Eine Frage der Auskömmlichkeit

Auskömmlich, das war das merkwürdige Wort in der Pressekonferenz des 1. FC Kleve vor dem Ratsbeschluss zum Zuschuss. Die Saison könne auch ohne die städtischen Gelder auskömmlich gestaltet werden. Und jetzt – nach einem Treffen des derzeit als Co-Frontmann agierenden Lukas Verlage am Donnerstag mit Vertretern der Finanzverwaltung in Düsseldorf – soll das alles nur noch Makulatur sein? Kann es sein, dass der Realitätsverlust noch größer oder die Anzahl der tatsächlich allen handelnden Personen bekannten Fakten noch kleiner war als gedacht?

Der am Samstag beschworene Neuanfang, dieses ominöse „Stopp – nicht weiter so wie bisher“ könnte sich somit bei näherem Hinsehen als der verzweifelte Versuch herausstellen, um jeden Preis eine Insolvenz zu vermeiden. Wobei schon allein die Tatsache, mitten in der Saison den Spielbetrieb aufzugeben, den Grad der Verheerung erahnen lässt: Die Spieler mit lukrativen Verträgen (z.B. Akpinar, Klimczok) werden nicht ohne Not gehen, ebenso der Coach, dem mit der Meldung, dass sein Nachfolger schon »zu 90 Prozent« feststehe, äußerst uncharmant der Stuhl vor die Tür gesetzt wurde. Vertrag ist Vertrag, werden die sagen – und falls ein anderer Spieler geht, dürfte dies etwa so viel Ersparnis bringen wie ein bisschen Büffet der Weihnachtsfeier gekostet hat.

Demgegenüber verzichtet der Klub auf die einzige sicherere Großeinnahme der nächsten Monate, das Heimspiel gegen Rot-Weiß Essen (ca. 3000 Zuschauer à 10 Euro). Außerdem könnten die Werbepartner auf die unschöne Idee kommen, Regressforderungen zu stellen.

Wie also sieht der aktuelle Kassensturz aus?

Lfd. Nr. Betrag Kommentar
Soll
1 570.000,00 EUR Rückzahlungsforderung der Finanzbehörden (nicht gezahlte Lohnsteuer)
2 570.000,00 EUR Wenn Leute schwarz beschäftigt wurden (Posten 1), werden automatisch auch Nachzahlungen an die Sozialversicherungen (Krankenkasse, Arbeitsamt) fällig – üblicherweise in derselben Höhe wie die Steuerforderung (Betrag ist eine Schätzung)
3 650.000,00 EUR Die Stadt wird im nächsten Jahr die Rückzahlung des Zuschusses fordern – davon konnte man beispielsweise an der Lutherschule Marmorklos errichten, was den Volkszorn zu besänftigen hülfe
4 ? EUR Der DFB könnte auf die Idee kommen, dass der Klub sich unrechtmäßig einen Wettbewerbsvorteil verschafft hat – und neben der Gagastrafe Punktabzug (wovon?) auch noch eine Geldstrafe aussprechen
5 ? EUR Der renommierte Steueranwalt aus Köln, der sich seit über zwei Jahren mit dem Fall beschäftigt, will bestimmt auch ein Honorar sehen
6 ? EUR Kann es sein, dass Sponsoren Geld zurückfordern – wegen Nichterfüllung des Vertrags? Wundern würde es jedenfalls nicht
Haben
7 100.000,00 EUR Lt. RP gibt es einen Betrag im niedrigen sechsstelligen Bereich, den die glorreichen 19 bisher tatsächlich eingezahlt haben. Das ist weit entfernt von der Summe, die auf der Pressekonferenz als sicher und unabhängig von irgendwelchen Bedingungen fließend benannt wurde – da war von etwa der Hälfte der Gesamtsumme die Rede, also mindestens einer halben Million Euro
8 0,00 EUR Einnahmen durch Spielbtrieb
8 46.800,00 EUR Einnahmen durch Mitgliedsbeiträge (600 * 78,00 EUR, Höchstgrenze)

Wie bitte soll das gutgehen?

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5 Kommentare

  1. 3

    Ausserdem hat RD die
    Millionen- Einnahmen aus dem Verkauf der Filmrechte vergessen:

    „Die Schuldenburgs, eine ehrenwerte Gesellschaft“

     
  2. 2

    @RD: sehe es nicht so verbissen. Das ist der Neuanfang, alles wird auf Null gestellt. Deshalb kann Deine Rechnung nicht stimmen, da diese ungleich Null ist (wenn ich richtig gerechnet habe). Da fehlt ja noch die Einnahme von der VoBa.
    Außerdem stehen ja noch Millionenbeträge durch Ablösesummen aus. Das ist im Fußball so üblich. Umut, Marek, Marius und Benedikt lassen sich prima verscheuern. Germania Windeck, VFB Hüls und Westfalia Rhynern stehen schon Schlange an der Sportsbar.
    Du wirst sehen, das bringt soviel Kohle, damit kannste sogar die zugige Tribünenruine heizen.