Der Landrat, die Stadt und das Fallmanagement

Wenn immer offizielle Stellen etwas darüber verlauten lassen, wie die Dinge in der Optionskommune Kreis Kleve so laufen, lässt sich die Botschaft in zwei Worte zusammenfassen: „Alles bestens!“ Wer auf Mängel bei der Betreuung hinweist, gilt sofort als Miesmacher oder steckt mit den Mächten des Bösen (Agentur für Arbeit) unter einer Decke. Und was nicht in das Bild passt, wird unter der Decke gehalten – bis es irgendwann auf dubiosen Wegen doch nach außen dringt (z.B. weil mache diese ewigen Jubelarien nicht mehr ertragen können) und postwendend im kleveblog erscheint.

Eine dieser totgeschwiegenen Sachen betrifft beispielsweise die Betreuung von Hilfesuchenden durch die Stadt Kleve. Ein Prüfer des Kreises hatte 2009 die Handhabung der Fälle untersucht – und seine Arbeit danach kurzerhand abgebrochen. Der Grund: Er hatte entdeckt, dass externe Fallmanager vom Theodor-Brauer-Haus und SOS Ausbildung und Beschäftigung, die im Auftrag der Stadt die Kunden betreuen, auch die Maßnahmen genehmigten.

Wer aber führt genau diese Maßnahmen (z.B. den berühmten „Schweißerlehrgang“) durch? Richtig, einerseits das Theodor-Brauer-Haus und anderseits SOS Ausbildung und Beschäftigung. Schöner lässt sich eine Interessenkollision kaum konstruieren. Das ist etwa so, als ob ein Mitarbeiter der Firma Loock Erd- und Tiefbau im Auftrag des Kreises über Straßenbauvorhaben entscheiden und diese vergeben dürfte.

Der Prüfer wunderte sich, dass die Beaufsichtigung der externen Fallmanager durch Mitarbeiter der Stadt Kleve schlichtweg nicht vorhanden war. Das aber geht gar nicht und offenbart ein völliges Unverständnis der Rechtslage, denn das Rathaus ist zur Aufsicht verpflichtet, da hier Mittel des Bundes verwaltet werden, die über den Kreis an die Stadt fließen. Letztendlich hat die Stadt die Verantwortung (und könnte bei Missbrauch auch in Regress genommen werden).

Landrat Spreen, der sonst gerne strahlend das erfolgreiche Wirken der Optionskommune verkündet, soll außer sich gewesen sein, als er von dieser peinlichen Organisationspanne erfahren habe. Noch erzürnter habe ihn die Tatsache gemacht, dass diese Konstellation bereits seit 2005 so bestanden hat und in den bisherigen Prüfungen nicht aufgefallen war. Nach außen aber sagte er kein einziges Wort. Die Stadt arbeitet seit dem Eklat daran, dass Fallmanagement so umstrukturieren, dass es sich auf rechtlich sicherem Boden bewegt.

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9 Kommentare

  1. 9

    Dieses Vorgehen kennt man auch an einem nahen Verkehrslandeplatz, in der breiten Masse drittklassiger Mittelklasseunternehmen und sogar beim Arbeitsamt in den eigenen Reihen.

     
  2. 8

    @ B.Eule ! Das SOS-Kinderdorf bzw. das feudale Büro an der Kalkarer Strasse ist bekannt dafür, stets Praktikanten für wenig Geld, was auch noch vom Arbeitsamt teilweise bezahlt wird, zu beschäftigen!! Den Praktikanten wird gesagt, das sie wohl bald übernommen werden. A b e r wenn die bezuschußte Zeit abgelaufen ist, kann der Praktikant wieder gehen und ein neuer Mitarbeiter kommt übers Arbeitsamt. Das ist dem Arbeitsamt auch mittlerweile bekannt, oder?

     
  3. 6

    „Wenn ein HartzIV-Kunde alleine dadurch, dass er einem Fallmanager des TBH oder Integra zugeteilt wird, aus der HartzIV-Statistik verschwindet, ist das in meinen Augen mehr als anrüchig.“

    Bei dieser Verfälschung der Statistik handelt es sich allerdings nicht um eine Vorgabe des Kreises Kleve. Diese orientiert sich vielmehr an den Richtlinien der Bundesagentur für Arbeit. Denn diese ist für die Arbeitslosenstatistik zuständig.

     
  4. 5

    @Ureinwohner

    KVD ist nicht etwa der Kraftfahrer vom Dienst, sondern hier die Dienstbezeichung Kreisverwaltungsdirektor (Vertreter des Landrats)

    Der jeweilige Prüfer muss die Rechtsmässigkeit testieren (beglaubigen). Das kann er nicht, wenn die Vorgaben durch die Stadt nicht erfüllt werden. Er kann nur seinem Boss eine E-Mail schicken und den Sachverhalt schildern.
    Damit ist er aus dem Spiel.
    (Es soll ja Bundesländer geben, da wird der Ãœberbringer einer schlechten Nachricht sofort in den hintersten Winkel versetzt)

    Der schwarze Peter liegt nun beim Meisterbürger. Der wiederum braucht ja noch nicht einmal den Ahnungslosen zu spielen um Spreen und uns glaubhaft versichern zu können, wieder einmal von nichts gewusst zu haben.

