„Echte Körper“ beim Griechen

Gehäutet und konserviert: Echte Körper demnächst in Kellen beim Griechen (Foto (und Danke für den Hinweis): BS)

Wer zum Griechen geht, das ist eine feststehende Erkenntnis aus dem Restaurantwesen, möchte Fleisch sehen. Aber das?

Gyros – gut! Bifteki – besser! Aber Glutaeus maximus? Muss das sein? Offenbar ja. Die ganze Stadt ist zur Zeit zugepflastert mit Plakaten, die uns auffordern, die Ausstellung „Echte Körper“ zu besuchen. Zu sehen, so heißt es, sei eine einzigartige Ausstellung konservierter menschlicher Körper mit „ca. 200 Exponaten“. Wenn man es bis dahin noch nicht verstanden hat, sorgt spätestens der Untertitel der Schau für Klarheit: „Von den Toten lernen“.

Nun ist der menschliche Körper hinter der Kulisse der Haut ein Faszinosum, welches Medizinstudenten und Rettungssanitäter aus beruflichen Gründen genauer kennen (lernen), und welches der unsterbliche Rembrandt in seinem Gemälde „Die Anatomie des Dr. Tulp“ 1632 einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat, als er den Mediziner malte, wie er mit einer Zange den Musculus flexor digitorum superficialis aus dem geöffneten Arm einer Leiche zog. Übrigens machte Rembrandt dabei einen kleinen Fehler, der Muskel müsste an der Innenseite des Ellenbogens seinen Ursprung haben, im Bild setzt er jedoch erkennbar an der Außenseite an. Fail!

Besucher der Ausstellung „Körperwelten“ des Mediziners Gunther von Hagens, die erstmals Heerscharen von  plastinierten menschlichen Körpern einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machte, wäre das nicht passiert. Von Hagens zeigte auch eine menschliche Kopulation, die allerdings teilweise unter Goldfolie verborgen werden musste. In diesem Fahrwasser ist auch die „Echte-Körper“-Ausstellung unterwegs, obwohl deren Macher sich von dem norddeutschen Mediziner distanzieren. Sie wahren die Würde der Toten, heißt es.

Allerdings verwundert der auf den Plakaten zu lesende  Ort der Schau . Gezeigt werden die Knochen, Muskeln und Sehnen dort, wo sonst die Messer hungriger Menschen durch mehr oder minder dicke Schichten von Fleisch schneiden – im „Restaurant Giorgos, Zur alten Kirche 50“, in Kellen. Zu sehen sind die Leichen oder Teile davon vom 4. bis zum 7. April, durchgehend von 11 bis 18 Uhr. Die Website des Veranstalters ist derzeit nicht erreichbar, aber der Eintritt in die gleiche Show im vergangenen Jahr in Bielefeld kostete für Erwachsene 15 Euro.

Das Bestattungsgesetz in NRW schreibt vor, dass eine Einverständniserklärung der Personen vorliegen muss, dass nach deren Tod der Körper oder Teile davon öffentlich präsentiert werden dürfen. Auch müssen die Ausstellungsstücke lückenlos einer Person zugeordnet werden können, den Machern ist es also untersagt, aus verschiedenen Knochen und Muskeln einen idealtypischen Menschen oder Frankenstein zusammenzubasteln.

In mehreren Städten war die Ausstellung offenbar wegen fehlender Nachweise verboten. In Bielefeld konnte sie stattfinden, nachdem ein Rechtsanwalt eine eidesstattliche Versicherung vorgelegt hat, dass die Vorgaben des Bestattungsrechts eingehalten werden. Die Stadtsprecherin wurde in einem Artikel der Neuen Westfälischen mit folgendem schönen Satz zitiert: „Natürlich hätten wir, wie das andere Städte offenbar getan haben, jede einzelne Unterschrift der gezeigten Personen anfordern können, aber wir wollten den bürokratischen Aufwand vermeiden.“

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15 Kommentare

  1. 15

    Im Nachbarland werden auch Tage der offenen „Tür“ im Krematorium angeboten – inkl. Hüpfburg und tralala.
    Ich hoffe, dass so eine Körpershow beim Griechen nicht ouzo wird, nur um sich das Gyros-Konto zu füllen.
    Erhöht meiner Einschätzung nach bestenfalls den Umsatz an vegetarischer Kost.

