Hochschule ändert Studienziel: 8. Semester reicht (laut RP)

Diese Zahlen gibt es nicht, wenn man die Rheinische Post liest

Im Journalismus gibt es die Regel, dass nur getroffene Hunde bellen. So, wie die Hochschule Rhein-Waal seit etwa einer Woche aufjault, ist anzunehmen, dass der kleveblog-Bericht über die wahren Erfolgszahlen der Einrichtung („Bilanz des Scheiterns„), der in gekürzter Form auch in der NRZ erschienen ist, wohl da getroffen hat, wo es besonders weh tut – bei der Wahrheit.

Nun ist es aber nicht so, dass an der Hochschule nicht das Handwerk der Kommunikation beherrscht wird. Die goldene Regel lautet: Wenn etwas so richtig in die Grütze gegangen ist, gibt es nur noch einen Ausweg – einen Anruf bei Matthias Grass von der Rheinischen Post. Der eilt geflissentlich zur Hilfe. 

Der Redakteur der Rheinischen Post veröffentlichte heute einen Bericht unter der Überschrift: „Doppelt so viele Ingenieure im Ziel„. Man staunt. Wer bisher dachte, das Ziel eines Studiums sei der Abschluss, erfährt in dem Bericht, dass als neues Ziel nun das Erreichen des achten Semesters ausgegeben wird. Zitat: „Dabei gelang es der Fakultät Technologie und Bionik die Zahl der Studierenden zu verdoppeln, die das achte Fachsemester erreichen.“

Selten ist mehr Unsinn im einen Satz gepackt worden.

Es handelt sich um die Verdoppelung einer Prozentzahl, der Artikel vergleicht also Nicht-Vergleichbares. Im Text heißt es: „Vom Jahrgang 2011/2012 erreichten in der Fakultät Technologie und Bionik nur 26 Prozent das achte Semester.“ Nun, so Grass, seien es „57 Prozent“.

Das einzige, was man zu diesen Zahlen sagen kann, ist, dass der Prozentwert um 31 Prozentpunkte angestiegen ist. 

Ein Beispiel: Haben einmal von 1000 Studenten 400 das achte Semester erreicht und bei einem zweiten Vergleichszeitpunkt von zehn Studenten acht, ergibt einmal eine Quote von 40 Prozent und bei der zweiten Gruppe eine Quote von 80 Prozent. Das aber ist keine Verdoppelung, sondern einzig und allein eine Veränderung von 40 Prozentpunkten. Der Blick auf die absoluten Zahlen macht es deutlich: Die ist von 400 auf acht zurückgegangen. Das sollten zumindest die beiden auf dem Foto in der Rheinischen Post abgebildeten Maschinenbau-Professoren Kisters und Nissing wissen, die das Hohelied der Qualität an der HSRW nicht müde werden zu singen.

Noch problematischer ist allerdings die neue Vorgabe, das achte Semester als Referenzpunkt heranzuziehen. Dazu heißt es in dem Artikel: „Das achte Semester wird als Vergleichszahl genommen, weil das die Bindung an die Hochschule aufzeigt und diese Studenten der Regel in die Bachelorprüfung gehen.“

Doch die Hochschule wäre nicht die Hochschule, wenn sie dazu nicht eine Statistik hätte, die genau diese Aussage zumindest in Zweifel zu ziehen imstande ist. Zum 30.11.2018 waren 51 % der Studierenden im Fachbereich Technologie und Bionik im ersten bis einschließlich achten Semester. Weitere 29 % waren schon mindestens ein Jahr über die Zeit (neuntes und zehntes Semester), und 21 % studierten bereits elf Semester oder länger, wobei jeder Hochschulexperte weiß, dass die Wahrscheinlichkeit, zu einem Abschluss zu gelangen, mit ausufernder Studiendauer deutlich abnimmt.

Weiter schreibt Grass, dass bundesweit mit einem Drittel Abbrechern gerechnet werde. „Darin reiht sich die HSRW ein.“ Dann zitiert er Oliver Locker-Grütjen, den neuen Präsidenten der Hochschule: „Studienwechsler laufen als Abbrecher ebenso, wie jene, die die Hochschule wechseln oder ins Ausland gehen. Deshalb müssen wir mit Erfolgsquoten rechnen.“

Warum zieht er dann nicht die eigene Statistik heran? In der hochschuleigenen Auswertung existiert eine eigene Tabelle, die mit dem Wort Abschlussquoten überschrieben ist (siehe Kopie oben). Demnach gab es zum 16.10.2018 in der Fakultät Technologie und Bionik 795 Exmatrikulation und 172 Bachelor-Abschlüsse. Die Quote, die die Hochschule selbst daraus errechnet, beträgt 22 %. Wohlgemerkt, die Erfolgsquote. Die Abbruchquote liegt also bei 78 %, was dann doch wohl signifikant mehr ist als das von Grass herangezogene Drittel. Wollen sie einen für dumm verkaufen?

