Mit Tschingderassassa und Bummbumm bergab

City for you: Schützenumzug 2012, Theo Brauer

Gestern nachmittag schritt Bürgermeister Theo Brauer zur Kirmeseröffnung an der Spitze des Klever Schützenumzugs die Stadt hinab zum Kirmesplatz. Er durchmaß die Hagsche Straße mit den verschiedensten Möglichkeiten, sein Zahngold zu verkaufen, mit der leerstehenden Schlecker-Filiale, mit dem seit 2007 in weiten Teilen verwaisten Post-Komplex, mit der Neuen Mitte und ihren Alibigeschäften, mit den wuchernden Billigklamottenläden sowie mit der Großbaustelle, in die nach Jahren der Verwahrlosung nun endlich ein Kik-Markt einziehen möchte. Er passierte den Fischmarkt mit der Zentrale der umzugswilligen Volksbank Kleverland. Und er lief an der Spitze von fröhlich musizierenden Spielmannszügen durch die Große Straße (5 Bäckereien, 5 Handyläden). Konstant war nur eines - es ging bergab. In seiner Stadt, in unserer Stadt.

Wird er sich auf dieser Veranstaltung, die im Grunde so fröhlich rückwärtsgewandt ist wie der ganze Ansatz der Stadtplanung, für die er einsteht, einmal gefragt haben, ob es dieser, seiner Stadt, gut tut, wenn sie im unteren Bereich durch ein üppig dimensioniertes Einkaufszentrum zugeklotzt wird? Werden ihn Zweifel, leise vielleicht, beschlichen haben? Wir wissen es nicht.

Wohl aber wissen wir, dass, während der Bürgermeister die schönen Verführungen des zeremoniellen Kleinstadtpomps genießt, im Hintergrund bereits wackere Bürger überlegen, ob nicht ein Bürgerentscheid das Mittel der Wahl ist, die Planungen der Verwaltung zu stoppen. Es ist mehr als eine Ironie der Geschichte, dass die ersten Fäden dieser Bewegung über das soziale Netzwerk Facebook gesponnen werden – ganz so wie im arabischen Frühling. Nur dass dort Diktatoren aus dem Amt gejagt wurden, während im niederrheinischen Sommer eine von demokratisch legitimierten Ratsmitgliedern gefällte Entscheidung rückgängig gemacht werden soll, weil sie, zumindest ist das die Wahrnehmung vieler Interessierter, nichts mehr mit dem zu tun hat, was im Rahmen der Bürgerbeteiligung vor drei Jahren von den Menschen aus Kleve gewollt (und gewählt) wurde. Sollte dieses Begehren Wirklichkeit werden, hätte es gute Chancen, der Sargnagel einer CDU-Regentschaft in Kleve zu werden, die in den letzten Jahren in Teilen autokratische Züge angenommen hat.

