden Eindruck .🤔😠

     
  6. 22

    @19 Kranke Menschen „wegsperren“, das erinnert mich an etwas…

    Suchterkrankungen sind anerkannte Erkrankungen, nach ICD, der international anerkannten Klassifikation der WH0, die auch in Deutschland gültig ist. Im medizinischen/psychiatrischen Bereich werden Diagnosen nach ICD gestellt. Die tauchen verschlüsselt (Buchstabe/Zahlen-Kombi) auf jedem Krankenschein auf.

    Wenn Leute straffällig werden, haben wir das StGB. Das gilt für Gesunde und Kranke gleichermaßen, also auch für Suchtkranke und Krebskranke zum Beispiel.

    Nur am Strafrecht entscheidet sich, ob jemand „weggesperrt“ wird.

     
  7. 21

    Solche Bilder kennt man eigentlich von Bahnhöfen einer Großstadt. Es wäre doch zumindest mal ein Ansatz, auf die Suchtklinik -in Form eines Hinweisschildes, durch verteilen von Flyern wenn die Szene vor Ort ist- der LVR hinzuweisen. Mit Notfallnummer, Ansprechpartnern etc.
    Diese könnte n durch Ratsmitgliedern verteilt werden, damit diese sich mal ein Bild der Menschen machen können. Mit ihnen Reden, Nöte Sorgen,, Hilfestellungen geben zusammen mit einem Sucht Berater/ beauftragten,, Streetworker, falls, Kleve so etwas überhaupt hat. Wäre traurig wenn nicht

     
  8. 20

    Allerdings könnte man darüber nachdenken, ob und wie ein Drogenkonsumraum mit bestimmten Auflagen in das Konzept der Sternbuschklinik (LVR) integriert werden könnte. Als niedrigschwelliges Angebot ggf. auf dem Weg zu einer Behandlung.

    Das wäre dann ein anderer Ansatz als der ehemalige Container oder der Unterstand im Gebüsch.

     
  9. 19

    @13 „… dass die Leute dann z. B. die Blechwände vollkritzeln…“ Jo. Ich hab mal gelernt „Sind der Narren Hände, beschmieren Tisch und Wände“. Jeder ist für sein Umfeld verantwortlich. Und sich „abgeschoben“ zu fühlen – an welchem Ort wäre „die Leute“ denn Ihrer Meinung nach nicht „abgeschoben“? Von „wegsperren“ bis Suite im „Elaya Hotel Kleve“ fiele mir kein passender Ort ein.

     
  10. 18

    Drogen und den Konsum wird man nicht verhindern können, jedoch ein menschlicher Umgang könnte gestaltet werden. Es gibt sehr viel Leerstand in Kleve. Was wäre mit einem ordentlichen und organisierten Drogenraum in einer alten Fabrik etc. In Frankfurt a.M. ist dies gut gelungen. Hier fehlen auch ehrenamtliche Streetworker, die diese Menschen persönlich ansprechen und Hilfe anbieten. Kein Mensch ist freiwillig auf Dauer in einem so hilflosen, desolaten und traurigen Zustand.

     
  11. 17

    Die LVR-Klinik ist auf die Behandlung von Suchtkranken ausgerichtet. Dafür hat sie eine Suchtambulanz und eine Station als Teil der Erwachsenenpsychiatrie.

    Ein Drogencontainer macht da keinen Sinn, konterkariert eher die Ziele der Klinik. Das wäre so, als wenn eine Fachklinik für Alkoholkranke, in der es strenge Regeln gibt (wer trinkt, muss gehen), gleichzeitig ein Bierbüdchen auf ihrem Gelände betreibt.

    https://klinik-bedburg-hau.lvr.de/de/nav_main/fachgebiete___behandlungsangebote/abhaengigkeiten___suchtbehandlung/ambulanz/ambulanz_1.html

     
  12. 16

    Im Klever Rathaus ist man m. E. mit dieser Situation komplett überfordert. Probleme werden erstmal verneint, sind sie dann offensichtlich werden sie ignoriert und wenn gar nichts mehr hilft werden sie ausgesessen. So geht Kleve….

