Diese Nachricht führt mittelfristig zu einer Klimaerwärmung, und sie erwischt einen so kalt wie eine Kugel Vanilleeis den Gaumen an einem Hochsommertag: Familie Sanson gibt ihr Eiscafé Dolomiti in der Klever Unterstadt nach mehr als 30 Jahren auf. „Der Abschied fällt schwer, aber es war Zeit aufzuhören“, sagt Silvana Sanson, die das Lokal gemeinsam mit ihrer Mutter Alfia führte.
In den achtziger Jahren des vergangenen Jahrtausends war das Eiscafé insbesondere bei Gymnasiasten ein beliebter Treffpunkt, die dort bei einem bis vier Cappuccino über die deutsche Literatur schwadronierten („Manns Zauberberg ist reiner Kitsch“ – „Das ist doch Quatsch“, entsprechend fielen die Abiturnoten auch aus) und das elegante Interieur des Etablissements schätzten – Sitzschalen aus Vollplastik, entweder orangefarben oder grau, auf schlichten Stahlrohrgestellen. Wenig Schnickschnack. Womöglich war es eine spätpubertäre Illusion, aber das Eiscafé Dolomiti schien einen zu lehren, was italienische Eleganz ausmachte.
Der spätere Umbau war nicht nach jedermanns Geschmack, dafür aber eine verblüffende Vielzahl von Eissorten aus eigener Herstellung, natürlich. Bei Familie Sanson gab es schon Joghurt-Eis, als andere noch im Happen– oder Domino-Stadium von Langnese verharrten.
Der Autor selbst erinnert sich an Zeiten, als die Kugel noch vierzig Pfennige kostete. Lang, lang ist’s her, heute liegen wir bei achtzig Cent. Doch wer die ausgeben will, um ein letztes Mal den zarten Sansonschmelz zu erfühlen, muss sich beeilen. Am Sonntag öffnet die Familie ihr Lokal zum letzten Mal. Danach ist erst einmal geschlossen, es wird jedoch nach einem Nachfolger für den Betrieb gesucht. Die Familie selbst genießt Weihnachten und den Anfang des neuen Jahres im heimischen Treviso die neu gewonnene Freizeit. „Wir machen erst einmal richtig Urlaub“, so Silvana Sanson.
Am Ende der 1. Eiszeit in Kleve erhielten wir eine schöne Hügelkette von Nimwegen bis Bedburg-Hau, die viele Spaziergänger, Kurgäste, Gartenbauer, Künstler und Denker inspiriert hat. Das Ende dieser Eiszeit wird wieder langlebige Spuren hinterlassen. Ich erinnere mich an viele Gespräche weltverändernden ZIeles dort. Die Weltveränderung ist natürlich ausgeblieben, aber die Erinnerung an die vielen Treffen in der Eisdiele nach Unterricht, Veranstaltungen oder Ausflügen bleibt ewige Nahrung der Seele