Mitleid mit Donsbrüggen?

Was haben wir nicht alles lesen müssen über die bedrohte Dorfschule im Ortsteil Donsbrüggen! Alle Menschen, die auf die Idee kommen, den lieben netten Einwohnern von Donsbrüggen ihre idyllische Grundschule zu schließen, gehören offenbar streng gemaßregelt. Kein Mittwoch ohne nicht mindestens 15 Leserbriefe im Klever Wochenblatt, die eifernd darlegen, wie zynisch „die da oben“ mit den Interessen von „denen da unten“ umspringen. Viel Geschrei, Ratssitzungen mit wutschnaubenden Eltern in den Zuschauerreihen, vermutlich wird es auch bald Lichterketten (erinnert sich noch jemand?) geben.

Aus der Sicht eines Menschen, der in der entvölkerten Klever Innenstadt sein Dasein fristet, stellt sich die Sache in einem anderen Licht dar. Offenbar gehört es für Klever zum guten Ton, nach der Eheschließung so schnell wie möglich in Donsbrüggen/Reichswalde/Materborn/Rindern/Keeken ein freistehendes Einfamilienhaus mit Garten zu beziehen. Es sollte aber doch keinem der Stadtflüchtigen verborgen geblieben sein, dass die reproduktiven Aktivitäten in der Bevölkerung stark nachgelassen haben (auf dem Dorfe, wo man sich so viel um den Garten kümmern muss, offenbar noch mehr…). Wer freiwillig in die Walachei der niederrheinischen Kleinstdörfer zieht, sollte vielleicht nicht als gottgegeben voraussetzen, dass es dort Lebensmittelgeschäfte, Buslinien im Viertelstundentakt, Autobahnzufahrten und Grundschulen gibt. Wer in eine Pizzeria geht, wird wohl kaum auf der Speisekarte mit einem Hamburger rechnen. Wer an die See fährt, beschwert sich ja auch nicht, wenn die Füße mal nass werden.

Mein Mitleid hält sich also in engen Grenzen. Und dies, obwohl ich selbst das traumatisierte Opfer einer Schulschließung geworden bin, der meinen ersten Schultag zu einem Reinfall werden ließ und mich erstmals in die Lokalpresse katapultierte – als der traurige Junge von S. 1: Leider hatte die Verwaltung vergessen, den Eltern der neuen I-Dötzchen (gibt es das Wort überhaupt noch?) mitzuteilen, dass die hundert Meter von meinem Elternhaus entfernte Grundschule zu Beginn des neuen Schuljahres geschlossen worden war. So standen eine Handvoll Nachbarskinder und ich an einem schönen Sommertag Anfang der 70-er Jahre vor einem verschlossenen Schulgebäude – mit Schultüten und zeternden Eltern. Die engagierteren unter denen alarmierten natürlich sofort die Presse, die prompt berichtete (mal sehen, ob ich den Artikel noch finde). Am nächsten Tag ging’s trotzdem wie verordnet in die andere Grundschule – in eine Klasse mit knapp 50 Kindern. Gemessen an den heutigen Maßstäben hätte eigentlich ein Bürgerkrieg ausbrechen müssen.

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Ein Kommentar

  1. 1

    […] Bürgermeister Theo Bauer hat für die NRZ sein Büro und sein Herz geöffnet. Demnach hat Kleve zwei große Probleme: die demographische Entwicklung (”Bauchschmerzen”) und die Flusen in seinem Büro. Das eine ist hinlänglich bekannt, siehe Donsbrüggen, bleiben wir also bei den bösartigen Flusen: Sie stammen vom cremfarbenen Teppichboden, der im Bürgermeisterbüro verlegt ist. Brauer: “Der flust unheimlich und die Flusen bleiben dann am Anzug hängen.” Das könne er “überhaupt nicht” leiden. Unter seinen Schreibtischstuhl habe er bereits eine große Plastikmatte legen lassen, “um den direkten Kontakt mit dem Teppich zu vermeiden”, wie der Berichterstatter mitfühlend schreibt. Was die bei längerem Ãœberlegen zumehmend verstörend stimmendere Frage aufwirft, wie zuvor der direkte Kontakt mit dem Problembodenbelag ausgesehen hat: knieend vor dem PC? Weiter mag man gar nicht denken! […]