Rock am Ring: Der Augenzeugenbericht einer Kleverin

Kampf um die besten Plätze (Fotos: Jonas Manten)
Kampf um die besten Plätze (Fotos: Jonas Manten)
Kampf um die besten Plätze (Fotos: Jonas Manten)
Platz unter Wasser
Platz unter Wasser
„Ergiebige Regenfälle“
Freude am Schlamm
Freude am Schlamm
Trümmerfeld am Morgen nach dem Unwetter
Trümmerfeld am Morgen nach dem Unwetter

Julia Koken, frisch gebackene Abiturientin, hat das unglaubliche, unwetterumtoste Rock-am-Ring-Festival in Mendig miterlebt. Hier aus erster Hand der Augenzeugenbericht der Kleverin:

Es ist Donnerstag, der 2. Juni 2016, und ich trete frohen Mutes meine Reise zu Rock am Ring an. Für mich ist es das erste große Festival samt Camping, deswegen checke ich lieber einmal zu viel, ob ich auch ja alles eingepackt habe. Gummistiefel und Regenjacke? Kurzfristig packe ich auch das noch mit ein, obwohl ich den Unwetterwarnungen für das bevorstehende Wochenende eigentlich keinen Glauben schenken möchte. Wird schon schief gehen.

Tja, denkste. Schon bei der Ankunft auf dem Festivalgelände bewähren sich die Gummistiefel definitiv. Alle Wege sind bereits völlig aufgeweicht und jedermann versinkt samt Sack und Pack zentimetertief im Schlamm.

Das tut der guten Stimmung aber keinen Abbruch. Wir genießen den ersten Tag bei strahlendem Sonnenschein und bester Festivalatmosphäre.

Auch am Freitag geht es zunächst so weiter. Es ist heiß, es wird gegrillt, über das Gelände und die Landebahn geschlendert oder Flunkyball gespielt. Tatsächlich kann ich auch das Konzert der Band Frittenbude am späten Nachmittag noch bei bestem Wetter genießen. Vermutlich verschwendet niemand auch nur einen Gedanken daran, dass wenig später gefühlt die Welt untergeht.

Ich bin mit meiner Truppe gerade wieder auf dem Weg in Richtung Festivalgelände, als uns von dort aus plötzlich jeder entgegenkommt. Was los sei? Das Gelände würde geschlossen, ein Unwetter ziehe auf. Eine offizielle Durchsage diesbezüglich gab es leider nicht. Keine Minute später fängt es auch schon an.

Und wie.

Wir sind nass bis auf die Haut, da helfen weder Gummistiefel oder Regenjacke. Der Himmel ist fast schwarz, der Regen läuft in Sturzbächen die Landebahn entlang und es blitzt und donnert ununterbrochen. Nach einer gefühlten Ewigkeit gelangen wir zu unserem Campingplatz. Wir haben ein unglaubliches Glück, denn unsere Zelte und Pavillons halten stand. Damit gehören wir aber eher zur Minderheit, von vielen Freunden und Bekannten erfahren wir, dass dies bei ihnen nicht der Fall war. Damit ist besiegelt, dass unser Campingplatz für den Folgetag der Zufluchtspunkt schlechthin wird.

Wir sind verunsichert. Wie soll es weitergehen, werden die Konzerte noch weitergeführt? Es gehen Gerüchte um, ein Blitz sei auf dem Gelände eingeschlagen, es hätte Verletzte gegeben, eine Person hätte sogar reanimiert werden müssen. Schließlich erfahren wir auf der offiziellen Facebookseite von Rock am Ring, dass die Konzerte um einige Stunden verzögert weitergehen würden. Das wollen wir uns natürlich nicht nehmen lassen. Bei Major Lazer und Volbeat kann das Feiern also endlich losgehen. Das Wetter verhält sich, als hätte nie ein Gewitter stattgefunden.

Am Samstag kristallisiert sich dann nach und nach heraus, dass die Gerüchte stimmen. Einige wurden schwer verletzt und zwei Menschen mussten tatsächlich reanimiert werden. Wir sind schockiert und heilfroh, mit dem Schrecken davon gekommen zu sein.

Ansonsten gestaltet sich auch der Samstag ähnlich wie der vorige Tag. Gegen Nachmittag wird – dieses Mal sogar offiziell über Lautsprecher auf dem gesamten Campinggelände, welch eine Freude – ein weiteres Unwetter angekündigt, die Konzerte vorübergehend abgesagt und wir müssen uns bei unseren Zeltplätzen aufhalten. Wieder ist ungewiss, worauf wir uns einstellen müssen. Die Überlegung steht im Raum, vorzeitig nach Hause zu fahren, da für Sonntag noch deutlich schlechteres Wetter samt Hagel angekündigt ist.