Interessanterweise listen die beiden Professoren Kisters und Nissing sowie der Präsident, die den Redakteur wohl zum Gespräch eingeladen hatten, auch eine Fülle von Maßnahmen auf, mit denen, obwohl doch angeblich alles schon so toll ist, die Tollheit noch gesteigert werden soll. Unter anderem durch die Einführung eines „nullten“ Semesters sowie durch bessere Betreuung.

Und, nochmals Locker-Grütjen: „Wer als Studierender erkennt, dass er in der Praxis besser aufgehoben ist, dem müssen wir auch den Weg in die berufliche Ausbildung aufzeigen.“ Was, als Chinese oder Inder ohne Deutschkenntnisse, natürlich am Niederrhein ganz einfach ist.

Spezialist für schräge Töne und Zahlen? HSRW-Präsident Oliver Locker-Grütjen (l.) als Bassist der Band False Color Image (Foto: Arnulf Stoffel)
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25 Kommentare

  1. 24

    @Reichswalder Jede dieser Ergebenheitsadressen zu kommentieren, dazu ist mir meine Zeit zu kostbar. Aber natürlich wird auch bei dieser (an sich guten) Sache die Öffentlichkeit hinters Licht geführt, weil eine wesentliche Tatsache weggelassen wird: Das Studium an der Fakultät Technologie & Bionik ist männlich dominiert, 85 Prozent der Studierenden sind Männer. 3 Prozent sind Frauen aus Deutschland, 12 Prozent Frauen aus dem Ausland. Um die letzte Gruppe geht es in dieser Sommeraktion, die ohnehin nur auf fünf Tage befristet ist („Camp“). Aber den schlechten Nachrichten soll wohl ein bisschen „gute Presse“ entgegengesetzt werden. Aber nett, dass die katastrophalen Zahlen wenigstens auf diese Weise bestätigt werden.

     
  2. 23

    Herr Daute, schlafen Sie? Neue wie bezahlt wirkende Berichterstattung zur Hochschule in der RP: Der Club der großen Schwestern. Berichtet wird über Nachhilfe von weiblichen Maschinenbau-Studierenden für ihre Kommilitoninnen. Darin findet sich der folgende Satz: „Als Phyllis Ndugire in Kleve an der Hochschule-Rhein-Waal mit ihrem Maschinenbau-Studium begann, waren 12 Mädchen aus aller Herren Länder unter den Erstsemestern. Als Ndugire vor dem Abschluss des Bachelor-Studiums stand, waren es nur noch zwei.“ Sieht doch ganz danach aus, als ob Ihre Zahlen langsam auch in der Rheinischen Post ankommen. Es handelt sich natürlich nur um eine kleine Stichprobe, die jedoch eine Abbruchquote von 83 Prozent ergibt. Der Autor schreibt aber auch, dass jetzt „nicht mehr so viele“ ihr Studium abbrechen, was immer das heißen mag.

     
  3. 21

    @17 Klaus
    Hello Mr. Klaus, was this comment really bashing or wasn`t it???

    https://www.kleveblog.de/hsrw-senat-bittet-prof-menzel-posten-zu-bekleiden-den-es-gar-nicht-gibt/#comment-304018

    What if it wasn`t? Have the strange things been resolved until today? If not, why they haven`t?
    To be honest, I don`t think they have been resolved. And as long as that isn`t the case, you should not call critical comments about the university as bashing! There may still be strong reasons for critical comments!

     
  4. 20

    @17. Klaus
    Ein strukturierter und sinnvoller Aufbau der Fakultät was Personal, Studiengänge, Studieninhalte und eben auch Ausstattung angeht ist nicht „optimal“ durchgeführt worden. Mir ist sehr daran gelegen, Sie und alle anderen Leserinnen und Leser, denen das Thema HSRW zum Hals raushängt, in Zukunft nicht mehr damit zu belästigen. Versprechen kann ich das aber nicht. Ich möchte offen mit denen reden können, die Entscheidungen treffen, aber mit Maulkorb geht das schlecht. Es sieht so aus, als wenn ich nicht der einzige bin, der sich den Frust von der Seele schreibt, aber Bashing ist das nicht, denn würde die HSRW mir nicht am Herzen liegen, würde es mich nicht so sehr frustrieren was an der HSRW passiert ist und weiterhin passiert.

