Ungeduckte Häuser mit Alufelgen

… und ich dachte noch, dass Hintzen den Anfang gemacht hatte, der Klever Traditionsbuchhändler, der sich von Professor Hannes Hermanns einen sehenswerten Buchladen mit ausgesuchten Details hatte planen lassen. Es wurde bekanntlich ein Laden fernab vom Mainstream, der sich nicht nur mit seinen wertigen Materialien vom Ladenbau-Einheitsbrei abhebt. Tief innen in mir fühlte ich, dass Hermanns‘ Hintzen-Bau dem Städtebautheoretiker Vittorio Magnano Lampugnani das Wort zu reden scheint, der ja bekanntlich eine Modernität des Dauerhaften und eine ästhetisch nachhaltige Architektur ohne modernistische Extravaganzen forderte. Wie ich meine Gedanken so kreisen ließ, fiel mir auf, dass immer weitere Geschäftsumbauten hinzukamen, aber immer nur einzelne, so wie Verhuvens aufwändig saniertes alltours-Haus an der Hagschen Straße.

Ein Tür, eine Tür!
Ein Tür, eine Tür!
Mit diesen Gedanken im Gepäck bestaunte ich die von Architekt André Lemmens geplante gelungene Sanierung des Geschäftes Ecke Gerwin/Große Straße, in dem das Konfektionsgeschäft Marc O’Polo eine Filiale eröffnet hat. Ich erkannte sofort, dass Lemmens den schlichten Bau von der breiten Dachblechkante mit Stehfalz, die das Haus so duckte, befreit hatte und stattdessen die Fassade mit einem schmalen Alurand rahmte. Bei näherer Betrachtung wurde ich der Wärmedämmfassade gewahr, in die der Bau verpackt wurde, doch mit wohligem Schaudern notierte ich, dass der Putz so strukturiert und gestrichen wurde, dass er wertvoller erscheint. Als ich dann auch noch erblickte, dass die Werbung zurückgenommen wurde, übrigens so, wie es schon zu Manfred Palmens Zeiten als Stadtdirektor angeregt wurde, erkannte ich, dass dies den Bau weiter aufwertet, weil keine breite, unförmige Vordach-Werbe-Borde die Hausfassade zerteilt wie an vielen anderen Gebäuden. Und ganz am Ende staunte ich, dass der Eingang kein Loch in der Häuserzeile ist, sondern eine aufwändig gestaltete Tür. Kein Loch, eine Tür!

Und gerade, lieber Leser, wollte ich all dies in einen schönen Beitrag gießen, als ich den Lokalteil der Rheinischen Post aufschlug und auf Seite C5 entdeckte, dass Matthias Graß mir exakt diese Gedanken vorweggenommen hatte. So ein Mist! Und ich hatte mich schon so auf meine Exklusivgeschichte gefreut. Nun aber überlasse ich voller Hochachtung dem Kollegen das Terrain:

Peaches & Lemmens
Peaches & Lemmens
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31 Kommentare

  1. 31

    @ 18. Fisch :
    ### Gehört die Rückseite nicht mehr zu diesem Gebäude? ###
    offenbar erst ab ca. 2,50m Höhe.
    darunter ?
    DenkMalSchutz ?
    😉

     
  2. 28

    Udo, wenn du Bello den (G)gefährlichen, mit seinen „absoluten“ Ansichten fragst, in Kleve frägst, wird er dir ins
    Ohr schnaufen, meist sind deine kurzen Statements ok., aber nun bemühe dich, auch wenn es schwer fällt,
    dem Post von Max nicht zu widersprechen.

     
  3. 27

    @Udo
    Der Weg kann das Ziel sein?
    Ohne Worte wäre dieser Blog so dumm wie weißes Papier!

    „Wer nicht denken will fliegt raus.“
    Respekt vor Anderen und Andersdenkenden ist aller Anfang Anfang…

     
  4. 26

    So, wie ich persönlich die Arbeiten zwischendurch immer wieder sehen konnte, ist bei mir der Eindruck entstanden, dass bei „In – Out“ – Wechsel, kurzfristig ohne viel Aufwand wieder nach dem jeweiligen Trend, umgestaltet werden kann.

