Franz Joseph van der Grinten, 1933-2020

Ein wacher Geist: Franz Joseph van der Grinten (Foto: Institut für bildnerisches Denken)

Die rheinische Kulturszene und Kunstwelt trauert um Franz Joseph van der Grinten, den Sohn eines Landwirts aus Kranenburg, der in jungen Jahren mit seinem älteren Bruder Hans (gestorben 2002) die Kunst für sich entdeckte, der entscheidenden Anteil am Aufstieg von Joseph Beuys hatte und dessen fast schon manisch zu nennender Sammeldrang, den er mit seinem Bruder teilte, zur Anschaffung von mehreren tausend Kunstwerken führte (allein 5000 Arbeiten von Beuys), die heute den Kernbestand des Museums Schloss Moyland bilden. Franz Joseph von der Grinten verstarb heute Morgen im Alter von 87 Jahren.

Kindheit und Jugend verbrachten die Brüder van der Grinten auf dem Bauernhof der Eltern. Von 1943 bis 1954 (mit einer Unterbrechung in der Kriegszeit) besuchte Franz Joseph von der Grinten das Staatliche Gymnasium in Kleve (heute: Freiherr-vom-Stein-Gymnasium). Im Haus des Englischlehrers Dr. Heinrich Schönzeler lernten die beiden Brüder Joseph Beuys kennen, der sich dort gemeinsam mit Schönzelers Sohn Ernst auf die Aufnahmeprüfung für die Düsseldorfer Kunstakademie vorbereitete. Daraus entstand eine Freundschaft, die ein Leben lang hielt.

Und sie erweckte die Leidenschaft für die Kunst. Unter anderem begannen die Brüder, Werke von Beuys aufzukaufen. Als Beuys an seinen eigenen Qualitäten zweifelte und drauf und dran war, sein künstlerisches Schaffen zu beenden, arbeitete er auf dem Hof der van der Grintens in Kranenburg und fasste wieder Lebensmut. Auf dem Hof der van der Grintens fanden auch die ersten Kunstaustellungen statt.

Franz Joseph van der Grinten studierte zunächst Jura und Germanistik in Köln und München, danach noch Philosophie, Psychologie, Anglistik, Romanistik und Kunstwissenschaft in Bonn, und entsprechend weit gefächert waren auch seine Interessen. 1965 heiratete er Ingeborg Weber, mit der er drei Kinder hat, die Künstler Gerhard und Franz Rudolf van der Grinten sowie die Modistin Daphne van der Grinten.

Von 1971 bis 1993 war van der Grinten als Kunsterzieher am Collegium Augustinianum in Gaesdonck tätig. Zu seinen Schülern gehörte auch der Schriftsteller Christoph Peters („Dorfroman„), der am Abend auf Facebook die Todesnachricht veröffentlichte: „Heute Morgen ist mein liebster und wichtigster Lehrer und seit Schultagen väterlicher Freund, der Künstler, Dichter, Gelehrte und Sammler, Franz Joseph van der Grinten im Alter von 87 Jahren gestorben. Ein in jeder Hinsicht wunderbarer und herausragender Mensch, dem ich unendlich viel verdanke.“

Er sammelte Kunst, aber er war auch selbst als Künstler tätig. Sein Sohn Gerhard schrieb anlässlich einer Ausstellung über seinen Vater: „Das Werk von Franz Joseph van der Grinten hat sich stets die Extravaganz des Privaten bewahrt, war sich genüge, ganz unbekümmert um die allgemeine Jagd nach dem Getöse, lautstarkem Beifall, Aktualität, was immer das auch sein mag.“