Das zeigt sich auch darin, dass der Klever Handel, im Klever City-Netzwerk (KCN) organisiert und normalerweise eine Bastion der CDU, nun auch in einer Deutlichkeit, die nichts zu wünschen übrig lässt, zu den Plänen Stellung genommen hat. Im Kurier am Sonntag sagt KCN-Vorsitzender Jörg Hopmans: »Laut Gutachten aus dem Jahr 2007 haben wir in der Innenstadt 37.000 Quadratmeter Verkaufsfläche, die 140 Millionen Euro Umsatz machen. Das neue Einkaufszentrum soll 7.000 Quadratmeter Verkaufsfläche haben. Das würde einen Verkaufs- flächenzuwachs von 19 Prozent bedeuten. Es müsste also gelingen 19 Prozent mehr Kaufkraft nach Kleve zu locken, also ein Plus von 26 Millionen Euro. Das wird mit diesem Center sicher nicht gelingen. Stattdessen wird ein Kannibalismus in der Innenstadt einsetzen, also eine Verschiebung des Umsatzes von den Geschäften in der Innenstadt ins Center. (…)Die Holländer müssen ihren Konsum einschränken. Das bekommen wir bereits zu spüren. Zweitens ist das Center dafür viel zu klein (um auswärtige Besucher anzulocken). Dafür müsste es mindestens 20.000 Quadratmeter Verkaufsfläche haben. Das wäre eine Größe, die Menschen anlockt, die sonst ins CentrO fahren würden. Das Klever Center bringt ja auch nichts Neues in die Schwanenstadt. Geplant sind ein Unterhaltungselektronikmarkt, ein Supermarkt und eine große Drogerie. Hört sich für mich nicht nach Erlebniseinkauf an. Aber es besteht die Gefahr, dass besonders die Klever Innenstadt ab Fischmarkt aufwärts ausblutet. Vor allem, wenn Saturn auch noch die Neue Mitte verlassen würde. (…)Ein kostenloser innenstadtnaher Parkplatz ist doch nicht das Schlechteste. Allemal besser als eine Tiefgarage. Denn die Geschichte der Klever Tiefgaragen ist eine sehr traurige. Ich fürchte das es auch diesmal wieder so endet, dass die Stadtwerke die Volksbank-Einkaufszentrums-Tiefgarage übernehmen müssen und die Verluste von den Kunden getragen werden müssen. Davon ab sind 160 Parkplätze in der Tiefgarage ohnehin zu wenig, denn da stehen ja auch die Volksbank-Mitarbeiter drauf. Wie sollen die wegfallenden Parkplätze also kompensiert werden? Die Idee mit den Parkplätzen am Bahnhof ist doch absurd. Wer will denn erst einen Kilometer gehen, bevor er in der Stadt ist? Jeder innenstadtnahe Parkplatz bedeutet für den Handel einen potenziellen Kunden – jeder wegfallende Parkplatz demnach den Verlust eines potenziellen Kundens.«

Es bleibt spannend!

Ein Blick in die kleveblog-Historie: Theokratie vs Momarchie

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17 Kommentare

  1. 17

    Während der Meisterbürger des Kapitals und handverlesener Investoren sich von seinem Volk bewundern und bejubeln lässt finden zunehmend weniger Niederländer Kleve „leuk en gezellig“. Noch ein paar Klötze hier und da, weniger Parkplätze dort, Witzverbindungen als grenzüberschreitender Nahverkehr deklariert und es passt.

    http://waz.m.derwesten.de/dw/staedte/nachrichten-aus-kleve-und-der-region/wo-bleiben-die-hollaender-id6894394.html?service=mobile

     
  2. 16

    Theo Brauer läuft aber sehr einsam auf dem Bild.
    Und nun versinkt die von ihm mit Tschingderassabummbumm eröffnete Kirmes wieder im Regen.
    Wie sang noch Rudi Carell:
    „Wann wird’s mal wieder richtig Sommer.“
    Und er hatte auch nen Schuldigen parat:
    „Und schuld daran ist nur die SPD.“
    In Kleve ergänzen wir diesen Refrain noch mit dem „Club der Unterstadtfrevler“.
    Und nehmen die Welt in den Ferien bitte nicht so ernst, wie sie in Kleve scheint.

     
  3. 15

    @Max Knippert:
    Danke für die Suche. Allerdings handelt es sich bei diesen Immobilien nicht um Einkaufszentren, die mit dem Projekt in Kleve vergleichbar wären.
    Die Firma Sontowski entwickelt diverse Handelsimmobilien, allerdings meist ziemlich kleine. Das Klever Projekt ist eines ihrer größeren. Wo die anderen sind (außer in Monheim) bleibt weiter im Dunkeln.
    Was die Immobilien im Fonds betrifft – das müssen (und sind vermutlich auch) keine Eigenentwicklun gen sind.

     
  4. 14

    Olaf Plotke sucht das Potfolie von Santowski & Partner!

    Dies habe ich nach einigem suchen auf der Website gefunden!

    Keine Ahnung ob ich richtig liege? Zumindest bleiben die Fraglichen 5 übrig.

