Tödliches Autorennen in Moers: Mordanklage beim Landgericht eingegangen – 612 gegen 550 PS…

Der Unfall schockierte im Frühjahr die Öffentlichkeit, jetzt ist die Anklage beim Landgericht Kleve eingegangen: Die Staatsanwaltschaft wirft zwei Männern (21, 22) die Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge vor, dem 21 Jahre alten Mann zusätzlich Mord. Er war laut Anklage mit einer solchen Wucht auf den Kleinwagen einer Frau aufgefahren, dass diese trotz umgehender Notfallbehandlung verstarb. Judith Gottwald, Sprecherin des Landgerichts: „Die zuständige Kammer (Schwurgericht) wird nach Ablauf der Stellungnahmefrist über die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen die zwei Angeschuldigten (und über etwaige Termine) entscheiden.“ Der 21-Jährige befindet sich in Untersuchungshaft.

In der Anklage finden sich schockierende und verblüffende Zahlen zu der Geschwindigkeit, mit der der Unfallfahrer unterwegs war, sowie zur Leistungsstärke der beiden Fahrzeuge, die bei dem Rennen zum Einsatz kamen – eine Motorisierung, die eigentlich für sich genommen schon ein Skandal ist. Demnach verfügte der Mercedes-AMG E 63 S über eine Motorleistung von mindestens 612 PS, der Konkurrent steuerte einen Range Rover Sport, dessen Maschine laut Anklage mindestens 550 PS auf die Straße brachte. Um sich den Wahnsinn (der auf deutschen Straßen grundsätzlich erlaubt ist) vorzustellen, stelle man sich also am besten eine von 612 Pferden gezogene Kutsche vor und eine weitere, vor der 550 Pferde eingespannt sind. Wer braucht das? Der Unfallfahrer war laut Gutachten mit mindestens 167 km/h unterwegs – innerhalb einer geschlossenen Ortschaft. 

Hier die Pressemitteilung im Wortlaut:

„Laut Staatsanwaltschaft trugen die beiden Männer am späteren Abend des 22.04.2019 in Moers im Bereich der dortigen Bismarckstraße ein Beschleunigungsrennen aus. Der 21-jährige, der über keine Fahrerlaubnis verfügt haben soll, soll einen Mercedes-AMG E 63 S (Motorleistung min. 612 PS), der 22-Jährige einen Range Rover Sport (Motorleistung min. 550 PS) gesteuert haben. Auf einem Parkplatz eines nahegelegenen Supermarktes sollen sie zunächst die Motoren ihrer Fahrzeuge im Leerlauf in hohe Drehzahlbereiche drehen lassen haben, um dadurch eine möglichst erhebliche Lautstärke zu erzeugen und die Leistungsstärke ihrer Fahrzeuge zu demonstrieren. Anschließend sollen sie das Rennen ausgetragen haben, bei dem sie – trotz Dunkelheit – ihre Fahrzeuge unter Volllast beschleunigten. Der 21-jährige AMG-Fahrer soll hierbei (auch) die linke (Gegen)Fahrspur genutzt und auf über das Dreifache der zulässigen Höchstgeschwindigkeit (167 km/h) beschleunigt haben. In einem Kreuzungsbereich soll eine 43 Jahre alte Frau sodann mit ihrem Citroen Saxo aus einer untergeordneten Straße in Fahrtrichtung der Angeklagten eingebogen sein. Aufgrund der hohen Geschwindigkeit soll es dem 21-Jährigen nicht mehr gelungen sein, sein Fahrzeug rechtzeitig zum Stillstand zu bringen. Vielmehr soll er mit seinem Fahrzeug in das Heck des Citroens der Frau geprallt sein. Das Fahrzeug soll sodann – aufgrund der großen Wucht des Aufpralls – in ein geparktes Fahrzeug und anschließend gegen einen Baum geschleudert, die nicht angeschnallte Frau aus dem Fahrzeug geschleudert worden sein. Trotz umgehender Notfallbehandlung erlag sie ihren schweren Verletzungen schließlich.“

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12 Kommentare

  1. 12

    Hier gibt es keine Entschuldigung. Zunehmende Geschwindigkeit (z.B. von Gütern oder Informationen) ist Vo·r·aus·set·zung des Fortschritts. Möglicherweise wurde hier seitens Leitindustrien einiges verschlafen. Dem Oberlippenpornobalken sollte man nicht huldigen

     
  2. 10

    @ Chewgum

    Gibt es in Kleve auch. In den letzten Monaten bei schönen Wetter abends auf dem Parkplatz hinter der Berufsschule

     
  3. 9

    Jede Großstadt hat mittlerweile ihre illegale Raserszene. Köln geht mittlerweile mit mehreren Maßnahmen und einer Einsatzgruppe gegen sie vor. Der harte Kern der Raserszene (Leute aus Köln und Umland) besteht aus über 200 Fahrzeugen von 30 bis 35 Fahrern. Das heißt, jeder dieser Fahrer hat im Schnitt jeweils sechs bis sieben Fahrzeuge zur Verfügung.