     
  13. 15

    Kannste dat nochmal in zwei Sätzen zusammenfassen: Drogen, Siff, Junkies, Elend. Du bist doch freie Presse

     
  14. 14

    @2
    „Es sind nicht nur Drogensüchtige, es sind Alkoholiker, psychisch Kranke , Menschen die am Staat+ Leben gescheitert sind. Kriminelle die den „rechten“ Weg nicht mehr gefunden haben ,ohne sozialen Halt +Heimat.“
    Wenn es tatsächlich so ist wie Sie sagen, läge doch eine Lösung nahe, die man jedoch in Bedburg-Hau möglicherweise nicht so gerne vernehmen wird:
    Aufstellung eines neuen Drogencontainers auf dem Gelände der LVR-Klinik, möglichst nahe gegenüber dem Bedburg-Hauer Bahnhof. Dann könnte die LVR-Klinik mit ihrem besonders erfahrenen Personal dort auch gleich für eine qualifizierte, ambulante Betreuung des vorgenannten Personenkreises sorgen.
    Dafür spricht auch, dass viele Nutzer des früheren Drogencontainers von außerhalb mit dem RE 10 angereist sollen und gar nicht in Kleve wohnhaft waren. Warum sollten sie dann nicht nur bis Bedburg-Hau sollen, um dort von einer öffentlichen, überörtlichen Institution wie der LVR-Klinik betreut zu werden?

     
  15. 13

    Klar, der Container sah mal richtig top aus…

    Das war immer schon nicht mehr als eine Baracke, kein Wunder, dass die Leute dann z. B. die Blechwände vollkritzeln etc.

    Broken-Windows-Theorie im Kern: wo es Sch… aussieht, wird es schlechter und nicht besser. Die Leute verhalten sich oft gemäß ihrer Umgebung. Hinzu kommt das Gefühl, in solche Räumlichkeiten abgeschoben zu sein.

    Der Bahnhof ist tatsächlich kein günstiger dauerhafter Standort. Da steigen viele Schüler um, Reisende sollte man auch nicht damit konfrontieren. Außerdem soll die gute Anbindung ja auch nicht zu weiterem Andrang aus dem ganzen Kreis führen. Der RE10 macht schon genug Probleme.

     
  16. 12

    Ich will nicht wieder damit anfangen dass früher alles besser war, – aber als früher am Bahnhof noch jede Menge Menschen arbeiteten, – Postler, Bahnbeamte, Rangierdienst, – gab es diese Probleme zumindest in dieser Form am Bahnhof nicht….dafür aber eine auch spätabends noch geöffnete beheizte Wartehalle mit Zeitschriftenladen und Bahnhofsrestaurant… und Fernzüge nach Österreich und Nahverkehrs(!)züge von Nijmegen nach Koblenz! Die nach meiner Erinnerung meist pünktlich waren und nie “ aus betrieblichen Gründen“ schon in Krefeld endeten ….

     
  17. 11

    @7 das Kostenverhältnis ist nicht so, wie Sie denken.

    Aber wir sollen wohl alle besser glauben, dass die anderen die sind, die uns so viel kosten, anstatt die Reichen mit ihren Steuerschlupflöchern etc. … Sorry für den leichten OT aber das fällt mir bei immer mehr „gesellschaftlichen Themen“ auf.

     
  18. 10

    @8 „… warum der alte Container so abgewrackt ausgesehen hat…“ vielleicht, weil von den BenutzerInnen nur geringschätzend mit fremdem Eigentum umgegangen wurde?