Als durchgesagt wird, dass das Festivalgelände ab 21 Uhr wieder geöffnet wird, beschließen wir, unser Zelt abzubauen und alle Sachen ins Auto zu bringen, um uns die Möglichkeiten, in der Nacht aufzubrechen oder im Auto zu schlafen, offen zu halten. Wieder gehen Gerüchte um. Dieses Mal steht die Frage im Raum, ob das Festival am Sonntag komplett abgebrochen wird.

Via Internet und Facebook erfahren wird, dass die Behörden gegebenenfalls jegliche Genehmigungen entziehen wollen. Sichere Informationen erhalten wir allerdings nirgendwo. Niemand kann oder will uns dazu Auskunft geben, nur ein Ordner sagt uns, er wüsste aus Insiderkreisen, dass am Sonntag keine Konzerte mehr stattfinden würden.

Und er sollte Recht behalten. Als wir nach dem Konzert der Red Hot Chilli Peppers beschließen, den Heimweg anzutreten, erfahren wir über Freunde, dass Marek Lieberberg, der Veranstalter von Rock am Ring, nach dem darauffolgenden Konzert von Billy Talent auf die Bühne kam, um zu verkünden, dass am Sonntag ab 12 Uhr jeder das Gelände verlassen haben müsse.

Während wir gemütlich und ziemlich fertig im Auto sitzen, sind wir froh, die offensichtlich richtige Entscheidung getroffen zu haben. Wir lassen das Wochenende Revue passieren – es war aufregend, ereignisreich, verdammt nass und schlammig, aber irgendwie doch ganz schön.

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18 Kommentare

  1. 18

    @17

    Blöderweise liegt das ding am gleichen Tag wie das Courage Festival, und ich wollte defintiv Lena sehen, vielleicht danach hin wenn sich 23 Uhr ankommen noch lohnt, hab keinen Stageplan gefunden

     
  2. 17

    @15.:

    Rock am Kreis ist ein gutes Stichwort!

    „Ik freu mir wieder drauf!“

     
  3. 16

    nehmen die Leute auch wieder alles mit – sieht aus wie in Weeze beim ParookaVille Festival

     
  4. 15

    Die Loveparade hier zu erwähnen ist Hahnebüchend, dort wurden bei der Planung elementare Fehler begangen (ob absichtlich oder unabsichtlich sei dahingestellt) bei Rock am Ring gab es ziemlich schlechtes Wetter und damit kann niemand Planen.

    Man kann sich hierbei nur so gut drauf Vorbereiten wie es geht. Und Reanimiert, ja das war bei Rock am Ring dieses Jahr so. Aber sowas kommt ebenfalls öfters vor. Nicht jedes Festival ist so groß in den Medien wie Rock am Ring. Schwer Verletzte (aka die obligatorischen „Erstmal ins Krankenhaus“) gibt es ebenfalls fast auf jedem Festival

    Will sagen, hier wird extremst aufgebauscht, blitzschläge wie Sie hier Anführen sind eben keine seltenheit. Ich halte die RaR absage für extrem überzogen, und hätte sich da kein Innenminister mit seiner geballten inkompetenz eingeschmischt wäre da auch nix passiert.

    So wie einige Reden dürfte man überhaupt keine OpenAir veranstaltungen mehr machen weil es ja gewittern könnte. Sagen wir mal lieber Courage Festival und Rock am Kreis ab…

     
  5. 14

    ad Husky: Es mußten zwei Menschen reanimiert werden, d.h. das Herz stand still und nur durch sofortige fachmännische Hilfe haben diese Menschen überlebt. Hier zu bagatellisieren ist fahrlässig. Vor einigen Jahren gab es in Xanten bei einem Römerspektakel einen Blitzeinschlag mit einer 2 stelligen Zahl Verletzter. Die Ressourcen des Rettungsdienstes und der Krankenhäuser sind dann schnell erschöpft. Diejenigen, die bei solchen Events in der Verantwortung stehen, sind nicht zu beneiden und die Entscheidungen sollte man respektieren. Wenn es nämlich richtig schief geht ( Loveparade Duisburg ) kommen hinterher dieselben Klugscheißer und fordern Strafen für die Entscheider.

