1000 Meisterwerke: „Teures ‚Licht-Bild'“

Versatile Verse voller urdemokratischer Verve

Der ganz der regimekritischen Dichtung der Spätrenaissance verhaftete Lyriker Walter Flinterhoff, ein Mitglied der Gruppe 1848, hat mit seiner neuen Text-Bild-Collage „Teures ‚Licht-Bild'“ ein Werk geschaffen, dessen Platzierung unten links auf der Seite B6 Lokale Kultur mit spielerischem Undersstatement vergessen macht, dass der Meister hier in nur 20 Zeilen in Vollendung das kosmische Hintergrundrauschen seiner lokalen Heldenverehrung zu einem theokratischen Big Bang kulminieren lässt.

Flinterhoff, einer der wenigen Menschen, der noch persönlich mit Thomas Mann Pannini-Bilder der Weimarer Klassik getauscht hat, beweist einmal mehr mit sentimentalen Versen voller Lumineszenz, reminiszenter Fluoreszenz und luzider Transzendenz, dass Satire kein scharfes Schwert sein muss und auch kein albanischer Krummdolch, sondern subversive Wirkung auch dann entfalten kann, wenn sie daherkommt wie ein Pashminaschal, der so lange den Hals umschmeichelt, bis jemand auf die Idee kommt, an beiden Enden zu ziehen.

Mit der ihm eigenen nonchalanten Contenance durchpflügt der hölderlingleich in einer Kemenate in der ehemaligen Herzogstadt Kleve lebende Künstler dabei den gesamten Kanon der abendländischen Kulturgeschichte von der alttestamentarischen Genesis bis zum Bundeslied für den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein.

In seinem Gedicht thematisiert und problematisiert Flinterhoff den vom Klever Bürgermeister Theo Brauer aufgebrachten Plan, die Emmericher Rheinbrücke nachts zu illuminieren und adaptiert zunächst mit urdemokratischer Verve die Gefühle der Menschen, die angesichts des Lichterspektakels „zur Begeist’rung neigen“, dann aber mit der Zeche konfrontiert werden und folglich „verwundert“ dreinschauen.

Probleme, Probleme, Stagnation, ein Sinnbild der gesellschaftlichen Situation Deutschlands zu Beginn des 21. Jahrhunderts – bis in Paraphrase der Verse 1,3-4 der Schöpfungsgeschichte eine starke Hand ins Bild tritt, einen Schalter betätigt und somit sinnbildlich sagt: Es werde Licht.

Nuancenreich variiert Flinterhoff das Thema der Genesis: „Herr Brauer… sieht das Problem, … wird aktiv… und schaltet.“ Schalten und walten. Spalten und falten. Und bloß nicht halten. Es ist das Bild eines pluri- wenn nicht gar omnipotenten Kommunalpolitikers, das hier vor unserem geistigen Auge heraufzieht.

„Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will“, heißt es im Bundeslied für den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein von 1863. Es ist mehr als nur eine bittersüße Ironie der Geschichte, dass der Künstler hier einen Christdemokraten zeigen lässt, was ein starker Arm wirklich zu leisten im Stande ist.

Doch Flinterhoff wäre nicht Flinterhoff, wenn nicht in die Dekonstruktion seiner Verse dem Leser noch eine maliziöse Pointe zu bieten hätte: „Sonst geht am Ende etwas schief“, lässt er sein Poem ausklingen und rekurriert damit zweifelsohne auf den größten deutschen Dichter, Johann Wolfgang von Goethe, der sich in der allerspätesten, prämortalen Phase seines Schaffens auch intensiv mit dem Thema Licht beschäftigte. Er wollte „mehr Licht“. Das Ende ist bekannt.

Das Finale furioso eines großartigen Gedichts. Das Original, mit einer abgewetzten Triumph-Adler in chlorfrei gebleichtes Büttenpapier gehackt, wird demnächst bei eBay versteigert. Alternativ tauscht der Autor es auch gegen eine Glühbirne (40 W) ein. Danke, weiter Fenster auf!

