Jürgen Marcus, 1948-2018: Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben

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Ich weiß noch, dass Jürgen Marcus den Samstagabendfrieden in unserer Familie vor eine Herausforderung stellte. Meinem Vater war sein Auftreten nicht geheuer, womöglich hing das mit seiner zumindest durchscheinenden, aber Anfang der 70-er Jahre nicht öffentlich gemachten Homosexualität zusammen, und so bevorzugten wir insgesamt den deutlich erdigeren Tony Marschall („Heute hau’n wir auf die Pauke“), was aber in den Fällen, in denen Jürgen Marcus in der ZDF-Hitparade vor Marschall landete, schwere Krisen auslöste, in denen mein Bruder und ich insgesamt anzweifelten, dass es in dieser Welt mit rechten Dingen zugeht. Der Musikgeschmack ändert sich, man verliert die Helden und Antihelden seiner Jugend aus den Augen, und irgendwann erfährt man, dass der Schlagersänger sich zu seiner Homosexualität bekennt, dass er an der fatalen Lungenkrankheit COPD leidet und nun, wenige Tage vor seinem 70. Geburtstag, nach langem Siechtum in München gestorben ist. Man erfährt, dass er im Nachkriegsdeutschland in Herne geboren ist, dass er eine Lehre zum Schlosser absolvierte. Nebenbei reussierte er in Beatbands, und man kann sich vorstellen, dass der Weg auf die Bühne weit verlockender war als der zur Werkbank. Sein Lied „Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben“ die Generation der heute ca. 50-Jährigen noch bis ins Grab begleiten.

(Wenn ich noch einen schönen Nachruf finde, werde ich ihn verlinken. Und da ist er, aus der geschätzten taz natürlich:)

„… wie ein neues Leben“

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3 Kommentare

  1. 2

    Hallo,

    die Liedzeile „Eine neue Liebe ….“, könnte vom Zitat aus Goethes Gedicht von 1775 „Neues Leben/Neue Liebe, angeregt sein. Der Song ist ein Evergreen, und sollte ein bisschen mehr geachtet werden! Das tut der Verfasser meines Erachtens nicht. Durch eine Belustigungsanschauung, resümiert der Verfasser aus der Vergangenheit, anhand der Anschauung des Weltbildes des Schlagers aus dem eigenen, familiären Umfeld der damaligen Zeit. Dieses spiegelt meine Meinung und persönliche Wahrnehmung dar.

     
  2. 1

    Meine Familie gehörte zur Jürgen Marcus-Fraktion, obwohl meine Eltern auf Tonband auch Tony Marshall hatten, für diverse Feiern. Ich habe tatsächlich zu Hause die Weihnachts-CD „Tausend Lichter, tausend Kerzen“ von Jürgen Marcus, die ich mal auf dem alljährlichen CD-Basar gegen eine Spende bei meinem Arbeitgeber erstanden habe – zuerste wollte ich sie verschenken, hab sie dann aber behalten. Neben „The Christmas Album“ von Sinatra gehört sie mittlerweile zum weihnachtlichen Standard, weil Stimme, Musik (vom Orchester) und Text einfach zusammen passen. Kleine Kostprobe (für alle, die noch nicht mit den Augen rollen): https://www.amazon.de/Tausend-Lichter-Kerzen-J%C3%BCrgen-Marcus/dp/B000J3OI4M

    R.I.P.