     
  5. 19

    Ein Fehler der bei der HSRW und anderen neugegründeten Hochschulen gemacht wurde, ist die anfängliche Ãœberschüttung mit Geld, dass in der Größenordnung oft gar nicht sinnvoll ausgegeben werden kann. Später hätte man das Geld gut für sinnvolle Anschaffungen gebrauchen können. Aber zuvor musste das Geld ausgegeben werden, so dass häufig Geräte, Anlagen und Maschinen auf Verdacht gekauft werden ohne genau zu wissen, ob die Fakultät diese Dinge gebrauchen kann und ob überhaupt dafür geeignetes Personal zu Verfügung steht oder rekrutiert bzw. bezahlt werden kann. So kommt es, dass teure Anlagen, Maschinen etc. teilweise noch nie benutzt wurden.

     
  6. 18

    @Klaus Kein Bashing. Die HSRW weiß um das Problem. Selbst Besucher wurden auf Führungen darauf hingewiesen.

     
  7. 17

    @rd
    Da (@13. Maschinenstürmer) ist es wieder, das HSRW-Bashing.
    Die Ausstattung der Maschinenhalle und der Labore (war Maschinenstürmer dort überhaupt schon mal drin?) ist modern und praxisnah um den Ausbildungszweck der Fachhochschule zu erfüllen. Kennt „@13. Maschinenstürmer“ die technischen Mitarbeiter und Leiter der Werstätten und was sie tun? Natürlich ist eine Lehreinrichtung nicht vergleichbar mit produktiven Betrieben bei denen die Maschinen den ganzen Tag Gewinnen erwirtschaften müssen.

     
  8. 16

    @ Jens Speh
    Without any doubt, Professor Nissing is a very important pike. The true expert for problems of all kind. He overshadows all other professors of his faculty by far, simply with his body-fullness. If all statistics show too few degrees, then he simply developes some new evaluation methods with surprising results. Over the heads of the mathematicans of his faculty. And now he is still so generous to donate e-bikes from his overshooting intelligence. As a passionate cyclist, whom never blows the wind in his face and whom all give way, that will certainly work. Without any doubt! Go and let`s have a beer with him!

     
  9. 15

    @14. Stefan Schuster
    Ich glaube es ging in 13. wohl nicht um die Werkzeugmaschinen, sondern um das, was sonst noch da ist.

     
  10. 14

    #13, zum Thema Potemkisches Dorf:

    Ãœber den Auslastungsgrad der Maschinen in der Halle der HSRW kann ich nichts sagen mangels Einblick, auch nichts zu den Kenntnissen der Ausbilder.

    Allerdings ist die maschinelle Ausstattung meiner Ansicht nach adäquat, auch noch nach 8 Jahren. Eine CNC-Fräse mit 5 Freiheitsgraden dürfte hinreichen (leider ist es nur eine). Die Studenten werden später im Laufe des Berufslebens schon selbst herausfinden, dass weitere Freiheitsgrade modernerer Maschinen hauptsächlich in den Marketingabteilungen der Hersteller erfunden werden. Stimmt, 8 Jahre sind lang, aber die zwischenzeitlichen Fortschritte liegen hauptsächlich in der Software und im Produktionstempo.

    Ich stimme mit der allgemeinen Kritik überein, aber die Maschinenausstattung als Argument herzunehmen führt, glaube ich, in die Irre.

     
  11. 13

    Dem Kommentator Reichswalder ist zuzustimmen. Wer den Bericht in der Rheinischen Post für Journalismus hält, verwechselt wohl auch Prostitution mit wahrer Liebe. Dass zwei Professoren und ein Präsident den Redakteur so durchschaubar für ihre Zwecke missbrauchen, schmerzt, denn jeder an der HSRW weiß, dass die Leistungen der Fakultät bisher ganz bescheiden waren (es gab ja auch zu viel nebenher zu tun). Eine besondere Peinlichkeit des Berichtes ist aber allen Kommentatoren bisher entgangen: Das Foto zu dem Artikel zeigt drei hemdärmelige Herren in der Maschinenhalle. Das Bild soll wohl aussagen: Wir sind da, wo es zischt und kracht, wir packen an. Doch es handelt sich um die Kulisse eines Potemkinschen Dorfes: Die Maschinen in dem Gebäude stehen seit Jahren die meiste Zeit still, denn es gibt kaum einen, der sie bedienen kann. Inzwischen dürften auch viele Gerätschaften veraltet sein (acht Jahre sind im Maschinenbau eine lange Zeit). Das ist der Qualität der Ausbildung mit Sicherheit nicht förderlich. Auch hier verhinderte das überhastete Wachstum (viele Studiengänge & dafür nötige Professoren), dass wirklich nachhaltige Strukturen geschaffen werden konnten. Dass diese Fehlentwicklungen nicht offen angesprochen werden, ist für die HSRW unter der neuen Leitung ein verheerendes Signal.

