Räumen? Für Fußgänger und Radfahrer eher Glückssache

Übergang am Kreisverkehr Wiesenstraße: Sprungvermögen gefragt
Kreuzung Klever Ring/Emmericher Straße: Schneewall am Straßenrand
Radweg vor der Rheinbrücke: Abraumhalde für den Straßenschnee
Radweg auf der Rheinbrücke: Unpassierbar, während die Straße seit Tagen frei ist

Um es vorweg zu sagen: Wenn es in diesen Regionen mal schneit, und wenn dieser Schnee dann länger als einen halben Tag liegen bleibt, ist das für die Redaktion kein Weltuntergang. Die Tage (wegen Corona ohnehin schon merkwürdig genug) werden abgebremst und abgedämpft, und nichts sollte einem ferner liegen, als angesichts des feinen Deckweißes die sofortige Wiederherstellung des grauen Alltags zu fordern.

Gleichwohl darf diskutiert werden, warum beispielsweise in angrenzenden holländischen Kommunen und auch in Bedburg-Hau die Straßen offenbar anders und gründlicher geräumt sind als in Kleve – der unermüdliche Einsatz der Räumkommandos steht außer Zweifel, aber werden sie falsch dirigiert? Doch in der Diskussion ging es bisher vor allem um den motorisierten Straßenverkehr. Der bewegte sich gestern Nachmittag, nach nunmehr 48 Stunden ohne weiteren Schneefall, einigermaßen flüssig.

Doch alle anderen Verkehrsteilnehmer werden offenbar komplett links liegen gelassen – Radwege schneinen vor allem den Sinn haben, als Abraumhalden für den beiseite geschafften Straßenschnee zu dienen. Und Fußgängerüberwege an Kreisverkehren und Kreuzungen sind für winterfeste Sprungsportler passierbar, alle anderen versinken in den matschigen Schneewällen an den Straßenrändern – wer zu Fuß unterwegs sein will, hat verloren.

kleveblog machte gestern den Praxistest – und kam auf dem Weg von Kleve nach Emmerich aus dem Staunen nicht mehr heraus. Im Innenstadtbereich war die Fortbewegung als Fußgänger noch problemlos möglich. Das änderte sich, als die Kreisverkehre kamen. Die sind bekanntlich gerade erst barrierefrei umgerüstet worden. Doch am Mittwoch war jeder einzelne Überweg angesichts des sich auftürmenden Schnees im Übergangsbereich zwischen Straße und Gehweg ein insbesondere für Senioren unüberwindbares Hindernis. Auch an der Kreuzung Emmericher Straße/Klever Ring rauschten die Autofahrer an freigeräumten Straßen an einem vorbei – der Fußgänger wurde genötigt, durch grauschwarze Schneeberge zu stapfen, die an die Straßenseite geräumt wurden.

Der Radweg nach Emmerich – unbenutzbar. Er war als solcher noch zu erkennen, offenbar ist irgendwann in den vergangenen Tagen einmal geräumt worden, doch in Höhe der Euregio kam einem ein sportlicher junger Mann entgegen, der sein Fahrrad von Emmerich aus geschoben hatte. Später waren noch zwei Radsportler auf der Straße unterwegs, was im Feierabendverkehr etwas lebensmüde wirkt. Hinter Warbeyen war der Radweg dann als solcher überhaupt nicht mehr zu erkennen – es türmte sich der von der Straße weggeschaffte Schnee auf.

Die Krönung dann aber die Rheinbrücke: Während der Landesbetrieb Straßen NRW offenbar viel Mühe darauf verwandt hat, die Straße komplett freizubekommen, hat der Rad-/Fußweg null Aufmerksamkeit erfahren. Die Strecke ist kaum passierbar, und nirgendwo hat es auch nur ansatzweise den Eindruck, als sei man bemüht, etwas für Fußgänger oder Radfahrer zu tun. (Hier sei angefügt, dass Straßen NRW offenbar mit der Stadt Emmerich abgesprochen hatte, dass diese sich um den Rad-/Fußweg kümmert.)

Fazit: Die Politik mag so viel von Verkehrswende reden, wie sie will – tief in den Herzen aller Zuständigen schlagen Vierzylindermotoren. Mentalitäten lassen sich offenbar noch schwerer beiseite räumen als Schnee.