    Hinzu kommen alle die, die sporadisch oder nur am Wochenende rasen und das sind auch nicht wenige. Ende Juli wurden an einem Abend, an dem auch Innenminister Reul zugegen war, in der Nähe des Tanzbrunnens 212 Fahrer mit einem Verwarngeld belegt und 31 erhielten eine Anzeige, in zehn Fällen kommt wahrscheinlich noch ein Fahrverbot hinzu.

    Was die Arbeit in der Einsatzgruppe für Polizisten bedeutet, liest sich so:
    „Um 1.15 Uhr fiel einem Motorradpolizisten ein silberner Ford, besetzt mit zwei Personen, mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit auf der Opladener Straße in Köln-Deutz auf. Dabei fuhr der Fahrer zunächst in den Gegenverkehr, überholte den Polizisten und scherte vor ihm wieder ein. Er prallte auf eine gepflasterte Mittelinsel und fuhr mit dem stark beschädigten Ford in Richtung Lanxess-Arena davon. Der Beamte nahm die Verfolgung auf. Im Rahmen der Verfolgung schnitt der Fahrer kurz vor der Deutz-Kalker-Straße den Motorradpolizisten und verursachte dabei einen leichten Zusammenstoß, welcher nicht zu einem Sturz des Motorradpolizisten führte. Der Flüchtige bog anschließend in den Reitweg ab, sprang bei laufendem Motor aus dem Fahrzeug und lief in Richtung Betzdorfer Straße. Die ebenfalls flüchtende Beifahrerin holten Polizisten an der Straßenbahnhaltestelle „Technische Hochschule“ ein. Erste Ermittlungen ergaben, dass der Ford am 14. Juni 2019 außer Betrieb gesetzt wurde. Die am Fahrzeug angebrachten Kennzeichen wurden erst wenige Tage zuvor am 24. Juli 2019 als gestohlen gemeldet. Der Flüchtige konnte zwischenzeitlich identifiziert werden. Der 29-jährige Unfallverursacher ist nicht im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis. Polizisten stellten den Ford sicher und erstatteten Strafanzeige.“ (www.koeln.de)

    Bei den Rasern soll es sich übrigens häufig um Fahranfänger handeln, die sich auffällig stark mit ihrem Fahrzeug identifizieren und ihre Fahrfähigkeiten überschätzen. Viele wohnen noch bei den Eltern. Selbstdarstellung spielt eine große Rolle, unabhängig von der Herkunft. Videos von Fahrten werden nicht selten im Internet veröffentlicht.

    Manche Autos werden tageweise gemietet oder durch eine mehr oder weniger kostenlose Tageszulassung genutzt. Andere sind schlicht geleast, z.B. ein 180 PS-Auto für 100 Euro monatlich. Das ist leider für viele machbar.

     
  4. 8

    Und immer das gleiche Problem…. toxische Männlichkeit, mal wie hier tötlich oder auch mal so:
    https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/credit-suisse-und-ubs-kabale-am-zuerichsee-a-1289945.html
    Warum muss ich jetzt bloß an Trump, Johnson, Putin usw. denken…. ?
    Und wie wird eine Gesellschaft dieses Männlichkeitsproblem (soziales Konstrukt! – also auch bei einzelnen Frauen zu finden) los? Falls eine Gesellschaft das überhaupt will. Bei der Fokussierung auf und Bewunderung von (selbsternannten)“durchsetzungsstarken“ „Heroen“ und deren Auftreten, habe ich da meine Zweifel.

     
  5. 7

    Die Nationalität sollte in einer demokratischen Urteilsfindung keine Rolle spielen. Man kann nur in das Urteilsvermögen vertrauen.

    Die Hinterbliebenen der getöteten Frau sind zutiefst zu bedauern! Den Schmerz über diesen tragischen Verlust eines Menschen, kann man nicht in Worten ausdrücken.
    Mein Beileid!