    Peinlich würde es nur, wenn die Bundesagentur vom Kreis die anteilig gewährten Leistungen zurückfordern würde, aber wo kein Kläger….
    (….)

     
  5. 4

    @ureinwohner
    KVD=Kreisverwaltungsdirektor; und damit einer von zwei der ranghöchsten Beamten des Kreises Kleve.
    Herr Suerick ist in nahezu allen Vorständen der Gesellschaften und Vereine, an denen der Kreis beteiligt ist, und zwar als direkter Stellvertreter des Landrates.

    Das Thema quintacom möchte ich hier nicht weiter ausbreiten; vll. schreibt ja mal einer der früheren GF hier im Blog mal was dazu (unter Pseudonym); weil die per Vertrag zur Verschwiegenheit verpflichtet wurden.

    Wenn ein HartzIV-Kunde alleine dadurch, dass er einem Fallmanager des TBH oder Integra zugeteilt wird, aus der HartzIV-Statistik verschwindet, ist das in meinen Augen mehr als anrüchig.

     
  6. 3

    also hab ich wirklich was falsch verstanden?
    en paar nachfrage hätte ich noch was oder wer is die oder der kvd?
    im von mir im fernsehn gesehenden beitrag wurde die erfolgsbilanz genau gegenteilig dargestellt wie kann das sein, ich mein das waren ja nich die rtl2 news?
    um was für einen rechtsstreit ging es da?(quintacom/stadt,kreis)
    is es nich ne natürliche konsequenz das der kreis sich dan andere partner sucht, und sein recht.
    und zuletzt noch eins: wiso soll ein prüfer nicht unterschreiben wen er eine zweifelhafte sache herrausfindet das spräche doch eigentlich für eine gute investigative arbeit. und warum war ein speeren ausser sich geraten wen die verflechtungen so offensichtlich sind waren?

    über eine antwort wäre ich sehr dankbar sofern sie gegeben werden kann.

     
  7. 2

    lassen wir mal die SOS außen vor. Ok es handelt sich bei diesem Verein um den finanziell gesündesten gemeinnützigen Verein in Deutschland, deren unterschiedlichste Bereiche alle über SAP sehr professionell miteinander vernetzt sind.
    Die Zusammenstellung des TBH Vereins ist da, obschon schwierig zu ermitteln, gnadenlos bloßstellend.
    Der Geschäftsführer ist B.Pastoors; der Vereinsvorstand besteht aus den Herren Suerick (Kreis Kleve, KVD), Bettray und Haas (Stadt Kleve) Das TBH hält auch 100% an Integra gGmbH, die in einigen anderen Städten das Fallmanagement für Hartz IV-Kunden betreibt.
    Die Verantwortlichkeit für die Vermittlungsergebnisse der Hartz IV-Kunden und die Kosten für die Maßnahmen zur Verbesserung der Integration liegt somit zu 100% beim Kreis und der Stadt Kleve.
    Der Bericht von Ludger Diestelkamp in der RP vor einigen Wochen, hat schonungslos offengelegt, dass die Optionskommune Kreis Kleve das Schlusslicht in NRW bildet und deutschlandweit nur 2 oder 3 Kommunen noch schlechter dastehen als der Kreis Kleve.

    Die BA hat die Maßnahme für das Berufsvorbereitungsjahr zu Beginn diesen Jahres an die RAG-Bildung vergeben. Damit fehlt dem TBH diese recht lukrative Maßnahme. Hier halfen Kreis und Stadt mit der Vergabe von zusätzlichen Fallmanagernstellen an TBH/Integra über diesen schmerzlichen Verlust hinweg, zumal diese Fallmanager fleißig bemüht sind, ihre Kunden in TBH-Maßnahmen zu stecken, was nicht ohne Einfluss auf die Ergebnisstatistiken bleibt.
    Die bis 2005 tätigen privaten Arbeitsvermittler mit nachgewiesen positiven Vermittlungszahlen, wurden gänzlich entfernt. Streitfälle wie mit Quintacom wurden zwischenzeitlich geräuschlos per Gerichtsvergleich beigelegt.

    Fazit für mich: als Prüfer würde ich den Prüfbericht so eines Konstrukts von ortspolitischen Verpflechtungen und Zahlenwirrwar auch nicht unterschreiben.

     
  8. 1

    na is doch ok
    is es den nich vernünftig das leute mit fachkunde über bildungseinrichtungen und massnahmen die vorhandenen projekte optimal besetzen?

    oder hab ich da was nich richtig verstanden?

    wenn ich mich richtig erinnere hat sogar phönix mal im fernsehn darüber höchst löblich berichtet.
    und die alternative wäre doch wohl das eine zuweisung durch andere „fallmanager“ alleine doch ehr abarbeitungscharakter hätte.

    der vergleich mit look hinkt meiner ansicht nach. da look ein privates gewinnoritiertes unternehmen, die hier angeprangerten institutionen aber gemeinnützig sind.

    eine absichtsbezogene umsetzung der agenda 2010 hätte die probleme in deutschland sicher ein wenig entschärft.

    trotz grosser vorbehalte gegen die regierungszeit von schröder und co find ich es schade das die agenda 2010 letzten endes nur zur armutsausweitung auch von beschäftigten genutzt wurde, und das da wo sie „verstanden“ wurde sofort missgemacht wird . SCHADE EIGENTLICH.