Selten Peinliche Drückerkolonne (SPD)

Der Vorsitzende der SPD trägt die Taschenuhr von August Bebel in der Weste und dazu das schwere Päckchen einer knapp 150-jährigen Geschichte einer Partei, die, wenn man sich so umschaut, doch deutlich an Präsenz und Schlagkraft eingebüßt zu haben scheint. Zum Beispiel habe ich keinen Glühweinstand der Klever Genossen in der Fußgängerzone gesehen. Das kann daran liegen, dass die Partei knapp bei der von Barbara Hendricks geführten Kasse ist, weshalb Parteimitglieder in den vergangenen Tagen einen Brief erhielten, in dem das Wörtchen Beitragssolidarität fiel und wie folgt erläutert wurde: »Zurzeit liegt dein Mitgliedsbeitrag bei XY Euro pro Monat. Wir schreiben dich heute an und möchten dich herzlich bitten, deine monatlichen Zahlungen um einen Euro pro Monat anzuheben. Mit diesem Schritt trägst du dazu bei, die Präsenz und Schlagkraft unserer Partei zu erhalten.«

So weit so gut, bitten kann ja jeder. Ich wurde kürzlich an der Haustür auch in ein Gespräch über eine sehr schöne Bibelstelle verwickelt, bat das diskussionsfreudige Pärchen dann aber doch, sein Glück woanders zu versuchen. Allerdings: Was passiert, wenn man auf eine Bitte nicht reagiert? Z. B.: Kannst du bitte die Spülmaschine ausräumen? Man ahnt es: Die Arbeit bleibt an einem selber hängen. Doch in der SPD, sicher auch durch den Einfluss von Carsten Maschmeyer dort, wo sie jetzt ist, weiß man, wie das Problem zu lösen ist – in einem Stil, der einer klassischen Drückerkolonne zur Ehre gereichen würde: Wenn Sie das Probeabo nicht abbestellen, verlängert sich… etc. Analog zu dieser Methode endet der Brief, den die Landesvorsitzende Hannelore Kraft an ihre Schäfchen versandte, mit dem tückischen Satz: »Wenn wir von dir bis zum 31.12.2011 keine Rückmeldung erhalten, werden wir deine monatlichen Zahlungen um einen Euro pro Monat anheben.«

Die Parteimitglieder schäumten, was in den offiziellen Mails dann immer mit »Irritationen« umschrieben wird. Erste Reaktion, ein Akt der Gnade fürwahr, von Barbara Hendricks eingefordert: »Die Schreiben des Landesverbandes zum Thema Beitragssolidarität sorgen im UB Kleve für deutlichen Unmut. Dabei geht es nach meinem Eindruck weniger um das Anliegen als solches, als vielmehr um missverständliche Formulierungen und die als nicht fair empfundene Vorgehensweise. Um den Ortsvereinen die notwendige Zeit zu geben, auf die teilweise verunsicherten Mitglieder aufklärend und besänftigend einzuwirken, beantrage ich eine Fristverlängerung für den Widerruf bis zum Ende des Monats Januar.«

Olaf Plotke, hauptberuflich Leiter des Kuriers am Sonntag und nebenbei noch Ortsvereinsvorsitzender der SPD in Uedem, der als erster die unsauberen Methoden angeprangert hatte, bekam noch eine Extraportion Schelte aus Berlin. In einer Mail, deren Verteilerkreis so groß war, dass sie sogar in Kopie bis zu mir übermittelt wurde, gab B. Hendricks eine Art »Denkanstoß«: »Lieber Olaf, Du solltest Dir überlegen in welchen Verhältnis Deine Rolle als Journalist und Deine Rolle als OV-Vorsitzender zueinander stehen.«