    Eigentlich nichts Aufregendes…………..

     
  5. 25

    @20 Max Knippert

    Danke Max. Ich hatte zwischenzeitlich danach gegoogelt und wurde auch fündig. Ich kann nun nachvollziehen, was mit „Häusern mit guten Manieren“ gedacht ist.

     
  6. 23

    @20, Max Knippert,

    de Botton sagt bzw. schreibt u.A. auch, dass die Proportionen des Außenraumes mit den Proportionen des
    Innenraumes überein zu stimmen haben. Wäre das immer so gegeben, gäbe es zumindest in Kleve noch
    Höhlenwohnungen.

    Attribute für das neue Hotel in Kleve, an dieser Stelle, so wie es dort steht, fallen mir ohne die Gefahr einer
    Beleidigungsklage zum Opfer zu fallen, -vorsätzlich- nicht ein.

     
  7. 22

    Ich find dieses Thema überbewertet, Architektur im 2100 Jahrhundert ist überflüssig. Die Menschen wollen irgendwo, einigermaßen wohnen. Diese schöngeistigen überflussansprüche gibt es nur noch in der deutschen Provinz

     
  8. 21

    man kann auch hier jeden Pups als Eigenwerbung – kleckernundknippern zeigen
    nicht texten – zeigen – vorher – nachher
    nur Ergebnisse zeigen

     
  9. 20

    @Helmut

    „Häuser mit guten Manieren” sind für mich die bildhaft übertragenden menschlichen Attribute oder Charaktereigenschaften von aalglatt bis zynisch. Als Gedankenspiel können wir ja mal ein paar Attribute für das neue Hotel suchen. Ist es beispielsweise großmutig oder eher großspurend?

    Ein wunderbares Buch über die Sprache der Architektur ist Glück und Architektur – Von der Kunst, daheim zu Hause zu sein – von Alain de Botton. Bei Hintzen und nur bei Hintzen für 13,95 zu haben.

    Darin finden sich Sätze wie; „Wir schulden es den Feldern, dass unsere Häuser dem Vergleich mit jenen jungfräulichen Land standhalten, das ihnen weichen musste. Wir schulden es den Würmern und den Bäumen, dass die Gebäude, durch die sie vertrieben wurden, uns auf höchste und klügste Weise Glück versprechen.“

     
  10. 17

    Eine tolle Fassade, dennoch nicht die EIgenleistung des Architekturbüros Lemmens. Hier waren, meines Wissens nach Firmen von Marc O’Polo mit involviert – vorallem bei der Marc O’Polo Fassade. Die Eingangstüre ist eine Marc O’Polo Türe die bei jedem store zu sehen ist.

    Aber ein Lichtblick in der Fußgängerzone Kleve!

     
  11. 16

    @ 13. Martin,

    stimmt leider alles, auch an eure Sitzecke erinnere ich mich noch gut. Vielleicht gibt es ja doch noch Hoffnung zur Muße.

    Bedenke, in nahezu jedem Pfeifen-Laden, Laden für Pfeifen klingt auch nicht schlecht, gibt es -was- zum Lesen 🌄.

     
  12. 14

    @12 Max Knippert

    Sag mal, Max: Was sind denn „Häuser mit guten Manieren“?

    Diese Ausdrucksform habe ich ja noch nie gehört…

     
  13. 13

    @ rd / mgr :
    ### dass der Eingang kein Loch in der Häuserzeile ist, sondern eine aufwändig gestaltete Tür. Kein Loch, eine Tür! ###
    Habe den UmBau mit Interesse verfolgt.
    Beeindruckend, wie aufwendig das Haus wortWörtlich grund-legend renoviert worden ist.
    Das Design gefällt mir überwiegend.
    Der Eingang ist schön groß und breit
    – nur : wohin führt er ?
    Wie auch auf dem Foto zu erkennen :
    In eine dunkle Höhle.
    Wann wird Beleuchtung installiert ?