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17 Kommentare

  1. 17

    Mannometer! Da hatte ich doch gedacht, dass nur unser Meisterbürger und seine Entourage auf völlig spinnerte und teure Ideen kommen und nun wird uns das hier en passant paräsentiert:

    „Sie war mausetot. Die Bahnverbindung Kleve-Emmerich. Nun bringt eine Studie des Umweltbundesamtes sie wieder ins Spiel – als angeblich kostengünstigere Alternative zur bisherigen Betuwe-Planung.“

    http://www.derwesten.de/staedte/emmerich/Comeback-der-Bruecke-Griethausen-id3556697.html

    Liebe Griethausener, Kellener und Unterstädter! Endlich kommt Leben in die Bude! Freut Euch schon einmal! Und zwar Dalli!

    PS: Die Griethausener Bücke wird ganz sicher nicht beleuchtet werden.

     
  2. 16

    Zustände sind das hier! Ich komme mir richtig veralbert vor.

    Im Fachblatt für moderne Stadtgestaltung steht heute ein Bericht über die Fassaden-Modernisierung in der Innenstadt.

    Der technische Beigeordnete der Stadt Kleve, Fürst Potemkin kam auf die Anregungen zurück: „Geld wie in Nimwegen werden wir nicht haben – aber wir könnten eine Plakette vergeben. Und vielleicht loben die beiden Klever Kreditinstitute ja einen Preis für einen Fassadenwettbewerb aus . . .“

    Jaja, und da wir dank Angela wissen, dass vom Sozialismus lernen, Siegen lernen heisst, werden die Fassaden wahrscheinlich nur bis zum zweiten Stock mit lichtechter Farbe gestrichen…

    http://www.rp-online.de/niederrheinnord/kleve/nachrichten/kleve/Kleves-Buergerstolz-wecken_aid_890868.html

     
  3. 15

    @MeinerEiner

    Traurig, aber wahr. 1,4 Millionen in der Klinkerwüste versenkt. 600000 für ein überflüssiges Werkstattverfahren verplempert. Fussballvereinen werden Zuschüsse in den Rachen geworfen. Parkhäuser, deren Einnahmen unter aller Sau sind, werden den Stadtwerken aus Auge gedrückt. Dienstreisen werden per Vorratsbeschluss en bloc vorab genehmigt. TB findet es gelungen und ist schon mit dem nächsten Highlight zugange.Wir sollten auf der anderen Seite des Opschlags ein klitzekleines Theo-Memorial errichten. Das besagte Schüsterken könnte dann ja…..
    In der Zwischenzeit stelle ich mich neben das Schüsterken und kotze mit.

     
  4. 14

    @ Müller:
    Danke für die Belehrung udn Wertschätzung! Auch wenn ich mich irre, immerhin ist das ganze schon 25 Jahre her, so erinnere ich mich doch noch daran welch öffentliche Dispute es auf kommunalpolitischer Ebene es wg. der Farbverblassung gab… Vielleicht war es so, dass NRW Straßen zahlt und offiziell bestellt, das Auswahlverfahren aber von/ mit Kleve/ Emmerich gelaufen ist?
    Das Kleve/ Emmerich aus den Entscheidungen ganz raus sind/ waren – das glaube ich eher nicht. Aus der Verantwortung ja – das ist ja stets so gewollt wenn was schief geht…Was denn auch die Intention meines Beitrages war.
    Der Detailfehler mit „Straßen NRW“ möge mir verziehen werden, aber durch Anwendung der salvatorischen Klausel nicht den ganzen Beitrag ungültig machen…

    Und die vielen anderen Sachen, von denen ich keine Ahnung habe…?