     
  6. 6

    @KleverCompliance Die Vornamen der beiden Fahrer waren in einem Artikel der Bild-Zeitung erwähnt, und sie deuten auf einen Migrationshintergrund hin. Woher Menschen Anfang 20 die Liquidität haben, solche Fahrzeuge zu führen, ist aber unabhängig von der Herkunft eine berechtigte Frage. Beantworten kann ich sie nicht, aber dafür gibt es dann ja den Strafprozess.

     
  7. 5

    @3 rk: Hier wird nicht mit PS-Zahlen um sich geworfen und Schwachsinn ist das schon gar nicht. Meinen Sie, die beiden Helden wären mit einem untermotorisierten VW-Bus mit 167 Km/h durch die Innenstadt von Moers gerast, nachdem sie vorher ihre 67 PS starken Boliden auf dem Parkplatz eines nahegelegenen Supermarktes in hohen Drehzahlbereichen haben laufen lassen? Sie ahnen es sicher. Wohl eher nicht.
    Für das Gericht wird es sehr erheblich sein, wieviel PS die jeweiligen Fahrzeuge hatten. Es ist nämlich sehr wichtiges Indiz dafür, was die Fahrer „fahrlässig“ billigend in Kauf genommen haben und was nicht! Und daher ist es auch sehr wichtig, dass die Öffentlichkeit diese erheblichen Tatsachen erfährt. Das Gericht wird sicherlich zu einem anderen Urteil kommen, wenn es die Tatsache vorgetragen bekommt, dass die Fahrzeuge der Angeklagten leistungsstark und somit darauf ausgelegt waren, dieses Rennen zu fahren, als wenn der Unfall von einem Gemüselieferanten in seinem untermotorisierten VW-Bus verursacht worden wäre, nachdem dieser erfahren hat, dass seine kranke Mutter auf dem Totenbett liegt. Verstehen Sie?

    Was mich aber interessieren würde: 21 Jahre und 22 Jahre, AMG E-63 S und Range Rover Sport – es handelt sich in beiden Fällen um Fahrzeuge, welche wohl eindeutig über den „normalen“ Möglichkeiten von 21 und 22 jährigen liegen dürften? Es hört sich hoffentlich nicht vermessen an, aber die Nationalität der beiden Beschuldigten würde mich mal sehr interessieren.

     
  8. 4

    Den armen Betroffenen dürfte es egal sein ob das Auto nun 85 oder 500 PS hatte.
    Bei dem Motorradschein gibt es eine Leistungsdrossel um solch postpubertäre Idiotie zu unterbinden.
    Vielleicht sollte man dies auch für den B Führerschein in Erwägung ziehen.
    Allerdings muss man ehrlicherweise sagen das der Unfall mit einem untermotorisierten VW Bus auch nicht anders ausgegangen wäre …
    Das hier mit PS Zahlen um sich geworfen wird ist doch schon Schwachsinn und pure Angstmacherei …aber scheint im journalistischen Konzept gut zu funktionieren …auf dem gleichen NIveau wie die omnipräsente Tageszeitung aus dem Springer Verlag…..
    Mein Beileid gilt den Hinterbliebenen …..

     
  9. 3

    @G. H.
    Ihrer Einschätzung kann ich nicht ganz folgen.
    Der Prozess wird am Klever Landgericht (Schwurgericht) geführt, das qua Definition für „Delikte des Mordes, des Totschlags, sowie für alle mit dem Tode erfolgsqualifizierten Vorsatzdelikte (Tötungsdelikte) gegeben ist.
    Bei Todesfolge gilt normalerweise eine Freiheitsstrafe nicht unter 3 Jahren.
    Gründe für mildernde Umstände kann ich nicht erkennen, im Gegenteil ….

    @ rd.: Die Sache mit den 550 bzw. 612 Pferden hinkt.
    Ein Pferd leistet durchweg 12 – 15 PS in der Kurzbelastung, über den ganzen Tag hinweg immer noch 2,5 bis 3,5 PS, wenn es kein all zu lahmer Gaul ist.

     
  10. 2

    @GH Warum? Letztens wurden Raser doch sogar wegen Mordes verurteilt, bestätigt durch den BGH.

     
  11. 1

    Ich rechne mit Großzügigkeit der 👨‍⚖️👩‍⚖️ .Der Wert eines Menschen in der heutigen Gesellschaft ? 🤐