Stadionlogik (wir sind reich!)

So, lieber Leser, die Party ist vorbei, der Verein gerettet und wir können uns wieder wichtigeren Dingen zuwenden. Obwohl - einen hätte ich da noch, und zwar den Wortlaut des Vortrags, mit dem Udo Janßen als Fraktionsvorsitzender die Zustimmung der CDU-Fraktion begründet hat:

„Nach langen Beratungen und auch mit Bauchschmerzen, wie ich ehrlich zugeben muss, wird die CDU-Fraktion geschlossen der Drucksache ihre Zustimmung geben und dem Verein beziehungsweise indirekt den Bauherrn den Zuschuss bewilligen.

Was hat uns dazu bewogen zu diesem Beschluss zu kommen?

Alle Fraktionen haben dem Verein im letzten Jahr signalisiert, wenn ihr die Sportförderrichtlinien der Stadt Kleve erfüllt, werden wir wie allen anderen Vereinen in der Stadt Kleve auch den Zuschuss bewilligen. Es gab Irritationen im letzten Jahr – unstreitig -, an denen bestimmt der Verein nicht ganz unschuldig ist (…).

Aber es hat uns weiterhin dazu bewogen: Das Stadion, die VolksBank Arena, ist Eigentum der Stadt Kleve – und bleibt es auch weiter. Der Verein hat dort bislang nur ein Nutzungsrecht, und der Verein erhöht das Vermögen der Stadt Kleve auch durch seinen Eigenanteil, den er in die Sanierung und Renovierung des Stadions, der Anlage Welbershöhe, einbringt, und das um einen Betrag von rund zwei Millionen Euro.

Des weiteren haben wir in die Vergangenheit geschaut und haben geguckt, was andere Sportvereine, ob Fußballvereine, Judovereine, Tischtennisvereine, wenn sie nach den Sportförderrichtlinien zu unterstützen waren, an Unterstützung erhalten haben. Diesmal haben wir natürlich das Problem gehabt, dass der Betrag mit 1,4 Millionen natürlich sehr, sehr hoch war. Ein solcher Betrag war bis dato nie beantragt worden. Bis dato kannten wir meistens nur Beträge im drei-, vier oder kleineren fünfstelligen Bereich, mit Ausnahme der Baumaßnahme eines Fußballvereins 2005 in der Niederung mit dem Bau eines neuen Klubhauses. Dafür hat es auch mehrere hunderttausend Euro an Baubeiträgen seitens der Stadt gegeben.

Alle diese jetzt vorgetragenen Gründe haben dazu geführt, dass wir sagen, unter den engen Voraussetzungen, die die Drucksache hier in den Punkten eins bis zwölf aufgeführt hat, das hat uns in der Meinung bestärkt, dass wir dem Verein in drei Raten den Zuschuss gewähren. Aber eigentlich ist es kein Zuschuss an den Verein, es ist ein Zuschuss an alle Bürgerinnen und Bürger, weil das Vermögen der Stadt Kleve eigentlich mit Umbaumaßnahme um über drei Millionen Euro gesteigert wird. Herzlichen Dank.“

So weit die dreimütigen Ausführungen des Vorsitzenden der Mehrheitsfraktion. Nun ist das mit dem Vermögen ja so eine Sache. Die Stadt Kleve könnte mir ja auch für 3 Millionen Euro einen neuen Kühlschrank kaufen. Ich würde ihn nutzen, aber selbstverständlich würde das Gerät im Eigentum der Stadt verbleiben. Die könnte natürlich sagen: Uns geht’s gut, schließlich haben wir in unserer Bilanz ja noch den Aktivposten „Sachvermögen: Kühlschrank: 3 Millionen Euro“. Das böse Erwachen kommt dann, wenn der Kämmerer im Klever Wochenblatt die Kleinanzeige aufgibt: „Kühlschrank, wenig gebraucht, zu verkaufen. Preis: 3 Millionen Euro“. So ähnlich verhält sich die Sache mit mit dem Stadion. Aber nun gut: Wenigstens bekommen die Handwerksbetriebe jetzt ihr Geld…

Etwas anderer Ansicht als Udo Janßen war Siegbert Garisch (Grüne), der Fraktionssprecher der Grünen:

„Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren,

wir diskutieren jetzt seit annähernd einem Jahr über den Zuschuss, es hat zahlreiche Gespräche gegeben, es hat Zwischenstände gegeben, es hat Panikattacken gegeben, Brandbriefe, ganz viele Pressemeldungen, es hat seitens des Vereins Insolvenzankündigungen gegeben, es war eine sehr leidige Geschichte dieses Antrags, den wir ja auch erst seit kurzer Zeit vorliegen haben.

In dieser Zeit – und da möchte ich jetzt auch ganz deutlich eine Lanze für die Verwaltung brechen (und komme da Herrn Rütter zuvor) - diese Arbeit mit dem Skalpell, die sich ja in der Drucksache widerspiegelt, ist wahrscheinlich der einzig gehbare Weg, einen Zuschuss zu gewähren, wenn man ihn denn gewähren will.