     
  5. 13

    Auf wenn das Geld von NRW kam – das ist trotzdem futsch
    Ich weiss nicht wo das Problem ist die paar Strahler wie früher zu leuchten zu bringen
    Muss aber auch nich

     
  6. 12

    @ Müller

    Aber der Farbanstrich passt auf jeden Fall zu Emmerich und Kleve. Der Glanz alter Zeiten ist verblichen (welch ein Pathos). In Emmerich wurde jetzt an exponierter Stelle (im Industriegebiet auf der Insel eines Kreisverkehrs) das Symbol der Stadt Emmerich am Rhein aufgestellt. Ein Drei-Meter-hoher Eimer. Damit auch alle Auswärtigen wissen, dass Emmerich am Rhein im Eimer ist. Was können wir den Mal am Opschlag aufbauen? Vielleicht könnte das Schüsterken künftig kotzen statt spucken?

     
  7. 10

    Herr Habedank,

    Ihr Beitrag zeigt zum wiederholten Mal, das Sie über Sachen schreiben, von denen Sie keine Ahnung haben!

    Weder die Stadt Kleve noch die Stadt Emmerich haben den Farbanstrich zu vertreten bzw. beauftragt und letztendlich bezahlt.

    Die Brücke wird von Straßen NRW unterhalten.

     
  8. 8

    Das mit dem Anstrich war ja wohl der Flop! Man, keine Ahnung ob es Kleve, Emmerich oder beide waren, hat sich garantieren lassen dass die Farbe lichtecht etc. sei, also nicht verblasst…
    Ist sie dann aber doch – das Unternehmen ging wohl durch eine vorzügliche Insolvenz allen Regress-/Nachbesserungspflichten aus dem Weg. Was „man“, nämlich nicht sehen wollte: Sofern ich eine Summe X in Verpflichtung bringe, müßte ich erst mal prüfen ob das Unternehmen diese Summe auch stemmen kann…

    Im Ãœbrigen: Die in der RP zitierten 263.000 Euro ( war in 2009 noch 220.000,– Euro!) sind nur für die Beleuchtungsinstallation! Strom und Wartung kommen extra, vielleicht ja von Hr. Hoffman als Clever Strom 2011 oder so?

     
  9. 7

    Messerjocke,

    bete mal, dass derjenige, welchen Du auffe Kirmes heimlich aus der Hüfte heraus abgelichtet hast, die Verkabelung macht. Dann sollte der Allmächtige beim Einschalten eine spezielle Erleuchtung haben.

     
  10. 5

    @RD: Ach so, ich dachte schon, das wäre so was wie eine bewusste Anonymisierung des Herausgebers. Dies wäre durchaus denkbar, weil in Ausnahmefällen der Mäzen schon mal ein Werk bedingungslos in den Vordergrund stellt.

    Aber nun zum Elaborat:

    Und wie man auf dem Bilde sieht, lässt sich kaum etwas verändern.

    Ist es nicht ein ausgestreckter Arm, im Ellenbogen arretiert, von der Handhaltung her eindeutig eine „AN-Stellung“ verewigend ? Die Hand umfasst nicht den Hebel sondern stützt ihn energisch gegen den oberen Anschlag.

    Demzufolge haucht uns Flinterhoff doch eher flehentlich einen Wusch zu, dass endlich geschaltet und gewaltet werden sollte ?

    … Brauer, der uns hier verwaltet, sieht das Problem und wird aktiv…

     
  11. 4

    @Messerjocke Dorthin können Hobbyinterpreten ihre persönliche Rezension des Werks faxen.

     
  12. 3

    Hörma‘ Ralf, was’n das für ’ne merkwürdige Telefon- und Faxnummer, da unten links neben den Versen ?

     
  13. 2

    Sorry, liebe Emmericher, aber das müsst ihr alleine stemmem.
    Es ist eure Emmericher Rheinbrücke, was haben wir damir zu tun?

    Dafür werden wir mit freundlicher Genehmigung des WDR die Drahtverspannung des hiesigen Sendemastes mit LED Leuchten versehen.

    Das macht sich viel schöner. Es ensteht die Illusion eines riesigen Weihnachtsbaumes. Der Weihnachtsmann darf dann pressewirksam den Schalter umlegen