Aus Klever Sicht ist Arnheim so etwas wie die Stiefschwester von Nimwegen. Nimwegen, da fährt man schon mal eben „einfach so“ hin. Arnheim, das ist für Klever häufig nicht die Stadt selbst, sondern lediglich der Vorort Duiven, wo ein bekanntes Möbelhaus eine Filiale unterhält. Doch, abgesehen davon, dass ein Besuch in der gelderländischen Großstadt (150.000 Einwohner) ohnehin lohnt, gibt es nun für uns Klever, die wir uns gerne als Architekturkritiker betätigen, einen außergewöhnlichen Grund, Arnheim zu besuchen – der neue Hauptbahnhof ist fertig!
Es ist ein 20 Jahre lang dauerndes Projekt, das nun zu einem erstaunlichen und sehenswerten Abschluss gebracht wurde.
Es ist, so die niederländische Perspektive, das größte Nachkriegs-Projekt in der durch den Zweiten Weltkrieg verheerten Stadt.
Es ist, um es aus Klever Blickwinkel verständlich zu machen, so, als hätte jemand den Volksbank-Neubau durch einen Thermomix gedreht.
Entworfen haben den Bahnhof, „Centraal Station“, die Architekten des Amsterdamer Büros UNStudio, und sie haben einen Bau geschaffen, der fast wie ein Weltraumbahnhof wirkt und der der Stadt einen neuen, repräsentativen Auftritt verschafft. „Dieser Verkehrsknoten definiert die Regeln des Bahnhofsbaus neu“, sagen die Architekten selbstbewusst. „Der Bahnhof wird das neue ‚Eingangstor` der Stadt, er feiert den Geist des Reisens, und er wird Arnheim als Verbindungspunkt zwischen Deutschland, Belgien und den Niederlanden etablieren.“
Das Gebäude umfasst 90.000 m³, also rund 1300 Standardcontainer (40 Fuß). Es beherbergt Geschäfte, ein Konferenzzentrum und ist direkt angebundenen an weitere Gewerbeflächen, an das Stadtzentrum, an eine Tiefgarage sowie an einen Park. Das Gebiet um den Bahnhof selbst ist ein eigener Platz mit 160.000 m² Bürofläche, Läden und einem Kinokomplex.
Man könnte fast vergessen, dass es sich um einen Bahnhof handelt. Und, wenn man sich näher mit der Architektur des Terminalgebäudes beschäftigt, könnte es auch sein, dass man einen Zug verpasst. Durch die elegant geschwungene und ineinander verschlungene Architektur des Daches entstehen große Freiflächen ohne Säulen, die das Innen und das Außen verwischen lassen. Möglich wurde dies, weil statt des Betons weitestgehend auf eine Stahlkonstruktion gesetzt wurde, wie man sie aus dem Schiffsbau kennt, die aber in dieser Form noch nie für Gebäude verwendet wurde.
Das Architekturbüro begann mit den Planungen 1996, im Jahre 2000 gab es erste Skizzen. In der Folgezeit wurde intensiv analysiert, wie sich Fahrgäste bewegen, so dass das Konzept einer „Transfermaschine“ entstand, welches das gesamte Spektrum des öffentlichen Personenverkehrs integriert. Der Bahnhof unterscheidet internationale, nationale und regionale Ebenen, die es den Passagieren ermöglichen, intuitiv auf dem richtigen Weg zu sein (sozusagen das Gegenteil des Berliner Hauptbahnhofs).
Das Projekt ist Teil eines landesweiten Aufmöbelungsprogramms für die Eisenbahn in den Niederlanden, in dessen Zuge auch die Bahnhöfe in Rotterdam, Delft, Den Haag, Breda und Utrecht neu gebaut werden. Die Verantwortlichen hoffen, dass durch den Bahnhof die Zahl der Pendler, die nach Arnheim kommen, bis zum Jahre 2020 auf 110.000 wächst.
Um sich den kompletten Spaß zu können, haben Klever Bürger die Möglichkeit, vom Klever „Bahnhof“ aus mit der so genannten Schnellbuslinie 58 bis zum Hauptbahnhof nach Nimwegen zu fahren, von dort können sie dann mit einem niederländischen Intercity Arnheim ansteuern.
@21 Lubra Welche Architektur in Holland meinst du genau?
Ganz einfach: Architektur spiegelt den Geist der Gesellschaft – deswegen fahren wir immer nach Holland zum Einkaufen etc.. Leider kosten die
Häuser da so viel … kann man mit deutschem Gehalt vergessen… Zu Kleve fällt mir wenig ein – außer das die neue Volksbank in die richtige Richtung geht, aber ein bisschen mutiger wär schön gewesen.