Nun der Auftritt des NRW-SPD-Landesgeschäftsführers: »Liebe Barbara, vielen Dank für deine Mail vom 13. Dezember 2011. Ich bedaure sehr, dass es im Zusammenhang mit unserer Aktion Beitragssolidarität bei einigen Genossinnen und Genossen im Unterbezirk Kleve zu Irritationen gekommen ist. Auf der anderen Seite kann ich missverständliche Formulierungen in unserem Anschreiben nicht erkennen. Wir möchten hinsichtlich der von uns gesetzten Fristen aber denjenigen Genossinnen und Genossen entgegenkommen, die im Zuge unserer jetzigen Aktion ihren Beitrag ändern oder auf dem heutigen Niveau belassen wollen. Damit Änderungen vor dem ersten Beitragslauf Anfang Februar auch erfasst werden können, bitten wir nunmehr um eine Rückmeldung bis spätestens 15. Januar 2012. Ich möchte der Ordnung halber hinzufügen, dass unsere Mitglieder selbstverständlich immer die Möglichkeit haben, ihre Beiträge zu verändern und anzupassen. Das gilt natürlich auch für den Fall, dass sich Mitglieder aus dem Unterbezirk Kleve erst im neuen Jahr dazu entschließen sollten, sich nicht an der Aktion Beitragssolidarität zu beteiligen. Ich hoffe sehr, dass die vorgeschlagene Lösung zur Beruhigung im Unterbezirk beiträgt. Sollten wir uns nicht mehr persönlich treffen oder miteinander telefonieren, so wünsche ich dir schon heute ein besinnliches Weihnachtsfest und ein erfolgreiches Jahr 2012.«

Schön! Die SPD kocht im eigenen Saft, rotiert um sich selbst, und vielleicht gibt es auch noch eine Welt da draußen mit echten Problemen, aber die lassen sich natürlich nur angehen, wenn »Präsenz und Schlagkraft« erhalten werden. Wie sähe die Welt erst aus, wenn sie noch gesteigert werden könnten – für z. B. 2 Euro pro Monat. Denkt mal drüber nach!

Deine Meinung zählt:

24 Kommentare

  1. 24

    Wozu Ölscheichs? Noch mal: Die SPD ist die Partei mit den größten Einnahmen überhaupt. Bezogen auf die Wahlergebnisse sogar mit fast doppelt so hohen Einnahmen wie die der nächst größeren Partei, was die Einnahmen anbelangt, der CDU.

    Was will man mehr und wo geht das ganze Geld hin, warum drückt der Schuh? Nicht nur Geld macht Wahlergebnisse, Genossinnen und Genossen, wobei man es damit -zugegeben- weit bringen kann.

     
  2. 22

    Ich sagte doch, dass das ein merkwürdiger Verein ist! Wer schon mit Schneeballsystemen Politik macht…

     
  3. 20

    @Chez Oskar
    Auch der Name „Herbert Frahm“ (der sich in Willy Brandt umbenannte) scheint mir für Ihre These zu sprechen.

     
  4. 19

    @Blablubb

    Dieser Herbert Frahm ist ganz bestimmt kein Sozi. Dieser ziemlich merkbefreite Troll provoziert nur um sich insgeheim über die Antworten kaputtzulachen.

     
  5. 18

    Herr Frahm Ihre Ausage kann man, auch als SPD-ler, nicht ernsthaft akzeptieren. Bevor Sie solch einen Stuss von sich geben – überlegen Sie erst einmal.

     
  6. 17

    Olaf Plotke ist Parteimitglied und hat zu Dingen in der Partei eine Meinung, sogar noch eine zweite als Journalist dazu – und weil auch in dieser Partei (wie wohl in fast allen) der Begriff „Solidarität“ gleichgesetzt wird mit „Zahlen und Schnauze halten“, wird man schnell als „Verräter“ tituliert – wie erbärmlich!

     
  7. 16

    Ich denke jedes SPD Mitglied hat so einen Schrieb bekommen. Das hat nichts mit SPD Interna zu tun. Vielmehr ist es ist ein wiederlicher versuch, einer wiederlichen Partei, ihre Mitglieder zu mehr Beitragszahlen zu zwingen. Schon alleine die Frechheit, die Mitglieder mit Ihren aktuellen Beitragszahlungen zu konfrontieren ist eine bodenlose Frechheit.

    @Herbert Frahm

    Ich kenne Hernn Plotke als einen anständigen korrekten Mann, der in einer hier herrschenden DEMOKRATIE auch mal sagt was ihm gegen den Strich geht, und sich nicht hinter einer Fassade des Schweigens versteckt wie manch ein anderer Journalist in kleve es vielleicht macht.

    Das wort Verräter das sie benutzen ist ebenso eine Frecheit gegenüber Herrn Plotke. Ich an seiner Stelle würde mit überlegen rechtliche Schritte im Sinne einer Verleumdungsklage gegen Sie anzustreben.