     
  2. 14

    Ha…ab 11 Uhr…also Mittagstisch!Prima, zu spät Essen geht auf die Figur und man hat so noch genügend zeit, bis zum zu Bett gehen, die visuellen Eindrücke „zu verdauen“!

     
  3. 12

    Die respektlose Darstellung ist eine Zumutung. Wer weiß, was einem Gast in diesem Lokal aufgetischt wird. Unmöglich!

     
  4. 11

    Danke für diesen Artikel!

    Eine geschmacklose Ausstellung, die ich mit Sicherheit nicht besuchen werde!

    Und ein Restaurant, dass ich mit Sicherheit nie mehr betreten werde!

     
  5. 10

    Allein das Plakat mit der Werbung des Ortes „Restaurant“ ist an sich schon gewagt!Wer auf so was kommt, hat doch irgendetwas falsch gedacht!Wäre das in der Stadthalle-so what – aber beim Griechen /nebenan ?
    Es ist vulgär,schamlos,heroisch,exotisch,krass,amüsant,witzig,kryptisch…einfach alles-daher schon wieder irgendwie clever für Klever oder so.
    Demnächst haben wir evtl. einen Grill Biwak auf dem Friedhof oder so.
    Vielleicht Bungee Jumping vom Kupfernen Knopf oder so.
    Vielleicht ist so ein Plakat irgendwann mal was Wert oder so.

    Ach ja, hab Hunger, bitte eine „Plazenta Platte für 2 Personen – mit 2 Hoden auf Buttercreme Pankreas oder so.

     
  6. 8

    Zudem wurden die Plakate auch ohne Genehmigung an Zäune etc von Privatgrundstücken angebracht

    So eine Ausstellung ist eigentlich sehr interessant. Aber in einem Restaurant?

     
  7. 7

    Mein Besuch damals bei den „KörperWelten“ hat mir eine gewaltige Portion Respekt vor dem WunderWerk ( nicht nur menschlicher ) Körper beigebracht.
    Auch die anderen Besucher, welche ich dort beobachtet habe, schienen mir beEindruckt, wie kompliziert auch nur ein „einfacher“ Arm zusammenKonstruiert ist.

     
  8. 5

    Ich bin stets für Aufklärung und persönliche Fortbildung zu haben, aber ob an diesem Ort ?
    Wenn das schon für Hinz und Kunz zugänglich sein soll, dann doch bitte nicht im griechischen Restaurant , auch wenn das Schützenhaus Kellen dringend Einnahmen generieren muss.
    Sonst kann das Ordnungsamt so restriktiv operieren, wieso genehmigt man so eine zumindest arbiträre Show ohne weitere Probleme.
    Ich nehme einmal an, dass hier wieder mit der Konstruktion „Eidesstattliche Versicherung eines Anwaltes“ gearbeitet wird, was meiner Meinung nach nicht unserem Bestattungsgesetz NRW Genüge tut.
    Wenn schon, dann könnte ich mir eine solche Ausstellung eigentlich nur in Räumen der Hochschule vorstellen.
    Und selbst dann störe ich mich daran, dass die Exponate Eigentum einer (US-) Firma sind.
    Menschliche Körper sind keine Ware, auch nicht Teile eines Körpers, jedenfalls nicht nach meinem ehtischen und rechtlichen Verständnis.
    Hier liegt aber deutlich der kommerzielle Aspekt im Vordergrund „Exponate sind Leihgabe aus den USA“ und folgende. (Quelle: Facebook) ( https://www.lz.de/ueberregional/owl/21950366_Leichenausstellung-in-Bielefeld-Viele-andere-Staedte-haben-Echte-Koerper-on-Tour-verboten.html ).
    Und die nicht funktionierende Homepage des Veranstalters lädt auch nicht gerade zu blinder Vertrauenswürdigkeit ein.
    Mein wohlgemeinter Rat , das Ordnungsamt möge doch einmal die Identität der einzelnen Exponate und das zugehörige Einverständnis der Verstorbenen im Original prüfen, wobei mir z.B. eine Stichprobe von z.B. 10% der Exponate schon reichen würde, um den Aufwand für das Amt in Grenzen zu halten.

     
  9. 4

    Einmal bitte den „Hannibal Teller“ Nr. 666 (gebratene Leber mit einem Chianti).., das wär`s:-)

     
  10. 2

    Augenschmaus für Fans des Kannibalismus mit passendem Ambiente 🤔 👏👏