Ein Wort zur Echtzeitmessung

Sie sind unterwegs, bis Sie anhalten. Dies hat unsere Echtzeitmessung ergeben.
Sie sind unterwegs, bis Sie anhalten. Dies hat unsere Echtzeitmessung ergeben.

Diesen Artikel zu lesen, wird 7 Minuten und 24 Sekunden ihrer Lebenszeit beanspruchen. Dies hat die kleveblog-Echtzeitmessung ergeben.

Zugegeben, dies ist nicht direkt ein lokales Thema, aber es muss einmal zur Sprache kommen. Als gelegentlicher Autofahrer führt eine nicht zu behebende Störung des Autoradios dazu, dass inmitten der schönsten klassischen Konzerte Verkehrsdurchsagen des Westdeutschen Rundfunks eingeblendet werden. Diese überraschen seit einigen Wochen mit einem neuen Gimmick – der so genannten Echtzeitmessung. Es heißt also nicht mehr „Zehn Kilometer Stau am Kamener Kreuz“, sondern „Zehn Kilometer Stau am Kamener Kreuz, Sie müssen 20 Minuten mehr Zeit einplanen, dies hat unsere Echtzeitmessung ergeben“.

Dies ist aus vielerlei Hinsicht zu beanstanden. Grundsätzlich sei zunächst einmal angemerkt, dass es sich bei Verkehrsinformationen um den vermutlich absurdesten Teil des gesamten Nachrichtenwesens handelt. Millionen von Menschen werden mit Ortsangaben kurzzeitiger Stockungen beliefert, die in der Regel lediglich ein paar hundert Menschen betreffen. Allen anderen bleibt vermutlich einzig der kathartische Effekt: Wie gut, dass ich gerade in meiner warmen Stube sitze!

Nun ist dieser Aufwand, der für die Erfassung der mehr oder minder gesetzmäßig auftretenden Unwuchten (A 57 ab Autobahnkreuz Moers im Berufsverkehr) betrieben wird, schon seltsam genug, doch er hat nun noch eine Steigerung erfahren. Es gibt also offenbar Menschen, die – vermutlich mithilfe von Google – zusätzlich berechnen, welche Lebenszeit einen in einer solchen Blechschlange vermutlich verloren gehen wird. Das ist etwa so sinnvoll, als wenn der Kapitän der Titanic hätte durchsagen lassen: „Verehrte Passagiere, in 20 Minuten sind wir alle auf dem Meeresgrund, dies hat unsere Echtzeitmessung ergeben.“

Es kommt aber noch schlimmer: Bekanntlich ist der Westdeutsche Rundfunk gut angefüllt mit hoch bezahlten Redakteuren, deren Handwerk die Beherrschung der deutschen Sprache sein sollte. Was aber genau ist eine „Echtzeitmessung“? Was macht sie besser als eine „Zeitmessung“ oder eine ganz simple „Messung“? Wie unterscheidet sich eine „Echtzeitmessung“ von einer „Falschzeitmessung“, die es dann ja auch geben müsste? Könnte es sein, dass hier ein Popanz gemacht wird, um die simple Tatsache zu verdecken, dass irgendjemand so Pi mal Daumen die Staukilometer in Lebensminuten umgerechnet?

Heisenberg und seine Erkenntnis, dass es überhaupt nicht möglich ist, etwas „echt“ zu messen, wollen wir hier gar nicht erst ins Feld führen.

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13 Kommentare

  1. 13

    Hallo,

    mich stört dieser „gewichtige“ Begriff der WDR Mitarbeiter auch schon seit Monaten.
    In einer Email habe ich den WDR gebeten, dieses Wort einfach nicht mehr ( fälschlicherweise ) zu benutzen – keine Reaktion.

    Generell erwarte ich von Rundfunkmitarbeitern, die auch an`s Mikrofon dürfen, dass sie die dt. Sprache beherrschen , denn im Radio geht`s ja in erster Linie um Sprache.

    Mein Eindruck ist allerdings, dass das Niveau ( nicht nur bei kommerziellen Sendern ) immer weiter sinkt.
    Der Genetiv wird selten korrekt benutzt ( “ Rettet dem Dativ !“) , aber es wird auch vom Transport radioaktiven Mülls in das “ ENDLAGER !“ in den NDR / WDR Nachrichten gesprochen.
    Der Begriff „Endlager“ beruhigt vielleicht – aber soetwas gibt es weltweit immer noch nicht !