     
  6. 13

    Alter Schlittenhund,
    lesen können hilft immer, wie rd so schön retourniert. Denn schwerverletzt bedeutet erst mal schwerverletzt. D.h. zunächst, die Person ist schwerer verletzt als leichtverletzt. Ihre Behauptung – ich zitiere : „das man 24 Stunden im Krankenhaus bleiben soll, nicht mehr“ – ist eine Optional-Bedingung (KANN Bedingung).
    So kann SCHWERVERLETZT unter anderem bedeuten, es kann so sein wie von Ihnen geschildert, kann aber auch anders sein.
    Verzeihen Sie mir diese Klugscheisserei, aber dies musste einmal gesagt werde.

     
  7. 12

    …..tja, Woodstock 1969……..da gab es doch auch schon eine „Schlammrutsche“ und irgendwelches „Chaos“ …… ? 🙂

     
  8. 11

    … bei den Mud Masters muss man wenigstens nicht auf schlechtes Wetter hoffen 😉

     
  9. 10

    @7 Klingt, als wäre ein Open Air erst schön, wenn man so richtig schlammbesudelt ist …

     
  10. 9

    @Husky Wer lesen kann, ist klar im Vorteil: „Für mich war es das erste große Festival samt Camping…“

     
  11. 8

    Erstmal „Schwer Verletzt“ bedeutet das man 24 Stunden im Krankenhaus bleiben soll, nicht mehr. Das bedeutet nicht das diejenigen gleich sterben werden.

    Bei RAR wird das ganze nur so aufgebauscht weil das Festival eh eine unglaublich hohe Medienpräsenz hat, auf dem Southside (ich glaube 2012 und 15) ist auch der Blitz eingeschlagen und es gab natürlich dadurch verletzte, kam das in der Tagesschau? Ich glaube kaum. Beim Wacken passiert das auch, interessiert das wen? Nö…

    Das Abbrechen von RAR was aufgrund irgendwelcher Politischer Weisungen erfolgt ist war sau gefährlich, sind ja dann auch genug Leute kollabiert. Weil es halt 25°C am Sonntag war, plus knallende Sonne. Zudem die Weisung das die Plätze bis 12 Uhr geräumt sein müssen und man auf Veranstalterseite darauf nicht Vorbereitet sein kann, haarsträubend von der Politik

    Plan war wohl eigentlich RAR den Sonntag mit Reduziertem Programm durchzuziehen, was wohl auch Problemlos gegangen wäre.

    Als Veranstalter würd ich der Stadt jedenfalls den Mittelfinger zeigen, entstandene Kosten von denen wieder haben wollen und eine Ersatzlocation suchen. Hey .. Kleve hat doch einen Ring, und 100.000 Leute kriegen wir auch unter, Platz satt. Frau Northing, übernehmen Sie!

    Interessant wäre ja zu wissen ob es Frau Kokens erstes Festival war, klingt nämlich so.

     
  12. 7

    @3 RKH nie in der Jugend mal so etwas gemacht, immer brav nach den Regeln der Gesellschaft?
    Und ja das passiert auf solchen Festivals und Events!
    Dort hören junge Leute „laute Musik“, sie trinken Alkohol und sie rutschen (wenn sich die Gelegenheit bietet) auf schlammigen Böden nur so zum eigenen Spaß und Gaudi der anderen herum!
    Wo bitte sonst kann man das in unserer heute durch geregelten Welt, den heutzutage, noch machen wenn nicht auf so einem Event.
    Die Flächen sind für Lager freigegeben, ja es wurden Weide- und Ackeroberflächen zerstört, aber die kommen auch wieder bei.
    Also bei einem solchem Event sollte mal eine fünfe gerade sein lassen und gut ist es, nicht alles muss per Regel geregelt werden.

     
  13. 6

    Interessanter Bericht, danke Julia Koken.
    Die Telinehmerin und ihre Freunde haben richtig reagiert.
    Hoffe das bald alle von den über 70 Verletzten wieder genesen sind.

     
  14. 3

    Hallo, ich war mal beim WOA. Unglaublich was für Szenen sich da abgespielt haben: während eines Klimakatastrofengewitters tanzten junge Leute und hörten laute Musik, bäuchlings springend in aufgeweichten Boden. Wertvoller Wiesengrund und Ackerboden. Zerstört. Unterhalb Sekunden. https://m.youtube.com/watch?v=ybGOT4d2Hs8

     
  15. 2

    Woodstock 1969 war auch total ab gesoffen,die alte Mutter aller Rock Events zeigt das Massen Veranstaltungen immer auch große Risiken mit sich bringen,da hoffen wir das die Wetter Opfer des “ Rock am Ring“ bald wieder top fit sind und sich auf das nächste Mal freuen dürfen.

     
  16. 1

    Und steht der Schlamm auch knietief, Facebook und Internet funktionieren ja Gott sei Dank immer – was hätte Opas Wehrmacht mit diesen technischen Möglichkeiten nicht alles vermocht.