Kleve = 0,82*Salzburg

Kürzlich war hier zu lesen, dass ein Doktor aus München errechnet hat, dass pro Jahr drei Millionen Tagestouristen nach Kleve kommen, und die Holländer als »geistige Schlagsahne« (U. Schulze-Heiming) waren da noch nicht einmal inbegriffen. Da dies – rein rechnerisch – den unvorstellbaren Einmarsch von 8219 Ausflüglern pro Tag bedeutet, habe ich etwas gegoogelt und etwas recherchiert…

Zunächst einmal die Definitionsfrage: Ein Tagestourist ist nicht die Oma aus Bedburg-Hau, die morgens bei Aldi einen Liter Milch kauft. Sondern, so Dr. Manfred Zeiner, Geschäftsführer der dwif – Consulting GmbH:

Die von uns verwendete Definition des Tagestourismus entspricht exakt der von der Welttourismusorganisation (UNWTO) vorgegebenen Definition. Sie lautet: Als Tagesausflug wird jedes Verlassen des Wohnumfeldes bezeichnet, mit dem keine Übernachtung verbunden ist und das

  • nicht als Fahrt von oder zur Schule, zum Arbeitsplatz zur Berufsausübung vor genommen wird
  • nicht als Einkaufsfahrt zur Deckung des täglichen Bedarfs dient (z.B. Lebensmittel) und
  • nicht einer gewissen Routine oder Regelmäßigkeit unterliegt (z.B. regelmäßige Vereinsaktivitäten im Nachbarort, tägliche Krankenhausbesuche, Arztbesuche, Behördengänge, Gottesdienstbesuche).

Dies zeigt, dass es sich hierbei nicht nur um »auffallende« Busgruppen und ähnliches handelt, sondern dass auch Verwandten- und Bekanntenbesucher (z.B. für Familienfeiern usw.), Museums- und Veranstaltungsbesucher, Spaziergänger und Shoppingausflügler hierunter fallen. Da jeder Deutsche im Jahr im Durchschnitt rund 35 Tagesausflüge unternimmt und zusätzlich noch pro Kopf und Jahr rund 8 Tagesgeschäftsreisen unternommen werden (Das ist das Ergebnis einer im Auftrag von Bund und Ländern durchgeführten Grundlagenuntersuchung, die auf mehr als 100.000 Interviews mit Deutschen basiert und die über eine Sonderauswertung auch Basis der Ergebnisse für Kleve war) erscheint das Ergebnis für Kleve in einem ganz normalen Licht. Wichtig ist auch noch die Tatsache, dass gerade städtische Tagesreiseziele eine überdurchschnittliche Anziehungskraft auf Tagesgäste besitzen.

Vereinfacht gesagt, gab es bei den 100.000 Interviews also 3750mal die Antwort, Kleve in den vergangenen zwölf Monaten einmal besucht zu haben. (Natürlich können manche Besucher auch zwei oder dreimal hier gewesen sein.) Zeiner: »Diese wurden dann statistisch hochgerechnet, da es bei der Grundlagenuntersuchung ja um eine repräsentative Zufallsstichprobe unter allen deutschen Haushalten handelt, ist diese Vorgehensweise als statistisch einwandfrei zu bezeichnen.« Noch mal etwas vereinfacht: mal 800, wegen der 80 Millionen Einwohner hierzulande. Und, schwupps!, sind die 3 Millionen hier – durch Plausibilitätstest abgesichert, wie Zeiner hinzufügt.

Aber wie sieht es eigentlich bei anderen Städten so aus? Mit ein bisschen Googeln findet man zum Beispiel eine Veröffentlichung über die äußerst pittoreske und sicherlich bei Tagesausflüglern sehr beliebte Stadt Salzburg (knapp 150.000 Einwohner). Diese Studie besagt, dass dort jährlich rund 5,5 Millionen Tagestouristen anbrandeten – davon ein Drittel Deutsche, die wir hier wie die Holländer in Kleve rausrechnen müssen. Bleiben rund 3,66 Millionen Tagestouristen, also nur unwesentlich mehr als in Kleve. Was uns zu der beeindruckenden Gleichung führt:

Kleve = 0,82*Salzburg

Glauben wir das?

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17 Kommentare

  1. 14

    hallo, ich finde diese zahlen „empörend“, das entspricht nicht im mindesten meiner Erfahrung, und ich sitze schon seit 30 jahren als trainspotter am Clevischen Bahnhof.seit meiner frühverrentung als ausgeburnter grundschullehrer(i)nnen

     
  2. 12

    @ Beobachter:

    Sei nicht traurig, sei froh, du könntest auch in Goch leben, oder in Emmerich, oder aber in Bielefeld.

    Kleve hat schon schöne Ecken, man muss nur wissen wo sie sind.

    @ Clavinius

    Wenn Mozart und Haydn wüßten, wer in Ihrer Straße residiert, ob die dann nicht lieber nach Salzburg ziehen würden?

     
  3. 11

    @beobachter: ich wusste nicht, dass der kleveblog auch eine kontaktbörse sein kann. ich bin auch eher unfreiwllig hier und du spricht mir mit aller kritik direkt aus dem herzen.
    wir sollten uns daher schleunigst kennen lernen und gemeinsam „für ein anderes kleve“ auf die straße gehen :o)
    kontakt siehe oben.

     
  4. 10

    Schon wieder jemand, der meinen nich benutzt 🙁 Der Beitrag weiter unten ist NICHT von mir, dem Beobachter, der nicht nur beruflich hier gelandet, sondern auch hier geboren ist.

    Auch mir gefällt nicht alles, aber er sollte sich vielleicht schnellstmöglich versetzen lassen 😉

     
  5. 9

    da könnte man glatt n Beat draus machen lalllalllala..Issaa alles superjuut…lalalalalalaa
    kommt bestimmt gut, jetzt zur närrischen Zeit.

     
  6. 8

    Sehr schön, nomen est omen… Insider: alles super hier, weil ich bin von hier ! Beobachter: Erstmal von aussen angucken das Städtchen – sieht nicht besonders sexy aus.

    @RD : mach doch mal den Kleveblog-Stammtisch auf unter dem Motto „eigentlich wäre ich lieber woanders, denn hier ist so miefig“ – dann kann man sich gegenseitig trösten.

     
  7. 7

    @claviniua

    Beethoven, der Erfinder der gleichnamigen Strasse, war ja so taub, dass er dachte, er wäre Maler.

     
  8. 6

    Warum soll Kleve nicht so attraktiv wie Salzburg sein? Salzburg hat Mozart. Kleve ein ganzes Musikantenviertel!

     
  9. 3

    Oh, da bin ich aber gespannt auf die attraktiven Orte/Aktivitäten in Kleve.
    Ich bin berufsbedingt in Kleve gelandet und kann bisher kaum Reizvolles und Attraktives finden.
    Gut, man muss für den täglichen Bedarf das Städtchen nicht verlassen.
    Ich vermisse insbesondere Freizeit und Kulturangebote für die Altersgruppe um 30.
    Zudem kultivierte Kneipen, Cafés, die nicht Teil einer Bäckerei sind, Tanzlokalitäten, die nicht nur von Kindern frequentiert werden, etc.
    Ganz abgesehen von der architektonischen … es tut mir leid … Hässlichkeit der Klever Innenstadt.

    Aber ich bin durchaus offen für Hinweise und Anregungen.