    Ich gehe davon aus, dass eine präzise Sprache auch bei klarem Denken weiterhelfen würde.
    Damit haben aber nicht nur manche junge Menschen Probleme, auch Rundfunkredakteure verbreiten Floskeln, die
    dann z.T. von vielen Hörern übernommen werden.

    Sprache soll sich entwickeln, muss aber doch nicht zu leeren Worthülsen verkommen !

    Na ja, ich versuche mich nicht allzu sehr zu ärgern – denn dass hieße ja, für die Dummheit / Gedankenlosigkeit Anderer zu büßen !

    Gruß aus Moers !
    Volker Arians

    PS: Man sehe mir die Rectschreibfehler nach, die Reform der dt. Rechtschreibung habe ich noch nicht voll erfaßt..

     
  2. 12

    @11 pd: nicht mal … von wegen Vergangenheit , real time …. und das ist j e t z t.
    Ãœbrigens, Zukunft ist auch nur Vergangenheit von nachher :-)))

    @10 FF , Herr Förster, wenn Sie mir erlauben, das so zu sagen, möchte ich Ihnen mit auf den Weg geben :
    Förster bleib bei Deinen Bäumen.

    Ich hätte das jetzt mit meinen eigenen Worten formulieren können, aber wozu gibt`s Wikipedia ?
    Definition : DIN ISO/IEC 2382 (alt:DIN 44300 (Informationsverarbeitung), Teil 9 (Verarbeitungsabläufe)
    „Unter Echtzeit versteht man den Betrieb eines Rechensystems, bei dem Programme zur Verarbeitung anfallender Daten ständig betriebsbereit sind, derart, dass die Verarbeitungsergebnisse innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne verfügbar sind. Die Daten können je nach Anwendungsfall nach einer zeitlich zufälligen Verteilung oder zu vorherbestimmten Zeitpunkten anfallen.
    Durch die Hardware und Software muss sichergestellt werden, dass keine Verzögerungen auftreten, welche die Einhaltung dieser Bedingung verhindern könnten. Die Verarbeitung der Daten muss dabei nicht besonders schnell erfolgen, sie muss nur garantiert schnell genug für die jeweilige Anwendung erfolgen.

    any more questions?

    Ãœbrigens, die Franzosen haben für das Phänomen Stau einen viel trefferenden Ausdruck ,
    nämlich “ bouchon “ , zu deutsch Flaschenhals , die Hölländer nennen es „file“ aus dem englischen „Aufreihen“

     
  3. 11

    „Die Echtzeitmessung ist ja erfasste Vergangenheit, aus der sich keine Rückschlüsse auf die Zukunft ableiten lassen“

    Das ist Quatsch. Vielleicht keine 100%igen Rückschlüsse aber doch Rückschlüsse die mit Wahrscheinlichkeit eintreten.

     
  4. 10

    Ein wahrhaft unsere Welt bewegendes 😉 Thema,
    zu dem sogar jeder Mensch etwas beitragen kann,
    der schon einmal irgendwann irgendwo „im Stau“ gestanden hat,
    also wirklich so ziemlich jeder Mensch … 😉

    Aber es gibt doch wirklich Schlimmeres auf dieser Welt als so etwas … 😉
    (Falls Zweifel bestehen,
    bin ich gerne zu hilfreichen Hinweisen bereit …)

    Was mich am meisten wundert
    an diesem gut in unsere (Karnevals-) Zeit passenden Artikel 😉
    ist der Umstand,
    dass der Autor
    sich gar nicht ausführlich mit dem Begriff
    „Stau“
    als solchem befasst hat,
    wo dieser sich doch geradezu aufdrängt,
    einmal genauer betrachtet zu werden … 😉

    Für die Einen ist ein „Stau“ ja nur dann tatsächlich ein „Stau“,
    wenn die Räder mindestens ein Mal wirklich stillstehen müssen.
    Für die Anderen ist all das schon ein „Stau“,
    wodurch sie sich widerwillig veranlasst sehen,
    mal ganz kurz den rechten Fuß ein wenig vom Gaspedal hochzunehmen.
    Für die meisten Menschen aber ist ein „Stau“ wohl
    irgendetwas zwischen diesen beiden Polen,
    also jede „Langsamfahrstrecke“,
    auf der sie langsamer als die zulässige Höchstgeschwindigkeit
    fahren müssen.
    (Ãœbrigens: Der Begriff „Langsamfahrstrecke“
    gehört auch zum Eisenbahner-Deutsch –
    ganz im Gegensatz zum Begriff „Stau“.)