     
  19. 9

    @7:
    Die Kosten für diesen „Schwachsinn“ (Menschen mit großen Problemen helfen, die das selbst nicht schaffen) sind im Vergleich zu anderen Ausgaben tatsächlich relativ überschaubar. Gleichzeitig profitieren alle von einer sichereren und gepflegteren Umgebung.

    Kann die örtliche Drogenhilfe nicht am Bahnhof eine Beratungsstelle mit Konsumraum betreiben (Frankfurter Modell, vorher schon in der Schweiz erfolgreich betrieben)? Oder reicht bei der sehr kompetenten und erfolgreich regierenden Partei in Kleve (siehe neben Handling der Drogenproblematik auch: Leerstandsbekämpfung, Minoritenplatzgestaltung und -Bebauung,…) dafür die Menschlichkeit nicht aus?

     
  20. 8

    Ich frage mich, warum der alte Container so abgewrackt ausgesehen hat, außen und innen. Und das falsche Bushaltehäuschen da draußen ist der Gipfel an Geringschätzung dieser Menschen, die vor allem eins sind: krank.

    Mit dieser Haltung löst man das Problem nicht annähernd.

     
  21. 7

    „ehe nicht ein Ort geschaffen wird, der den speziellen Wünschen dieser Menschen etwas entgegenkommt (auch wenn dies für viele andere Menschen unverständlich ist).“

    Vielleicht sollte man auch mal an die Menschen denken, die den ganzen Schwachsinn in diesem verrückten Staat mit ihrer Arbeit finanzieren müssen!

     
  22. 6

    Ok, der Standort der Toilette ist zu ungünstig, um sie der Drogenszene zu überlassen. Aber richtig verhindern wird man es auch nicht können, wenn die Toilette (mit blauem Licht) wieder eröffnet würde.

    Provisorisch/übergangsweise etwas Anderes anbieten, an der alten Stelle?

     
  23. 5

    Blaulicht ? Liegt dran , bei div. Drogen gibt es auf Dauer ein +- starkes Zittern, Tremor, da wäre dann Sehen so wichtig wie Fühlen. Blaues Licht kann da schon mal leicht für einen „Schuss 💉 in den Ofen“ sorgen.

     
  24. 4

    Stimmt, bei Junkies, die schon länger spritzen, funktioniert das blaue Licht meist nicht.

    So lange es für die Drogensüchtigen keine vernünftige Alternative gibt, sollte man ihnen vielleicht das Toilettenhäuschen lassen. Das verhindert auch Drogenkonsum in der Öffentlichkeit.

    Und wer will da aktuell noch ernsthaft auf die Toilette gehen?

     
  25. 3

    „Was ist das?“
    „Blaues Licht!“
    „Was macht es ?“
    „Es leuchtet blau!“

    Dies Klientel interessiert nicht, welche Farbe das Licht hat. Venen werden gefühlt, jeder Fixer hat seine bevorzugten Venen und diese werden mit geschlossenen Augen gefunden.

    Die „Szene“ ist nunmal der Bahnhof, ein umgesetztes Bushaltehäuschen ändert da gar nix. Und die geplante Unterführung wird das bushaltehäuschen eh überflüssig machen!So war es in vielen deutschen Städten ….. nur in kleve wird es dank besonderer Lichtinstallation anders!
    Ich glaube so langsam das die zuständigen Planer komplett den Realitätsbezug verloren haben.

     
  26. 2

    Es sind nicht nur Drogensüchtige ,es sind Alkoholiker, psychisch Kranke , Menschen die am Staat+ Leben gescheitert sind. Kriminelle die den „rechten“ Weg nicht mehr gefunden haben ,ohne sozialen Halt +Heimat. Mann will sie einfach aus dem Blickfeld haben das sie die Augen der 🤢 Spießer + Empörten .nicht beleidigen + NICHTS anderes. 😠 Wäre nur 🤏🏼 viel der Milliarden Kriegskohle für sie da ,ihre Welt könnte garantiert besser aussehen ..100 %