     
  8. 15

    „Die garantierte Presse- und Meinungsfreiheit ist ein für die Demokratie zu hohes Gut, als dass es von irgendeiner Seite beeinträchtigt werden sollte.“

    Willy Brandt

     
  9. 13

    @HeinzS:
    Was hat das mit „reflexartig“ zu tun?
    Herr Plotke sollte sich so verhalten, wie es sich für einen ehrenamtlichen Funktionär gehört. Wenn er aber Partei-Interna verrät und die SPD öffentlich in den Dreck zieht, sollte er konsequent sein und austreten.

     
  10. 11

    Jetzt wird der Verräter auch hier noch verherrlicht.
    Soll er doch austreten. Ich finde, solche Leute haben in der SPD nichts verloren. Für die gibt es doch jetzt Die Linke.

     
  11. 10

    Off Topic:

    @ Der Laie

    Ein sehr guter Ansatz, den man noch erweitern könnte auf andere Bereiche unserer Gesellschaft. Z. B. halte ich es für sinnvoll eine persönliche Haftung für Vorstände einzuführen, die auch nicht durch eine Versicherung oder andere Tricks umgangen werden kann.

     
  12. 9

    „gab B. Hendricks eine Art »Denkanstoß«: »Lieber Olaf, Du solltest Dir überlegen in welchen Verhältnis Deine Rolle als Journalist und Deine Rolle als OV-Vorsitzender zueinander stehen.«”

    Andere Kreis Klever Politgrößen hingegen drücken sich lieber etwas „gewählter“ aus: “ Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen!“

     
  13. 8

    na da hat die Genossin Barbara aber mal wieder einen Geistesblitz von sich gegeben.

    Aber irgendwie auch nicht verwunderlich, wer es nie gelernt hat, dass Geld bevor man es ausgibt auch erwirtschaftet werden muß,sondern nur per Abgabenverordnung erhöht werden braucht, kann natürlich die Denkweise einer ordentlichen Hausfrau nicht verstehen.

    Es wird wirklich Zeit,die Verweildauer eines Abgeordneten
    auf 10 Jahre zu begrenzen, damit die selbsternannte Elite gezwungen wird,eigenverantwortlich Berufe zu ergreifen von deren Einkommen sie auch existieren können.

    Damit ist aber nicht eine Schein Aufgabe in der Friedrich Ebert Stiftung gemeint.

     
  14. 7

    „gab B. Hendricks eine Art »Denkanstoß«: »Lieber Olaf, Du solltest Dir überlegen in welchen Verhältnis Deine Rolle als Journalist und Deine Rolle als OV-Vorsitzender zueinander stehen.«“

    Wortlaut des Art. 5 GG

    (1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

    (2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

    (3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

     
  15. 6

    Also ganz allgemein, mal abgesehen davon, dass eine ganze „Masse“ 🙂 von Leuten im SPD-Bundesvorstand jeder für sich allein genommen schon die Schlagkraft einer Abrissbirne erreicht, – mich stören inzwischen (sorry, aber ich bin KEIN Weichei und habe auch anständig Wehrdienst geleistet) Begriffe wie Schlagkraft, Kampf, „für politische Ideen kämpfen“, etc. tec.

    Nicht, dass man politische Vorstellungen auch gegen andere durchsetzen muss und in irgendeiner Form auch Gegner hat, – solange es nicht um ein wirklich konkretes Anliegen geht, finde ich diese Kriegssprache inzwischen einfach unpassend.

    Ich setze mich für eine politische Idee ein, weil ich sie gut finde, aber was heisst bitte „ich KÄMPFE dafür“? Hau ich andere zur Durchsetzung meiner Ziele tot?

    In diesem zusammenhang finde ich das Wort „Schlagkraft“ wirklich unangebracht.

    Es gibt viele Politiker und Parteien, die auch ich persönlich und bzgl. ihrer politischen Ideen zum K… finde. Und manchmal ertappe ich mich dabei, dass ich auch gerne Poltiker aus der Politik rausdrängen würde, die die Pfründe ihrerselbst und ihrer Klientel sichern.(dazu gehört nicht nur die FDP, oder wer bitteschön verbeamtet in diesem Land nach wie vor die Lehrer?? 🙂 )

    Aber trotzdem wollen mir Ausrücke physischer Kraftmeierei nicht so recht gefallen. Und „Schlagkraft“, einfach mal so im inhaltsleeren Raum gebraucht, ist – sorry- Scheisse!