    Bei anderen Menschen mag es ja anders sein,
    aber bei mir ist es so,
    dass ich während aller meiner Autofahrten
    ständig und gerne aufmerksam Radio höre,
    wohingegen ich sonst eher selten und unaufmerksam
    oder gar nicht Radio höre.
    Vielleicht ist die Gruppe der Menschen,
    für die das Gleiche oder Ähnliches gilt,
    immerhin so groß,
    dass der WDR meint,
    sie mit dem Service-Angebot
    „Verkehrs-Nachrichten alle halben Stunden“
    an sich binden zu können … 😉

    Auch der Hinweis auf den zu erwartenden Zeitverlust
    ist für mich oft ein durchaus sinnvoller und hilfreicher,
    wenn ich mich zum Beispiel entscheide,
    entweder über die A 57 oder die B 9 nach Krefeld zu fahren,
    wo meine Kinder wohnen.

    Der Begriff „Echtzeitmessung“ hat natürlich etwas Fragwürdiges,
    was man mittlerweile wohl auch beim WDR gemerkt hat,
    denn neuerdings wird das Gemeinte oft anders ausgedrückt,
    was wiederum auch Ralf Daute bemerkt hat … 😉

    Oder reicht etwa der lange Arm von „kleveblog“
    inzwischen bis hinein in die WDR-Verkehrs-Redaktion … ?

    😉

     
  5. 9

    Bei weiterem Nachdenken – es wird immer schlimmer. Die Echtzeitmessung ist ja erfasste Vergangenheit, aus der sich keine Rückschlüsse auf die Zukunft ableiten lassen. Heute har ein Radiomoderator sinngemäß gesagt: Sie sollten ungefähr 15-20 Minuten Zeit einplanen, wie unsere Echtzeitmessung ergeben hat. Also wird die „Messung“ gleich in eine Schätzung transformiert. Es ist einfach nur Unsinn.

     
  6. 8

    Strassenbau an der Brienerstrasse – XOX …….. auf — Zu — Auf — Dreckrein — Dreckraus – 10 Monate drauf bei MOMS Lucky Loock – 🙂

     
  7. 7

    @6 rd Nein, lassen wir das mal, weil an dieser Stelle sind alle Halbwahrheiten Krücken .
    „müssen wir das Signal über eine genügend lange Zeitspanne beobachten “ eine halbe Wellenlänge genügt, und das ist bei 10GHz einfach „nichts“ …
    Aber wie gesagt, damit sollte man den Durchschnitts-Leser hier nicht behelligen, das könnte besser Thema einer Vorlesung in der HRW im Studium Generale sein, aber, À quoi ça sert ?
    Lassen wir uns auf lokale Themen beschränken, da haben wir noch Stoff für viele Jahre

     
  8. 6

    @jean baptiste Ich hatte das etwa so gemeint: »Folgende Analogie veranschaulicht die Unbestimmtheit: Nehmen wir an, dass wir ein zeitveränderliches Signal, zum Beispiel eine Schallwelle, haben und wir die genaue Frequenz dieses Signals zu einem bestimmten Zeitpunkt messen wollen. Das ist unmöglich, denn um die Frequenz einigermaßen exakt zu ermitteln, müssen wir das Signal über eine genügend lange Zeitspanne beobachten, und dadurch verlieren wir Zeitpräzision. Das heißt, ein Ton kann nicht innerhalb nur einer beliebig kurzen Zeitspanne da sein, wie etwa ein kurzer Schrei, und gleichzeitig eine exakte Frequenz besitzen, wie sie etwa ein ununterbrochener reiner Ton hat. Die Dauer und die Frequenz der Welle sind analog zum Ort und Impuls eines Teilchens zu betrachten.« (Wikipedia)

     
  9. 5

    Zwischen der Echtzeitmessung und der vorhandenen Wirklichkeit liegen Welten, zumal jeder nur seine persönliche
    Wirklichkeit bereit ist zu sehen.

    Die Verkehrsredakteure wären gut beraten, würden sie sich über die Zusammensetzung ihres Bewusstseins
    Gedanken machen. Wenn sie dann noch erkennen, dass ihr selbst überhaupt nicht existiert, wären sie auch
    in der Lage, den Scheinsinn ihrer Prognosen zu erkennen.

     
  10. 4

    @kleveblog

    Bravo, wieder mal sehr genau beobachtet. Mich regt dies auch seit geraumer Zeit auf, da es genauso ein Kropf ist wie die Börsennachrichten kurz vor 8.

    Ich unterstelle, daß das Radio versucht gegen die modernen, digitalen, gehypten „Live“-Medien an-zu-melden.