     
  12. 9

    @7 rd Natürlich hat die Fakultät ein großes Interesse daran, die Zahlen in ein besseres Licht zu setzen.

    Mit Statistiken und Interessenlagen an Hochschulen/Instituten dürfte Locker-Grütjen sich aber auch auskennen (aus seiner Tätigkeit als persönlicher Referent der Rektorin der Uni Essen, Assistent des Dekans des Fachbereichs Biologie, Geografie und Landschaftsarchitektur der Uni Essen, Geschäftsführer des Zentrums für Mikroskalige Umweltsysteme, Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung der Universität Duisburg-Essen und zuletzt als Abteilungsleiter des Science Support Centres der Uni Duisburg-Essen).

     
  13. 8

    Nein, der Präsident hat sich nicht zum Büttel der Fakultät Technologie und Bionik gemacht. Aber es stimmt, eine oder mehrere Personen haben sich zum Büttel gemacht; Nur eben nicht zum Büttel der Fakultät Technologie und Bionik (oder einer anderen Fakultät).

     
  14. 7

    @Chewgum Er scheint noch ein wenig unbedarft zu sein, was die Fallstricke an der Fakultät Technologie und Bionik angeht. Jetzt hat er sich öffentlich zu deren Büttel gemacht, und gleich dazu noch die unheilvolle Nähe der RP gesucht und sich dadurch als Lachnummer präsentiert. Im Tennis würde man von Doppelfehler sprechen.

     
  15. 6

    Ein wahrhaft gelungener Einstieg des neuen Hochschulpräsidenten samt Kollegen.

    Gratulation. So wird das was.

    Vorschlag: Nennen Sie die HSRW dann doch konsequenterweise in Waldorfhochschule Rhein Waal um.

     
  16. 5

    Ich lehre an einer anderen Fakultät (G & Ö) und habe mich schon mehrere Male über das Kleveblog wegen der pauschalen Anwürfe geärgert. Dieses Mal muß ich aber Herrn Daute rechtgeben. Die Zahlenspielerei mit dem achten Semester, veröffentlicht in der RP, war zum Fremdschämen – dagegen ist das belächelte Vertriebs-Controlling eine ernste Disziplin. Das allgemeine Kopfschütteln führte fast zum Erzittern des Gebäudes.

     
  17. 4

    Vorschlag zur Güte:
    Die HSRW erhebt zusätzliche €100 Semesterbeitrag, verzichtet auf Prüfungen und vermittelt generell ein gewünschtes Diplom, nach Wunsch bachelor, master oder dr.ing, von der site https://www.instantdegrees.com/.

    Ist zwar für´s Erwerbsleben nicht zu gebrauchen, aber auf Visitenkarten und beim Galadiner macht es sich hervorragend.

     
  18. 3

    Ich dachte heute morgen schon bei der RP-Lektüre, dass da wohl jemand einen Artikel bestellt habe.

    Für mich bleibt nach der Lektüre nur festzustellen, dass die RP eben in einer anderen Wirklichkeit existiert. Es ist die Wirklcihkeit der Eliten, zu der Volksbänker, Großmetzger, Großbäcker, Museumsdirektoren, die CDU und natürlich die Professoren der HSRW gehören. Kein Anlass ist zu dumm, kein Anlass zu gering, dass die RP diese Elite nicht noch mit einem Artikel bedenkt.
    Hoffnung macht, dass die Leser dieser Wirklichkeit weniger werden.
    Hoffnungslos macht, dass die Leser die Parallelwelt nicht erkennen, die ihnen da tagtäglich serviert wird.

     
  19. 2

    aha !
    Das Ziel ist, es 8 Semester lang in Kleef auszuhalten.

    Ich bin damals in Bonn eingeschrieben geblieben,
    weil das SemesterTicket für den VRS so günstig war.
    Hab`s auf 32 Semester gebracht.
    Zähle ich also als 4facher Bachelor ?

     
  20. 1

    @rd Wenn das bei den Zahlen so schwierig ist etwas Positives zu schreiben, warum hat man Ihnen dann noch keinen Sitz im Hochschulrat angeboten? Die Hochschulführung würde Humor, Charme und Cleverness beweisen, wenn sie ihren schärfsten Kritiker in das Kontrollgremium holen würde. Ein spannendes Thema würde dann im Kleveblog zwar vermutlich wegfallen, aber dafür dürften sich die Hochschulangehörigen auf spannende Diskussionen innerhalb der Hochschule freuen. Allerdings würde ich noch eine ordentliche Aufwandsentschädigung aushandeln, aufzupassen dass kein Unsinn gemacht wird, wäre ein Full-Time-Job.