Walter Flinterhoff, 1922-2013

Logo von Flint
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reduce to the max, sagen die Engländer - noch ein Flint-Werk
reduce to the max, sagen die Engländer – noch ein Flint-Werk

Vor zwei Jahren legte er den Zeichenstift endgültig aus der Hand, nun ist er friedlich entschlafen: Walter Flinterhoff, langjähriger Karikaturist der Grenzland Post, starb in der Nacht zu Donnerstag, wenige Tage vor seinem 91. Geburtstag. Er selbst nannte sich in aller Bescheidenheit Gebrauchsgrafiker, und der Zufall fügte es, dass der Klever Unternehmer Heinz Sack heute in seiner Pressekonferenz (siehe Bericht hier) darauf hinweisen konnte, dass das Logo seines Unternehmens (siehe oben) die erste Auftragsarbeit des 1922 in Wesel geborenen Künstlers gewesen ist – und ihn nun überdauern wird. kleveblog, ein Medium, das in seiner nunmehr siebenjährigen Geschichte so ziemlich alles und jeden einmal aufs Korn genommen hat, hatte sich auch einmal näher mit Flinterhoffs Werk beschäftigt – hier, zu seinem ehrenden Gedenken, das launige Werk von damals:

1000 Meisterwerke: „Teures `Licht-Bild`”
rd | 04. August 2010, 12:24 | 17 Kommentare

Versatile Verse voller urdemokratischer Verve

Versatile Verse voller urdemokratischer Verve

Der ganz der regimekritischen Dichtung der Spätrenaissance verhaftete Lyriker Walter Flinterhoff, ein Mitglied der Gruppe 1848, hat mit seiner neuen Text-Bild-Collage „Teures `Licht-Bild`” ein Werk geschaffen, dessen Platzierung unten links auf der Seite B6 Lokale Kultur mit spielerischem Undersstatement vergessen macht, dass der Meister hier in nur 20 Zeilen in Vollendung das kosmische Hintergrundrauschen seiner lokalen Heldenverehrung zu einem theokratischen Big Bang kulminieren lässt.

Flinterhoff, einer der wenigen Menschen, der noch persönlich mit Thomas Mann Pannini-Bilder der Weimarer Klassik getauscht hat, beweist einmal mehr mit sentimentalen Versen voller Lumineszenz, reminiszenter Fluoreszenz und luzider Transzendenz, dass Satire kein scharfes Schwert sein muss und auch kein albanischer Krummdolch, sondern subversive Wirkung auch dann entfalten kann, wenn sie daherkommt wie ein Pashminaschal, der so lange den Hals umschmeichelt, bis jemand auf die Idee kommt, an beiden Enden zu ziehen.

Mit der ihm eigenen nonchalanten Contenance durchpflügt der hölderlingleich in einer Kemenate in der ehemaligen Herzogstadt Kleve lebende Künstler dabei den gesamten Kanon der abendländischen Kulturgeschichte von der alttestamentarischen Genesis bis zum Bundeslied für den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein.

In seinem Gedicht thematisiert und problematisiert Flinterhoff den vom Klever Bürgermeister Theo Brauer aufgebrachten Plan, die Emmericher Rheinbrücke nachts zu illuminieren und adaptiert zunächst mit urdemokratischer Verve die Gefühle der Menschen, die angesichts des Lichterspektakels „zur Begeist`rung neigen”, dann aber mit der Zeche konfrontiert werden und folglich „verwundert” dreinschauen.

Probleme, Probleme, Stagnation, ein Sinnbild der gesellschaftlichen Situation Deutschlands zu Beginn des 21. Jahrhunderts – bis in Paraphrase der Verse 1,3-4 der Schöpfungsgeschichte eine starke Hand ins Bild tritt, einen Schalter betätigt und somit sinnbildlich sagt: Es werde Licht.

Nuancenreich variiert Flinterhoff das Thema der Genesis: „Herr Brauer… sieht das Problem, … wird aktiv… und schaltet.” Schalten und walten. Spalten und falten. Und bloß nicht halten. Es ist das Bild eines pluri- wenn nicht gar omnipotenten Kommunalpolitikers, das hier vor unserem geistigen Auge heraufzieht.

„Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will”, heißt es im Bundeslied für den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein von 1863. Es ist mehr als nur eine bittersüße Ironie der Geschichte, dass der Künstler hier einen Christdemokraten zeigen lässt, was ein starker Arm wirklich zu leisten im Stande ist.

Doch Flinterhoff wäre nicht Flinterhoff, wenn nicht in die Dekonstruktion seiner Verse dem Leser noch eine maliziöse Pointe zu bieten hätte: „Sonst geht am Ende etwas schief”, lässt er sein Poem ausklingen und rekurriert damit zweifelsohne auf den größten deutschen Dichter, Johann Wolfgang von Goethe, der sich in der allerspätesten, prämortalen Phase seines Schaffens auch intensiv mit dem Thema Licht beschäftigte. Er wollte „mehr Licht”. Das Ende ist bekannt.

Das Finale furioso eines großartigen Gedichts. Das Original, mit einer abgewetzten Triumph-Adler in chlorfrei gebleichtes Büttenpapier gehackt, wird demnächst bei eBay versteigert. Alternativ tauscht der Autor es auch gegen eine Glühbirne (40 W) ein. Danke, weiter Fenster auf!

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5 Kommentare

  1. 2

    Seit einigen Jahren arbeite ich neben meiner Tätigkeit als Künstler u.a. auch als Arzt in der Blutspendezentrale Niederrhein mit Dependancen in Emmerich (Willibrordstr. 1) und im St. Josef-Hospital Xanten.

    Schon eine ganze Weile habe versucht herauszubekommen, wer das wunderbare Logo der Blutspendezentrale entworfen hat. Ich habe in all den Jahren kein besseres Logo im Blutspendewesen gesehen, daher wollte ich unbedingt wissen, wer das Logo gemacht hat.

    Vor drei Wochen bin ich dahinter gekommen. Es war Walter Flinterhoff.