     
  16. 5

    Wenn ich alleine schon immer dieses Genossinnen bzw. Genossen höre und dann das ewige, unerträgliche Geduze. Nun das! Was ist das nur für ein merkwürdiger Verein? Ich habe nie verstanden, wie man diesem vermeintlichen Beschützer des kleinen Mannes (kleinen Fraues natürlich auch!) blindlinks hinterherrennen kann. Aber das ist vielleicht noch Geschmackssache.

    M.e. ist die oben beschriebene Methode ohnehin rechtswidrig aber davon abgesehen:

    Die SPD ist die Partei, mit den mit Abstand größten Einnamen unter allen Parteien überhaupt. Die Mitgliedsbeiträge -als Teil aller Einnahmen- übersteigen zudem die aller Parteien um das teilweise sieben- bis neunfache.

    Was machen die eigentlich mit dem ganzen Geld?

    Genosse, von althochdeutsch: ginoz – jemand, der mit einem anderen etwas genießt, Nutznießung hat

     
  17. 4

    @Carsten Otto: Sorry – „Die Kreispartei ist hervorragend aufgestellt…“?
    Da sehe ich aber mehr Gemeinsamkeiten, Ohnmacht und Angst mit/ vor einer CDU als alles andere, den Senior-Sozi R. Katzy mal gelegentlich ausgenommen. Die SPD im Kreis Kleve hat sich etabliert und mit einer Rolle am Regierungs-Katzentisch abgefunden,solange der Rubel rollt…Wir hatten da ja auch schon persönliche Gespräche, gerade über die Klever SPD! Eine Partei, die anderen, in vorauseilendem Gehorsam zur CDU, das Recht absprechen will einen Antrag zu stellen – was kann man denn davon halten?!
    Was das Schreiben anbelangt – Typische Maschmeyer-Methode. Ich will ja nicht zu weit gehen, aber mal weiter gedacht: Was kommt als nächstes, Incentive in Budapest für die fleissigsten Solidaritätsbeitragseinsammler…? Es täte der SPD gut, sich zu entschuldigen und eine glaubhafte Abkehr von derlei Gebaren zu vollziehen. Kann passieren – muss man aber auch mal korrigieren und weder aussitzen noch verharmlosen!
    Der Umgang mit O. Plotke mit dem Versuch der „Erziehung“ ist ja wohl auch unterste Schublade. Wie überall – nicht der Verursacher eines schlechten Zustandes soll herangezogen werden, sondern der Bote der schlechten Nachricht. Bebel, Lassalle und viele andere rotieren wohl gerade in ihren Gräbern?

     
  18. 3

    Als direkte Nachfolgerin von SPD-Schatzmeisterin Inge Wettig-Danielmeier hat Barbara Hendricks da wohl so einiges von ihr im Umgang mit unliebsamer Berichterstattung gelernt:

    Aus wikipedia.de „ddvg“

    Im August 2007 wurde ein Briefwechsel aus dem August 2005 zwischen der damaligen SPD-Schatzmeisterin und Generaltreuhänderin der dd_vg., Inge Wettig-Danielmeier, und dem damaligen Chefredakteur der Frankfurter Rundschau, Wolfgang Storz, bekannt. In diesem hatte sich Wettig-Danielmeier über die Berichterstattung der FR zur Linkspartei beschwert (…) Storz lehnte dies mit Verweis auf die redaktionelle Unabhängigkeit ab, Wettig-Danielmeier antwortete, Storz Weigerung beruhe möglicherweise „auch auf einem Missverständnis über die redaktionelle Unabhängigkeit und Führung einer Redaktion.“

    Die „Frankfurter Rundschau“ wurde 2004 von der SPD-Holding ddvg übernommen.

     
  19. 2

    Zwar ist das Schreiben nicht ordentlich formuliert, aber letztlich ist es ja so, wie in der E-Mail des SPD-Landesverbandes beschrieben. Jedes Mitglied in der SPD kann jederzeit den Mitgliedsbeitrag verändern und anpassen. Auch kann man der SPD im Kreis Kleve wohl nicht vorwerfen, sich mit „echten Problemen“ nicht beschäftigen zu können oder gar zu wollen und sich lieber mit sich selber beschäftigt.

    Die Kreispartei ist hervorragend aufgestellt und schafft es immer wieder den Finger in eine offene CDU Wunde zu legen. Daran ändert auch ein seltsames Schreiben des Landesverbandes, an dem ich den fehlenden Betreff im Ãœbrigen als noch schlimmer erachte als die Formulierung des Textes überhaut nichts.

    http://www.roter-beisser.com