Auf in die orange Hölle, nach Nimwegen! Die Innenstadt ist mit Panasonic– und Samsung-Flachbildfernsehern tapeziert, interessanterweise nirgendwo mit diesem offenbar deutschen Tonverzugsproblem. Davor Menschen – mannen en meisjes – mit orangefarbenen Perücken, Löwenmähnen, Cowboyhüten, Tops, Girlanden, Latzhosen, Fracks, Minis, Stulpen – und natürlich den Trikots. Sogar das Wasser des kleinen Bächlis, der links vom Markt die Stikke Hezelstraat herunterfließt, ist orange eingefärbt. Vuvuzelas gehören hier zur akzeptierten Fankultur. Heineken auch. Dem Spontanbesucher bieten sich bei einem Rundgang eine Stunde vor Spielbeginn mindestens 30 hochwertig ausgerüstete Orte zur Einkehr. Er entscheidet sich für das Eeet- en Drinkhuis De Waagh, Groote Markt 26.
Bild & Ton | ++ | 2 Samsung Flachbildfernseher mit gefühltem Meter Bilddiagonale lassen auch aus drei bis vier Metern noch alles erkennen. Der Ton kommt von einer Boxenparade entlang der Bestuhlung, bleibt aber dezent. Natürlich wieder NOS-Kommentatoren, die auch sekundenlang schweigen können und nicht anfangen von der Omi irgendwelcher Spieler zu erzählen |
Bier | – | Heineken vom Fass, 0,2 Liter für 2,10 Euro – und es waren nicht mal 0,2 Liter (viel Schaum). Das variierte aber und störte keinen. Die Kellnerin war freundlich und schnell – allerdings nicht beim Ausdembildgehen |
Fans | ++ | 200. Alle bis in die Haarspitzen motiviert |
Eintritt | ++ | frei |
Fachkenntnis im Publikum | ++ | Dieses Volk hat offenbar Voetbal in der DNA. Die neben mir sitzende Frau sieht Spielzüge exakt vorher. Spielernamen werden flüssig aufgesagt. Auch hier ist das Mantra des niederländischen Fußballkenners zu hören: „Dat is van Bommel.“ Freude auch, als Prinz Willem und Prinzessin Maxima ins Bild kommen – die Reaktionen, wenn in Deutschland die Kamera z.B auf die Kanzlerin schwenkt, fallen irgendwie anders aus |
Promis | ? | In Nimwegen kenne ich nun wirklich niemanden |
Gesamturteil | ++ | Niederländische Fußballfans leben in einer Welt, in der selbst gewonnene Zweikämpfe im Niemandsland um den Mittelkreis ekstatisch bejubelt werden. Wenn dann sogar drei Tore fallen und die Elftal am Ende gewinnt, brechen alle Dämme. Doch wird diese stolze Nation von Kaufleuten und Flughafenbesitzern noch einmal mehr vom Nektar des kollektiven Freudentaumels kosten dürfen? Het is twijfelachtig… |
Und hier als Bonustrack die Sekunden vor & nach dem 2:1 durch Robben:
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Seit Beginn der WM treibt mich die Frage um, warum Public Viewing in Kleve nicht funktioniert, aber in Goch Tausende feiern….
Eine mögliche Erklärung habe ich nun in einer Spiegel-Ausgabe gefunden, die zugegebenermassen etwas älter ist (31.Mai 2010).
Zitat aus einer Reportage über Südafrika vor der WM: „Grandiose Strände ziehen sich die ganze Nelson-Mandela-Bucht entlang, wo am Morgen weisse Rentner aus aller Herren Länder ihre Spaziergänge machen. Man kann hier rüstige Senioren treffen, die aus Kleve stammen, seit 41 Jahren ausgewandert sind und noch immer die „Auto, Motor und Sport“ abonniert haben; die den Fussball lieben, aber trotzdem keine Sekunde daran denken, ins hiesige WM-Stadion zu gehen, weil ihnen der Platz vor dem Fernseher behaglicher vorkommt“
Danke für die Info. Fährst du Sonntagabend auch wieder in die Niederlande?