@18.Messerjocke,
das Tao der Bescheidenheit erfordert die Bereitschaft, sich selbst immer wieder aufs neue zu prüfen. Mit
der maßlos überhöht angesetzten Einschätzung eigener Fähigkeiten, bescheinigt man sich lediglich fehlender Achtsamkeit.
Bei bestimmten Entscheidungsträgern werden Demut und Bescheidenheit immer Fremdworte bleiben, hinzu
kommt, dass sie nicht erkennen, wie negativ sich inzwischen ihre Hilflosigkeit auf ihr vermeintliches Ansehen
ausgewirkt hat.
So, wie der Hauptbahnhof und das dazugehörende Areal auf den Fotos und dem verlinkten Video von C. Heinrich dargestellt sind, kann man sich dort wirklich an der Architektur und dem Sinn und Zweck, erfreuen. Es erweckt den Eindruck, dass man „Luft holen“ kann, dass man „durchatmen“ kann……..es gibt eine gewisse „Freiheit“.
Wenn ich daran denke, wie man in Kleve unbedingt zurück zum „Mittelalter“ möchte, „schnürt es mir die Kehle zu“…
einen „Gestaltungsbeirat“ halte ich für unbedingt unnotwendig, da in Kleve dann „Hobby-Mittelalter-Einheitsbrei“ gekocht, und zudem noch unnötige Kosten verursacht würden!!!
Das Video, welches C. Heinrich verlinkt hat, zeigt den Unterschied. Funktionelle und zugleich erfreuende Architektur verbinden nicht nur alle erdenklichen Verkehrsmittel sondern auch Sinn und Seele. Der öffentliche Personenverkehr steht klar im Zentrum, wo er auch hin gehört. Wer hier geplant und entschieden hat, denkt beim Schach auch schon mal über den nächsten, übernächsten oder überübernächsten Zug hinaus.
Um diese Leistung noch deutlicher zu machen, im Vergleich dazu unser Unterstadtbereich mit abgesägter Bahn und einer von Politik und Verwaltung fehlgelenkten Architekturruine als Beispiel: das neue Rathaus! Wie mit dem beschränkten Formen des Lego-Grundbaukasten „noire“ gebaut, Eingang vergessen, kurz eine Ecke abgesägt, keine Multifunktionalität, Sperrigel einer è¬é‡Œé•·åŸŽ / 万里长城 gleich, beklinkert nach dem Geschmack einiger Hobby-Kommunalpolitiker, ist das wohl der deutlichste Fingerzeig darauf, dass nun ein nötiges Maß an Demut und Bescheidenheit durch Politik und Verwaltung sickern muss, was die Einschätzung eigener Fähigkeiten anbelangt.
Hallo, da wird’s in Holland was z’end g’baut un der deitsche moppert
@15
>Da braucht wirklich niemand noch mehr Ãœberdachung als schon vorhanden ist.
Jaja, genau. Deshalb hat man in Lüttich auch totalen Blödsinn gebaut….
hatte ganz vergessen, dass Arhem die Masstäbe definiert…
@ Lohnegräm
Blödsinn, Sie haben sich gar nichts „genauer†angesehen!
Sie beschreiben die Bussenplein, aber nicht die Busstation. Schauen Sie sich dazu das Video, Anfang, und für wenige Sekunden ab 3:15 min. an. Achten Sie mal darauf wie die Busse ab 4.40 min. fahren. Es ist eine Doppellösung.
Video: http://www.arnhemcentraal.nu/project/bovengronds/ov-terminal/
Text: http://www.arnhemcentraal.nu/project/bovengronds/arnhem-centraal-midden/trolleybussenplein/
Außerdem haben Sie offensichtlich das Konzept nicht verstanden. Man wartet nicht wie auf „ollen deutschen Bahnhöfen†am Bahngleis, sondern in der gemütlichen Station, wird perfekt informiert und nutzt das Gleis nur noch für die wenigen Selunden bis zum Einstieg. Da braucht wirklich niemand noch mehr Ãœberdachung als schon vorhanden ist.
Bei genauerem Hinsehen muss ich inzwischen sagen:
Nicht sehr praktikabel, insbesondere was Wetterschutz angeht.
Bussteige gar nicht überdacht (!), Bahnsteige nur dürftig.
Meiner Meinung nach für einen neuen Bahnhof an den wirklichen Bedürfnissen vorbeigeplant. Da hilft auch keine moderne Architektur.