Später wandte sich der Kunsthistoriker auch der Lyrik zu, im Alter von 80 Jahren veröffentlichte er 2013 seinen ersten Gedichtband. Sein Schüler Klaus Johann sagte anlässlich des Erscheinens: „Wenn ein Dichter mit achtzig Jahren sein début feiert, so ist das ungewöhnlich. Wer freilich
Franz Joseph van der Grinten kennt, der wird es eher ungewöhnlich finden, dass er erst jetzt, als Oktogenarius, seinen ersten Band mit Gedichten vorlegt. Denn in der Tat ist Franz Joseph van der Grinten einer der belesensten Menschen, die man sich vorstellen kann. Wer ihn einmal besucht hat, früher am Grote Laarweg, direkt an seiner alten Wirkungsstätte in Gaesdonck gelegen, oder seit nunmehr auch schon rund
zwanzig Jahren in Erfgen, beinahe in Rufweite zum Schloß Moyland, das seine und seines Bruders Hans van der Grinten Kunstsammlung beherbergt und bewahrt, wer mithin Franz Joseph van der Grinten einmal besucht hat, der wird sich an ihn und seine Familie, die Gastfreundlichkeit und die über alle Zimmer verteilten Kunstwerke erinnern. Aber es werden sich ihm auch unauslöschlich die Legionen von Büchern eingeprägt haben, die
dort in unzähligen Regalen eingeordnet oder in ebenso zahllosen Stapeln auf Boden und Möbeln im ganzen Haus und in fast allen Räumen als Zeugnis unstillbaren Bildungsdranges und Wissensdurstes zu finden waren – jeder Buchrücken im Hause van der Grinten eine unausgesprochene Frage an die eigenen Kenntnisse und eine freundliche Anregung, sie zu erweitern, in eins.“

Ab 1993 bis zum Jahre 2003 war van der Grinten – bis zu dessen Tod gemeinsam mit seinem Bruder Hans – Direktor des Josef-Beuys-Archivs und des Museums Schloss Moyland. Franz Joseph van der Grinten wurde am 23. November 1992 mit dem Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet. Franz Joseph van der Grinten lebte und arbeitete in Bedburg-Hau.

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4 Kommentare

  1. 4

    Zu denen, die Franz Joseph van der Grinten als Lehrer erlebten, gehört auch der FAZ-Redakteur und geschätzte Romanautor Paul Ingendaay, der heute in seinem Blatt einen Nachruf veröffentlichte, in dem er den Unterricht bei ihm im Internat Gaesdonck schildert: „Denn Franz Joseph van der Grinten, unser Kunstlehrer, hatte an Autorität, Ruhe in der Klasse und dem Ãœblichen nicht das mindeste Interesse. Er verstand sich nicht als Aufpasser oder Bändiger. Franz Joseph van der Grinten lebte die Kunst, er widmete sich der Kunst in allen Facetten […], und wenn er den Schülern den Linolschnitt, seine eigene Spezialität, mit damals völlig unpädagogischer Ruhe und scheinbarer Absichtslosigkeit erklärte, schenkte er ihnen dieselbe Aufmerksamkeit wie den namhaften Künstlern, deren Ausstellungen er in seinem anderen Leben, weit jenseits des Niederrheins, konzipierte. Einmal fragte er im Unterricht einen Schüler – nicht mich -, warum der ihn, den Lehrer, so ernst anschaue. ,Weil Sie die Kunst so ernst nehmen`, sagte der Schüler. Das war das Ungewöhnliche: dass ein Lehrer beseelt war von seinem Fach.“ Hier der Link zum Artikel (frei abrufbar): https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunst/beuys-sammler-franz-josef-van-der-grinten-gestorben-16998357.html

     
  2. 3

    Ich bedanke mich noch einmal bei Franz Josef van der Grinten. Er lehrte nicht nur mich in seinem Kunstunterricht freies und kritisches Denken und half mir nicht zuletzt dadurch, sieben schlechte Jahre auf dem BAG zu überstehen.

     
  3. 2

    Obgleich ich Engländer bin. besuche ich sehr häufig die Stadt Kleve und ihre Umgebung und habe sie sehr gern. Ich besuche immer das Museum Schloß Moyland und das Kurhaus Kleve und ich bin sehr traurig, vom Tod von Franz Joseph van der Grinten zu hören – so nahe dem Hundertjahrjubiläum vom Geburt von Joseph Beuys. Beiträge zu meiner Website http://www.withbeuys.co.uk über Beuys sind sehr willkommen.
    Freundliche Grüße aus England
    Cliff Gorman