    @ 3. otto :
    Als unsere Eltern Ende ’50 ihre beiden Klever Filialen in der BuchHandlung auf der Kavariner Straße zusammenFaßten,
    wurde der Raum „oben“ ( auf der „Galerie“ ), rechts, als SchmökerEcke eingerichtet.
    mit bequemen Sesseln.
    Anfangs wurde das gut angenommen,
    doch Ende der 60er änderten sich die VorLieben der Kunden :
    Niemand saß noch dort, um gemütlich zu schmökern.
    Der Raum wurde deshalb zum „normalen“ Laden umgestaltet.
    Am Gocher StammSitz die gleiche Entwicklung.
    Die Bielefelder Filiale ( ca. ’67 ) wurde gleich rein auf Verkauf ausgelegt.

    01 eröffnete Grüttefien ( nordDeutsche BuchHandelsKette aus Varel ) in Bielefeld, BahnHofStraße x JahnPlatz,
    eine gigantisch erscheinende BuchHandlung mit 2.000m² über 3 Geschosse.
    Das oberste lud mit großen Tischen Studenten zum Arbeiten ein.
    In ZwischenEtagen gab es SitzEcken zum Schmökern.
    ( Ähnliches habe ich in keiner anderen Grüttefien-Filiale gefunden. )
    Im 1. OG ein Café mit Blick auf den JahnPlatz.
    NennensWert angenommen wurden alle 3 Bereiche nicht.
    Insgesamt kränkelte der Laden allerdings an mehreren PlanungsFehlern.

    Schräg gegenÃœber, am ObernTorWall, „brummte“ die nur gut halb so große Talia-BuchHandlung.
    ohne SchmökerEcke.
    ohne ArbeitsBereich.
    ohne Café.

    Inzwischen ist Grüttefien komplett von Talia geschluckt worden
    ( und Talia hat eigene Probleme ).
    In Bonn ist das ehemalige „Metropol“Kino zu einem Talia-„FlagShipStore“ umgebaut worden.
    extrem aufwendig.
    seeeehr schön.
    wirklich beeindruckend.
    Von den SitzPlätzen des ehemaligen Balkons
    ist die erste Reihe erhalten geblieben
    und soll zum Schmökern animieren.
    EinerSeits interessant durch den Blick hinab ins EG,
    andererSeits m.E. zu nah am Trubel ringsUm,
    soDaß ich dort nicht in Ruhe lesen könnte.

    Als das Loop5 ( WeiterStadt, Hessen ) eröffnete,
    hat Talia groß getönt,
    dort ein völlig neues Konzept zu verwirklichen.
    Es ging dabei um „neue“ Medien.
    Außer schönen Worten waren’s ein paar vereinsamte Plätze,
    um dort onLine im Talia-Katalog zu stöbern.

    Ich will nicht ausschließen,
    daß eines Tages Kunden wieder Stöbern und Schmökern wollen.
    z.B. gibt es etliche Versuche, eine BuchHandlung mit einem Café zu verbinden.
    Ideen zu haben und zu testen ist gut.
    Nur habe ich bisher noch keine gefunden, die funktioniert.

    @ 10. Kle-Master :
    Ich glaube, ein paar Kilo aus der Apoteke reichen dazu nicht.
    Dazu braucht es eher schon ein Studium “ Architecture Communication trotz IchWeißNix „.
    😉

     
  14. 12

    Schöner Beitrag und immer wieder erstaunlich mit wie wenig Handgriffen ein optisch gutes Ergebnis zu erzielen ist.

    Jedoch den bekannteste und profilierteste Architekturhistoriker Europas in Kleve angekommen zu sehen zeigt zwar den Anspruch von Kleveblog aber eine Schwalbe macht noch keinen Frühling und ein paar Meter Alu ist keine Stadtplanung.

    Städte werden nur noch um das Auto herum gebaut und schon komme ich über Tiefgarage wieder zu meinem Steckenpferd.

    Michael Mönninger schreibt über Lampugnani Buch „Die Stadt im 20. Jahrhundert“
    „…muss man ihm großen Respekt vor diesem disziplinierten Gewaltmarsch durch das Jahrhundert des Geschichtsekels und Nachahmungsverbots zollen.“

    Dies macht den baukulturellen Bruch deutlich, den man an nahezu jedem Klinker sehen kann.