Radweg unbenutzbar: Dieser junge Mann schob sein Rad von Emmerich nach Kleve

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10 Kommentare

  1. 10

    @ 9. Jens-Uwe Habedank :
    ### Warum stehen überall an den Klever Eingängen die Schilder mit „Fahrradfreundliche Stadt”??? ###
    weil’s stimmt !
    Analog zum berühmten SprichWort
    “ Das größte Glück der Pferde
      sind Reiter auf der Erde. “
    ist Kleve wortWortlich „fahrradFreundlich“
    – also freundlich zu den fietseN !
    Ein Blick aus dem Fenster
    ( oder in kleveBlog )
    genügt
    und schon läßt der fietseR seine fiets lieber gemütlich im warmen und trockenen Keller stehn.

     
  2. 9

    Warum stehen überall an den Klever Eingängen die Schilder mit „Fahrradfreundliche Stadt“???

     
  3. 7

    Auf dem Papier ist der Radfahrer der Retter der Welt und des Klimas. Ãœberall wird gefördert und getan. Nur wenn es darauf ankommt ist das ganze Gerede und Getue nur Schall und Rauch…

    Am Sonntag und am Montag hat es geschneit und heute (Donnerstag) sind die Radwege immer noch jungfräulich beschneit.

    Ich fahre bei jedem Wetter das ganze Jahr (außer bei Schnee) <50 km am Tag in's Büro und zurück. In dieser Woche und wohl auch morgen werde ich mit dem Auto fahren müssen.

    Unterm Strich mit den täglichen Einkäufen + Kiga & Co. sind's in dieser Zeit ca. 350 KM, die ich ansonsten mit dem Rad gefahren wäre.

    Der größte Schwachsinn ist, dass ich nun als Autofahrer auf der B57 an beinahe allen Ampelkreuzungen zum Anhalten gezwungen werde, da die Ampelschaltungen willkürlich auf rot schalten, obwohl kein Querverkehr vorhanden ist.

    Vielen "Dank" an StraßenNRW & an die Kommunen!!!

    Ich warte geduldig auf den Aufruf im Frühjahr (wenn das Wetter wieder schön warm und trocken ist), wieder mehr mit dem Rad zu fahren…

    Schönen Dank auch!

     
  4. 6

    @Hans Steih Der Schreibtisch des Reporters ist die Straße. Für den Rückweg wurden die Dienste der Schnellbuslinie 58 in Anspruch genommen.

     
  5. 5

    Respekt! Alle Achtung! Das nenne ich investigativen Journalismus! Der Redakteur hat weder Erfrierungen noch die unberechenbare Glätte gefürchtet: Ein Artikel, in den Fleiß, Schweiß und Zittern gesteckt wurde!
    Hoffentlich hat der Redakteur nach seiner mutigen und bestimmt kräftezehrenden Exkursion bis zur Rheinbrücke den Rückweg nach Hause unversehrt geschafft!

     
  6. 4

    Offenbar traut sich auch niemand die zu Fuß oder mit dem Rad die Fahrbahn zu nehmen, wenn der Gehweg oder Radweg unbenutzbar/unzumutbar ist. Eigentlich schade, denn ich frage mich, ob Radwege geräumt würden, wenn ansonsten die PKW mit 15 km/h hinter dem Radverkehr her fahren müssten…

    Die Praxis sieht wohl leider so aus, dass sich manche (ein paar wenige reichen) PKW Fahrer dann mit Gewalt durch quetschen und die Menschen ohne Auto derartig gefährden, dass diese sich lieber über den unzumutbaren Weg quälen. Leider habe ich hier in der Region noch nie erlebt, das die Polizei ein derartiges Verhalten ahnden würde oder mal Ãœberholabstände kontrolliert.

     
  7. 3

    By the way ,es gab mal Zeiten in denen Anstand ,Stolz, Ehre noch zum Deutschen Kulturgut gehörten 👍🏽 😎.Da traten „Verantwortliche“ nachdem sie versagt hatten verschämt zurück ,gingen ins Kloster o.ä. 🙄 😳 😂

     
  8. 1

    Wäre sehr naiv, etwas anderes zu erwarten. Es soll tatsächlich Menschen geben, die mit dem Rad zur Arbeit fahren, auch mal über 10 km hinaus. Bin hier im falschen Blogthema, aber auch da haben uns die Holländer etwas voraus, selbst im Winter werden Radler den SUV-Fahrern gleichgestellt. Es ist eine Schande.