    Aus der Kurzanalyse von Santowski & Partner
    regio Fonds Süddeutschland 8

    Datum der Prospektaufstellung September 2010

    1) Fachmarktzentrum in Hammelburg
    2) Fachmarkzentrum bei Heidelberg
    3) Lebensmittelmarkt bei Karlsruhe
    4) Fachmarktzentrum bei Freiburg
    5) Nahversorgerzentrum in Hof
    6) Fachmarktzentrum in Kösching
    7) Lebensmittelmarkt bei München

    Vermietbare Fläche 17.187 m2
    Kündigung frühestens 31.12.2025 für ‚Fonds – Anleger‘

    Das Immobilienportfolio des Fonds umfasst 7 Einzelhandelsimmobilien in

    1) Hammelburg
    2) Neckargemünd (im Bau)
    3) Rülzheim
    4) Sasbach am Kaiserstuhl
    5) Hof
    6) Kösching
    7) Emmering (im Bau)

    Wer trägt das Risiko?

     
  5. 12

    @Stopsi 1900

    Wenn ich wie er den Spezialdemokratisten derart die Hosem herunter gezogen hätte, wäre ich auch ausgelassen drauf.

     
  6. 11

    Die Brauer’schen, äh sorry – Potemkinschen- , Dörfer funktionieren auch nicht mehr. Olaf Plotke hat sich da mal mit den Beurteilungskriterien für Investoren und deren Referenzen beschäftigt:
    http://www.kurier-am-sonntag.de/cms/notizblog/4852-saga-mir-wo-die-center-sind.html

    Einfach nur zum Schiessen(auf der Kirmes)! Um wieder einen richtig guten Coup landen zu können, muss die Kirmes verlängert werden. Ach ja – und für einen Schmalzartikel mit Riesenrad und ergriffenem Bürgermeister-Blick auf das Highlight Hochschule ist auch mal wieder Zeit. RP erwache!

     
  7. 10

    Ohne Für oder gegen dieses Projekt zu sein.Leider haben viel Bürgerentscheide der jüngsten Vergangenheit gezeigt, wie emotional statt wirtschaftlich Entscheidungen getroffen werden. Die Bürger bringen sich punktuell ein, wenn es dann jedoch an Folgeentscheidungen geht sind alle Lautschreier wieder schnell in der Deckung verschwunden.

     
  8. 9

    Das Beste haben aber alle verpasst, als unser Theo mit Badehose und Taucherbrille die Wildwasserbahn runter rutschte. Und seitdem regnet es……………… Dann wird die Kirmes eben wieder verlängert.

     
  9. 8

    Ich spendier unseren großen Stadtvisionären Brauer, Rauer, Haas, Frantz und Janssen eine Freifahrt im Riesenrad inklusive einer Stunde Zwischenstopp am höchsten Punkt…
    In der Zwischenzeit organisieren wir auf der Kirmes einen spontanen Bürgerentscheid, ob wir sie wieder runterlassen.

     
  10. 7

    ich meine, man sollte die Kirmes das ganze Jahr stehen lassen-ist eh immer Kirmes oder Karneval in Kleve.
    Hipp Hipp Hurra…

    Kleve wird ein Bau Monstrum ohne Hand und Fuß und noch schlimmer-ohne jeden Schick!

     
  11. 6

    Ich bin für einen Volksentscheid!
    Abgesehen von den Argumenten des Herrn Hopmanns, wird immer wieder mit dem Museum Haus Koekoek und dem davor gelegenen Koekoek-Platz in der Ferne für die Stadt Kleve geworben. Mit dem Bau des „Minoritenklotzes“ würde die Sicht auf Platz und Haus Koekoek verbaut, wer würde es noch finden?
    Wer findet demnächst noch die Schwanenburg, auf der Einfahrt in die Stadt Kleve von der Emmericher Straße aus, wenn der Hotelneubau seine endgültige Höhe erreicht hat?
    Oder lässt man das Riesenrad der Kirmes stehen, um den Besuchern und Bürgern einen Blick auf die Schwanenburg zu ermöglichen?
    Stellt sich mir die Frage, wann wird dann in den „Galleien“ gebaut?