Wow, das nenne ich ja mal gelungenes Design! Ein solches Gebäude wäre hier bei uns in Deutschland wahrscheinlich unmöglich, da jedes kleinste Detail bis zur letzten Klodeckelschraube durchreglementiert wird und jede Kreativität durch irgendwelche Paragraphen und Vorschriften zunichte gemacht wird. Was bleibt ist „Einheitsbrei“ den man täglich „bewundern“ kann.
Wird im nächsten Jahr getestet … kann mich nur noch an die Dauer-Baustelle – Treppen hoch, Treppen runter – erinnern … das ist jetzt vom Foto her erstmal wow … hier macht organisch angelegter Funktionalismus Sinn.
In Deutschland werden Bahnhöfe ja als notwendiges Ãœbel angesehen, damit überhaupt Züge abfahren können. Da kann man sich von den Holländern mal was abgucken. Die haben allerdings auch eine längere Tradition, Bauten des Gemeinwesens (im weitesten Sinne) schön zu gestalten und dafür auch Geld in die Hand zu nehmen.
Den Menschen und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellen. Ist doch eigentlich ganz einfach …
@9 Messerjocke,
wie sollten sie auch, sie hätten den Sinn und Zweck dieses Projektes noch nicht einmal erkannt🙉!!!!
@ „Messerjocke“:
Klinker … ???
Welche Klinker?
🙁
Auf welchem Photo sind Klinker erkennbar?
😉
Hier wurde offensichtlich nicht die Ratsmitglieder zur Auswahl der Klinker befragt?
Auch in NL ist nicht alles Gold was glänzt.
Kostensteigerung um 40% beim Bau auf nun 90 Mio. €. In Kleve würde ein ähnliches Projekt (in an Kleve angepasster Grösse) medial/pressemäßig zerissen werden.
Vermutlich wäre die Häme riesig (auch in diesem Blog?!?)
@5 Otto
Viel Spaß dabei.
@4 Karl Reinery
Der Stadt Kleve muss man an dieser Stelle allerdings zu Gute halten, dass sie erkannt hat, dass die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger die Konturen des damaligen Rathauses favorisiert hatten. Zwar zeigte das Ergebnis des Werkstattverfahrens 2009 und der „Siegerentwurf“, die Variante C von Astoc & Co., dass die Konturen durch eine Sanierung des Rathauses erhalten bleiben sollten, sodenn jetzt die Konturen durch einen Neubau wieder rekonstruiert worden sind. Zumindest den Erhalt der Konturen hat die Stadt nun Rechnung getragen.
Visionären Architekturi- und Stadtplanungsdeen steht Kleve nach meinen Beobachtungen dennoch skeptisch gegenüber – nimmt man exemplarisch die Reaktionen auf die Idee von Dr. Arthur Leenders, einen Teil von Kleve zu untertunneln. Hier war der Aufschrei gross. Eine Architektursprache wie die des Arnhemer Bahnhofs wird es in Kleve daher schwer haben.
@2.HP.Lecker,
dem ist nichts mehr hinzuzufügen; auf jeden Fall entweder mit dem Rad oder -Bus und Zug- werden wir
Arnheim besuchen!.
Ein klar erkennbarer Unterschied zwischen den Niederlanden und Deutschland! Welch eine Augenweide.
Vergleiche zwischen dem Klever Rathaus und dieser Architektur erübrigen sich wohl von alleine. Mal wieder eine vertane Chance. Während die Klever eher konservativ auf der Stelle stehen bleiben, sind die Niederländer zukunftsorientiert. Nur ein Quentchen von diesem Mut und Kleve würde über sich hinaus wachsen. Aber der Opschlag mit seinen ‚Augenweiden‘ zeigen ganz klar, wie es um Kleve steht.
Weiter so Holland…
Sehe interessant, mir als Bahnfan völlig durch die Lappen gegangen. Kenne den Bahnhof aus den 80ern, bin früher als Jugendlicher mit dem D-Zug von Emmerich nach Arnhem und zurück, einfach nur um am Niederrhein mal schnell und elektrisch Bahn zu fahren.
Bahnhof Emmerich inzwischen auch völlig leer und verwaist, Bahnsteigüberdachung z.Z. abgerissen.
Was ich am Bahnhof Arnhem für ein so grosses Projekt unverständlich finde ist die fehlende durchgehende Bahnsteigüberdachung wie z.B. in Lüttich. Sehr schade.
High-End-Architektur, die mir gefällt. Klasse Details, starke Ingenieurs-Ideen und das alles in organischen Formen…
Die lange Entwicklungs- und Planungsarbeit hat sich gelohnt…
Unter diesem Link kann man ab 1850 historische Fotos besichtige. Schon spannend, was sich da so getan hat: http://www.stationsweb.nl/station.asp?dir=arnhem