    Als mittelmässig beleuchteter Autofahrer (mit mehr als einer Tankfüllung Erfahrung) weiß ich, 10km Stau, daß dauert… meistens gefühlt eh viel länger als am klassischen Chronographen „gemessen“, aber es dauert.

    Vielleicht wird demnächst noch (analog zu den Staucams) die Farbe der Fahrzeuge, bzw das Fahrtziel der im Stau Stehenden angesagt ???

    Wertvolle Sendezeit scheint ja genug da zu sein.

    In diesem Sinne…
    Christian

     
  11. 3

    @1 Dopplereffekt … denk mal an Krankenwagensirenen .. auf – und abschwillend , Ãœberschallknall u.s.w

     
  12. 2

    Nein nein, das mit der Behauptung, daß es nicht möglich ist, etwas echt zu messen, stimmt definitiv nicht. Werner Heisenberg dreht sich gerade in seinem Grab um, weil Sie das behaupten.
    Würde das stimmen, wäre der LBME (früher nannte man das Eichamt) in Essen noch überflüssiger als als die oben zitierten superbesoldeten Redakteure.
    Was Heisenberg schon spät in den 20er Jahren herausgefunden hat ist, daß 2 komplementäre Eigenschaften eines Teilchens nicht gleichzeitig exakt bestimmbar sind.
    Gutes Beispiel isind Impuls und Ort : Der Impuls ist die ruhende kinetische Energie, die in einem Teilchen steckt, gleichzeitig den Ort bestimmen, an dem das Teilchen steckt ist in Exaktheit nicht möglich.
    Jeder kennt das Pendel mit den (minimal 3) Kugeln die alle frei schwingend aufgehängt sind.
    Zieht man eine der äusseren Kugeln aus der 0-Lage hoch und läßt sie dann frei schwingend gegen die mittlere Kugel stossen, überträgt erstere ihre Energie als Impuls auf die mittlere Kugel, diese gibt die Impulsenergie, ohne sich selbst zu bewegen, auf die 3.Kugel ab, die daraufhin selbst in die Höhe pendelt.
    Heisenberg hat herausgefunden, daß Ort der Kugel und ihre Impulsenergie nicht gleichzeiig exakt bestimmbar sind, da beide aneinander gekoppelt sind und es keine Echtzeitmessung geben kann, die keine Zeitdauer beansprucht.
    Und im Moment Messzeit +x sieht das Messergebnis schon wieder (etwas) anders aus.
    Deshalb nicht e x a k t messbar.

    Gleiches gilt für Zeitangaben des WDR , aber auch die anderen Sender, und noch schlimmer die Holländer sind darin Meister.
    Das Wetter für Morgen ….. Heute gegen 06.30 …. Morgen früh ….
    Nach der neu von mir gefundenen Jean Baptist`schen Verarschungsrelation sind o.g. Zeitpunkte mit hohen Ungenauigkeitstoleranzen von ca. 24 Stunden behaftet.
    Das kommt dadurch, daß man es vorzieht “ Morgen“ anstatt So. , Mo., Die ….) zu sagen und gleichzeitig allen alten Müll vom Vortag skupellos zu wiederholen, ohne das auch nur irgendwo entsprechend zu kennzeichnen.

    Der Fleischer ist durch die Hackfleischordnung verpflichtet, seinen handwerklich frisch produzierten Vorrat am gleichen Tage zu verarbeiten oder zu verkaufen, damit der Kunde noch mindestens 1,2 Tage, gute Kühlung vorrausgesetzt, mit der Ware arbeiten kann.
    Mein Vorschlag:
    Verpflichtender Aufkleber MHD nac folgendem Muster:
    “ MHD: Ãœber- über- morgen 16.00Uhr : nach Morgen 16.00 vor Verzehr vollständig durcherhitzen “
    Gleiches sollte man auch bei Burgerking und Co einführen, das erspart das zeitraubende und Umwelt- und Klimaschädliche Umetikettieren.

    Ich flieg jetzt mal `ne Runde um den Mond, danach bin ich dann jünger als Ihr Alten Säcke (Einsteinsche Relativitätstheorie.

    Ihr seht, Physik kann ich auch , da sollte doch eigentlich für mich eine Kandidatur als BM drin sein …. wenn Angela sogar BK sein kann ……………..

     
  13. 1

    Das mit Heisenberg bezog sich doch nur auf kleinste Teilchen, also halb so schlimm. Viel interessanter ist die Frage, zu welchem Ergebnis jemand kommt, der in der Gegenrichtung unterwegs ist und die Zeit stoppt. Müsste es das gleiche Ergebnis sein?