    Bürger geht auf die Straße, bevor es zu spät ist!

    Euer Klever Jung

     
  12. 5

    Dieser Artikel zeigt klar und deutlich die Situation in
    Kleve. Die Vorgehensweise der CDU war schon immer „so traurig“.
    Wer erinnert sich noch an ihre hochtrabenden Pläne zur
    Eindeichung und Industriealisierung von Salmorth.
    Nun wird das Herz von Kleve eingedeicht bzw. zugeklotzt.

     
  13. 4

    Wie schön, dass man in Kleve nach wie vor ausschliesslich in Parkplatzeinheiten (PE) rechnet.
    Von daher ist es völlig egal ob das City-Netzwerk sich scheinbar ein wenig von der CDU entfernt hat oder nicht. Der Klever an sich steht auf Auto. Das Benzin dafür kommt nicht aus dem menschenrechtsverachtenden Staaten Nigeria oder Saudi-Arabien, sondern aus dem Zapfhahn.

    Ob der mal versiegen wird, das ist dem Klever doch egal. Macht sich der Kelver vielleicht Gedanken über Umwelt, Menscheit und Zukunft? Das sind doch alles Tagträumer, diese Grünen Wollpulloverträger, die sich mit diesen Dingen beschäftigen. Der Klever fährt mit dem Auto bis vor den Laden. Ende und Punkt.

    Und dieser blöde Bahnhof, wenn der doch eh 1 Kilometer weg ist, dann kann man ihn doch gleich schliessen. Das Bahnhofsgebäude steht doch eh zum Verkauf, dann kann man das doch gleich planieren und noch n Hotel drauf bauen, das man gleich mit dem Campingmobil-Stellplatz verbinden kann, das wo damals Güterzüge fuhren.

    Und dann kann man anstatt dieser blöden Citytrain gleich eine 4-spurige Strasse direkt in die City anlegen. Die bindet auch das neue Hotel am Kermisdahlufer schön an.

    Wie wärs anstatt eines Saturn-Umzugs mit einem völlig neuartigen Saturn-DriveIn, wo der Klever an den Regalen mit Fernsehern und Computern direkt vorbeifahren kann?

     
  14. 3

    Jörg Hopmans sollte cool bleiben. Das gibt sowieso nix da unten auf dem Minoritenplatz.

    Es lohnt sich mal diesen Bericht zu lesen:

    http://www.derwesten.de/nrz/staedte/muelheim/neue-verkaufsflaechen-nur-im-netz-id6874925.html

    Zitat: „Für den gesamten Handel gilt: Bedarf an zusätzlichen Läden sieht Haub nicht. Im Gegenteil: „Bereinigungen“ hält der Tengelmann-Geschäftsführer für unabdingbar. „Wir haben einen deutlichen Ãœberhang an Verkaufsflächen, und im Internet kommen ständig welche hinzu. Die sieht man nur nicht sofort.“

     
  15. 2

    Und was ist denn mit dem Rathaus?
    Lange nichts mehr darüber gehört. Soll das vielleicht irgendwann in den leerstehenden “ Klotz“ einziehen mit der Chefetage im leerstehenden Hotel ?

     
  16. 1

    Jörg Hoppmans bringt es sehr gut auf den Punkt.

    Ich bin für einen Bürgerentscheid, um dieses Projekt zum Wohle der Stadt noch zu verhindern.

    Theo Brauer hat vieles auf den Weg gebracht in den letzten Jahren. Davon war nicht alles schlecht.
    In den Jahren vor ihm, gab es mehr Stillstand als Bewegung. Doch je mehr Projekte unter ihm realisiert wurden, desto mehr handwerkliche und strukturelle Fehler schlichen sich ein. Das lief unter dem Motto „Masse statt Klasse“.

    Manchmal ist weniger mehr. Und ein Einkaufszentrum weniger, würde die Innenstadt stärken und für mehr zentrumsnahe Park-Plätze sorgen.

    Pro Bürgerentscheid!