Pofalla: Was schert mich mein Geschwätz von gestern?

Wechselhafte Ausrichtung der Buchstaben
Wechselhafte Ausrichtung der Buchstaben

Ende September 1999 verschickte der damalige Vorsitzende der Kreis Klever CDU, Ronald Pofalla, unter der neutralen Überschrift „Verfahren zur Aufstellung der CDU-Landtagskandidaten im Kreis Kleve“ einen Rundbrief an die Mitglieder des CDU-Kreisvorstandes sowie die CDU-Stadt- und Gemeindeverbandsvorsitzenden. Er ist eineinhalb Seiten lang und in fünf Punkte gegliedert. Der entscheidende Satz ist der letzte des dritten Abschnittes, der hier gerne in voller Länge wiedergegeben werden soll:

„Bei mehreren Bewerbern in einem Wahlkreis wird der CDU-Kreisvorstand keine Empfehlung aussprechen.“

Noch einmal zum langsamen Mitsprechen:

„Bei mehreren Bewerbern in einem Wahlkreis wird der CDU-Kreisvorstand keine Empfehlung aussprechen.“

Und weil’s so schön ist, gleich noch mal:

„Bei mehreren Bewerbern in einem Wahlkreis wird der CDU-Kreisvorstand keine Empfehlung aussprechen.“

Damals hatte Manfred Palmen überraschend gegen Ulrike Ulrich kandidiert und sich durchgesetzt. Mit dem Brief wurden sozusagen im Hintergrund die Strippen für den Putsch gezogen.

Am Mittwoch Abend in Uedem konnte sich der Ministeraspirant an dieses Schreiben wohl nicht mehr erinnern. Um der damals unterlegenen Frau nun endlich das offenbar sauer verdiente Mandat zu sichern, gilt plötzlich eine andere Logik (zitiert laut RP): „Pofalla hatte bei der Sitzung darauf hingewiesen, dass es in der Geschichte der CDU im Kreis noch nie einen Gegenkandidaten zu einem amtierenden Kreisvorsitzenden gegeben habe. ‚Ich habe auch klar gemacht, dass man den Kreisvorsitz nur mit einem überregionalen Mandat schaffen kann, weil man dafür frei verfügbare Zeit braucht‘, sagte Pofalla.“

Das verstehe, wer will:

„Ich habe auch klar gemacht, dass man den Kreisvorsitz nur mit einem überregionalen Mandat schaffen kann, weil man dafür frei verfügbare Zeit braucht.“

Wie ist Pofalla eigentlich damals an sein Bundestagsmandat gekommen? War da nicht was mit einem Duell gegen den wackeren Kalkarer Heinz Seesing? (Muss mal in die Archive steigen.) Der aus Berlin nach Uedem geflogene Pofalla war sich jedenfalls auch wichtig genug, die Versammlungsleitung im Bürgerhaus in die Hand zu nehmen, damit nichts schief geht. Die hätte eigentlich in Vertretung des abwesenden Klever CDU-Chefs Jörg Cosar der Uedemerin Maria Ingenerf zugestanden, doch das war dem Spitzenquartett wohl etwas zu riskant…

Überraschung bei Mausklick
Überraschung bei Mausklick

Deine Meinung zählt:

8 Kommentare

  1. 8

    Meine Kritik ist auch zu pauschal, ich meine (um ein bischen zu differenzieren) eigentlich verbeamtete Gymnasiallehrer (natürlich da auch nicht alle).

    Aber genau jene treibt es in die Politik. Klar, sind mit ihrem Job ja auch nicht ausgelastet. Jetzt grad sind schon wieder Herbstferien und meine Nachbarin ist schon am Freitagmittag mit dem Flieger ab in die Toscana. (Das ist kein Witz, kein Klischee. Das stimmt wirklich!)

    Die angestellten Lehrer insbesondere an Problemhauptschulen sind da demgegenüber schon echt geascht. Die hams richtig schwer. Und sind auch nicht so oft in der Politik zu finden. Freizeit haben natürlich auch die mehr als der normale Angestellte.

     
  2. 7

    @bernos

    Die Lobby ist aber nicht mehr so mächtig.

    “ Seit der Staat bei Dienstunfähigkeit nicht mehr die volle Pension zahlt, halten viel mehr Lehrer lange durch. 2006 ließen sich nach Angaben des Statistischen Bundesamtes nur noch 24 Prozent frühpensionieren. Ein Jahr zuvor waren es 30 Prozent, im Jahr 2000 sogar 64 Prozent.

    Interessanter Artikel:
    http://www.spiegel.de/unispiegel/jobundberuf/0,1518,533312,00.html

     
  3. 6

    Eigentlich eignen sich nur Lehrer für Politikerjobs.

    Sie haben viel Freizeit, meinen auch ungefragt alles und jeden beurteilen zu müssen, halten sich für den Nabel der Welt und sind im Befehlston gegenüber anderen Menschen vertraut, – und haben eine gute Lobby.

    Es gibt nicht viele Ingenieure in deutschen Parlamenten. Zu 95% sind es Lehrer und Juristen (und ein paar Ärzte).

     
  4. 5

    @ Flügelstürmer

    Ich lege für mich selbst gute Worte ein, ich kann doch auch damit rechnen, dass Sie dieses für mich tun – oder?
    Im übrigen wüßte ich nicht, warum jemand für mich wo und wann gute Worte einlegen sollte.

     
  5. 3

    An und für sich eignen sich Lehrer kaum für solche Ämter.
    Konnte mich persönlich überzeugen: Ulrich wie auch Brauer sind echte Ausnahmen.

     
  6. 2

    Pofalla behauptet, „dass man den Kreisvorsitz nur mit einem überregionalen Mandat schaffen kann, weil man dafür frei verfügbare Zeit braucht.“

    Unglaublich entlarvend !!!

    D.h. ohne ein überregionales Mandat hat man keine (ausreichend) frei verfügbare Zeit? Die Anliegen und Interessen der vertretenen Menschen als Abgeordneter zu bearbeiten füllt einen zeitlich ja nicht aus? Na, wer hauptamtlich CDU-Angestellter ist, der muss wohl die Vertretung der Menschen des Wahlkreises als nebensächlich ansehen… (Danke, Herr Pofalla, dass Sie dass mal so deutlich aussprechen.)

    Also: Der Bürger muss (via Landtagsmandat) die CDU-Kreisvorsitzende bezahlen?

    Bemerkenswertes Verständnis von politischem Engagement in Parteien…

    Ein Tipp für den wahrscheinlichen neuen Arbeitsminister: Steuergelder für bezahlte Jobs in der CDU, auf allen Ebenen! Wie sollen die Leute denn sonst noch Zeit für die CDU haben…? Welchen Grund, außer Geld, gibt es denn sonst für Engagement der CDU?

    Wie gesagt: Entlarvend. (Oder verstehe ich da was falsch?)

    [Unter „frei verfügbar“ kann auch „zeitlich verschiebbar“ verstanden werden. Aber bleibt da nur der Job als Abgeordneter, der nach Erfahrung von Herrn Pofalla, die angeblich notwendige zeitliche Flexibilität ermöglicht?]

    Ich schicke es mal Herrn Pofalla per Mail. Mal sehen, ob mehr als die üblichen inhaltsleeren Pseudo-Antworten kommt.

    @RD
    Danke für die interessanten Infos.

     
  7. 1

    Hallo, man kann bei Wahlen auch nur ein Kreuzchen machen. Der Stimmzettel wird dadurch nicht ungültig.