    „In seinem Referat: „Zwei oder drei Dinge, die ich von ihr weiß. Persönliche Gebrauchsanweisungen zur zeitgenössischen Stadtplanung“ hat Lampugnani fünf Bedingungen angesprochen, die seiner Ansicht nach für einen guten modernen Städtebau entscheidend sind:

    1. Ein kluges Programm (Mischung der Nutzungen);
    2. Ein System von vielfältigen und qualitätsvollen Stadträumen (Straßen, Plätze, Parks);
    3. Eine Vielfalt von urbanen Architekturen (Häuser mit guten Manieren);
    4. Ein enges Beieinander von Menschen, Häusern und Ideen (ausgewogene Bewohner- und Bebauungsdichte, Projekt- und Gestaltungsreichtum);
    5. Ein kompromissloses und respektvolles Zusammenspiel von Entwurf und Politik (wahrnehmend der Bauherren-Verantwortung, undemagogische Partizipation).“

     
  15. 11

    @4 Sparkangiruh 44Dj,
    na, dann haben sie ja größte Chancen sich ein Zweitbuch zuzulegen.Der Trend geht eindeutig zum Zweitbuch…. allein schon wegen der Symmetrie im Schrank.

     
  16. 10

    In dem Beitrag fehlt nur noch die Beschreibung der Apotheke, wo man das Zeug kriegt, das man vor der Schreibung des Beitrags einnehmen muss.

     
  17. 9

    …auf meiner „Fassade“ prangt meistens ein großes „V“, manchmal auch am Ärmel 😉

     
  18. 8

    @ rd

    …und …. wie der Stand der Dinge ist, werde ich – bei aller Hochachtung – nicht in die Blogs tragen ….

     
  19. 7

    @ 6

    rd

    Da sollte man sich nicht drängen lassen, besonders nicht von Mitmenschen, die eine große Schadenfreude hätten, wenn man juristisch nicht alles abgeklärt hätte. Und von denen gibts eine Menge …. denken Sie an den Spruch in meinem Lokalkompass-Steckbrief: die einen kennen mich, die anderen ………..
    Ãœbrigens: ein Steakhouse entsteht auch im Ortsteil Hasselt ….

     
  20. 4

    Ich hörte von einem Plan, in Bedburg-Hau solle ein Buchladen entstehen …

     
  21. 3

    Architektonisch ist der Hintzen-Umbau sicherlich gelungen. Mir fehlt aber die Einladung zum Verweilen, ein
    charakteristischer Bestandteil vieler, gut sortierter Buchhandlungen.

    Eine wunderbare Buchhandlung fand ich z.B. in Konstanz, ohne ein Buch verließ kaum ein Besucher dieses
    schöne Geschäft. Kleine bequeme Stühle mit entsprechenden Tischen luden zum Vor- o. Nachlesen ein, es fiel
    schwer, diese Buchhandlung zu verlassen.

    Ob sich so etwas auch in Kleve einrichten lässt, jetzt wo Kleve Hochschulstadt ist?.

    Diese Gestaltung einer Buchhandlung, so sehe ich das zumindest, liegt außerhalb des Mainstreams, es ist
    ein unverzichtbares Teil, um in Ruhe das Buch zu finden, was man gerne haben möchte oder was >unvorhergesehen< und rein zufällig genau DAS ist, was fehlt.

     
  22. 2

    „Die Kunst liegt im Detail“, so erklärte es mir vor einigen Dekaden mein Lehrherr.

    Zuletzt habe ich in Goch gelungene Fassadensanierungen gesehen: Brillen Küppers in der Einkaufsstraße (Voßstraße) ebenso wie Hörgsysteme Pohland in der Steinstrasse. Die hier in Kleve in Rede stehenden Fassaden finde ich gut, wenngleich ich die Fassade des schwedischen Modehaus noch nicht gesehen habe. Bin wohl zu sehr mit „eigenen“ Fassadenplanung beschäftigt….

     
  23. 1

    Die positiven Bewegungen im Lokalteil der RP sind schon augenfällig. Gibt es hier inzwischen eine Distanz
    zur örtlichen Alterstums-Politik, oder hat sich die geistige Verfassung der Redakteure gewandelt, oder ist
    man in Düsseldorf aufmerksam geworden, oder……….