Insofern ist die Frage: Wollen wir im Rahmen von Sportförderung hier im Stadtgebiet Kleve in dieser Größenordnung, bei der es gar nicht mehr um Sport geht, sondern auch in der Argumentation des FC Kleve geht es ja um Marketing, es geht um die Marke Kleve, um die Marke FC, all das haben wir gelesen, es hat nichts mit Sport zu tun, es hat was mit Geschäft zu tun, es hat was mit Wirtschaftsförderung zu tun, es hat was mit Stadtmarketing zu tun, und irgendwo ist der ganzen Geschichte, um es mal in Anführungsstrichen zu sagen, die Sportfördersatzung vergewaltigt worden.

Wir haben in unserer Fraktion sehr kontrovers diskutiert, und da wir grundsätzlich eine Partei sind, die auch die Entscheidungsfreiheit jedes Abgeordneten zulässt, gibt es wahrscheinlich kein einheitliches Bild. Wir haben auch keine Probeabstimmung gemacht, aber ich glaube vor dem Hintergrund der intensiven Beratungen, die wir gehabt haben, auch gerade noch mal in nichtöffentlicher Sitzung, ist es angemessen, dass wir eine geheime Abstimmung beantragen.“

NÖ: Wir müssen leider draußen bleiben
NÖ wie nichtöffentlich: Wir müssen leider draußen bleiben
Gespannte Atmosphäre vor dem Anpfiff (u. a. mit UDS, Lucia Engelen und Georg Kress (r.)
Gespanntes Warten (u. a. mit UDS, Lucia Engelen und Georg Kress (r.)
Tribüne ausverkauft: Der FC-Vorstand in der ersten Reihe
Tribüne ausverkauft: Der FC-Vorstand in der ersten Reihe
Wenn der Saal abgerissen wird, hätte ich gerne die Lampen (ein paar)
Wenn der Saal abgerissen wird, hätte ich gerne die Lampen (ein paar)
Möchte irgendjemand was sagen?
Möchte irgendjemand was sagen? Die SPD jedenfalls nicht. Warum auch?
Dank in Vorbereitung: Vereinschef Uwe Dönisch-Seidel
Dank in Vorbereitung: Vereinschef Uwe Dönisch-Seidel

Deine Meinung zählt:

10 Kommentare

  1. 10

    @ralf.daute

    Dann bleibt nur noch die Frage, ob Udo Janssen irrt oder ob er lügt?

    Aber eins ist sicher, er hätte nur Bauchschmerz gehabt wenn der Zuschuss abgelehnt worden wäre.

     
  2. 9

    …Die Klever sind größenwahnsinnig geworden unter dem Motto:
    “ von Andermanns Leder ist gut Riemen schneiden“

     
  3. 7

    Wenn ich die Argumentation des Herrn Udo Janßen lese, bekomme ich auch Bauchschmerzen.

    Diagnose : Diarrhoe

    Gut Schuss + bis neulich

     
  4. 6

    @ralf.daute

    Wenn das die Originalworte von Udo Janssen waren, dann irrt er oder er lügt. Aber als Steuerberater müsste er es eigentlich besser wissen.

    Das Stadion gehört sicher der Stadt Kleve aber die neue Tribüne wird als Anlagevermögen in der Bilanz des FC Kleve geführt. Hier hat kein Vermögenszuwachs der Stadt Kleve stattgefunden.

    Rein optisch ist das Stadion jetzt sicher hochwertiger, aber welche Verträge gibt es eigentlich zwischen dem Verein und der Stadt Kleve diesbezüglich und bezüglich der Folgekosten (Restausbau, jährliche Wartung, Versicherung, Reinigung, Abbruch in 20 Jahren, etc. etc.) Das findet sich alles nicht in der 5-seitigen Geheimsache.

    Oft werden solche „Randkosten“ sozialisiert und über kleine unaufällige Zugaben gesponsort. Ganz nach de Devise: „Dann schicken wir mal die USK hin und machen dort nach dem Spiel umsonst sauber“.

     
  5. 5

    Die SPD hat nichts gesagt?
    Erschreckend. Immerhin stellt diese Partei den Vorsitz des Sportausschusses. Bei der Bewiligung des höchsten Zuschusses an einen Verein, der je in Kleve gezahlt wurde, ist diese Partei sprachlos. Schande. An der Festlegung der Sportförderichtlinien war die SPD führend beteiligt. Und kann nun zum Antrag nichts sagen?
    Hier wird nur noch nach dem Motto gehandelt. „Augen zu und durch, wer nichts sagt kann auch nichts falsches sagen.“
    Auch wenn ich jetzt dafür ausgeschlossen werde, wer meine Stimme bei der nächsten Kommunalwahl erhält ist noch lange nicht sicher.

     
  6. 3

    Und wenn du den Kühlschrank dann noch mit Leckereien aus der Drunke-Apotheke füllst, wird es für die Stadt ein echtes Schnäppchen.

     
  7. 2

    @Flügelstürmer
    brauch er doch nicht – hast du vergessen – er hat doch seinen überbanker willi heuvens – der macht das schon