Das politische Gedicht

Ein lyrisches Kleinod des Klever Chefkarikaturisten Walter Flinterhoff, das uns unter der Überschrift Volltreffer in der Wochenendausgabe der Grenzland Post in nur zwanzig Zeilen auf die Höhe des aktuellen politischen Diskurses in unserer schönen Stadt brachte, möchte ich meinen verwöhnten Lesern nicht vorenthalten:

„Gaudeamus igitur“
sang man bei Bier und Wein.
Das heißt zu deutsch nichts andres nur
als „lasst uns fröhlich sein!“
„Campus clivensis“ – noch so’n Wort –
das klingt wie feinste Seide.
Aus Kleve wird ein Nobel-Ort,
mit funkelndem Geschmeide.
Und mancher brave Klever träumt
die glücklichsten Gedanken,
dass er die Chance nicht versäumt,
gehörig „aufzutanken“.
Denn dieser Campus hat Gewicht,
verspricht uns satte Pfründe.
Ablehnen sollten wir ihn nicht.
Das wär die reinste Sünde!
Erwarten wir ihn mit Respekt,
den sehnlichst wir erhoffen.
Unendlich viel dahinter steckt.
Wir haben ins Schwarze getroffen.

Hilfen zur Interpretation: Z. 2: „man“: damit dürften Studenten vor ca. 4500 Jahren gemeint sein. Z. 1 bis 4 zusammengefasst: früher war auch was los. Z. 5: „Campus clivensis“: offizielle Übersetzung des Vatikan für Fachhochschule Kleve. Z. 6 bis 12: nimmt zahlreiche Existenzgründungen vorweg: Boutiquen, Juweliere, Tankstellen. Z. 8: „brave Klever“: denn böse Menschen haben keine Träume. Z. 13-16: „Pfründe“/“Sünde“: evtl. Anspielung auf Paradies oder Schlaraffenland. Z. 17/18: „wir“/“wir“: wir alle? wir ich? Z. 19: „dahinter“: wohinter genau? Ewig fließende Pfründe? Oder noch ganz schön viel zu tun (für die „braven Klever“)? Z. 20: „ins Schwarze getroffen“: Oder haben die Schwarzen für uns getroffen? Müsste man mal dekonstruieren! Gesamtwertung: rustikal-bacchantischer Einstieg, euphorisch-hymnischer Mittelteil, im Schlussdrittel dann ins feudal-klerikale abdriftend. Kein Wunder, dass am Ende ein Blattschuss steht – der akademische Urknall.

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Ein Kommentar

  1. 1

    Hallo Herr Daute,
    da Sie ja mit Vergnügen alles aufs Korn nehmen, was Ihnen so ins Auge springt. Ich der gleichen Leidenschaft fröne. Kann ich nur mit meiner Ma sagen: „Schad ja nix, aber was soll das?“
    Das der gute alte Walter Flinterhoff noch schreibt und karikiert ist doch schon das reinste Wunder. Ich wünsche Ihnen, dass Sie in seinem Alter die gleiche Wertschätzung erhalten, wie Sie sie ihm jetzt gegeben haben.
    Vor 4500 Jahren lernten, die Menschen meiner Ansicht und meiner mangelnden Gesichtskenntnisse nach, in diesen Breitengraden, gerade erst ein mal Buchstaben kennen. Ganz zu schweigen davon
    das Latein bestimmt damals noch nicht üblich war.
    Der Rest Ihrer Interpretation, lässt nur den Schluss zu, dass Sie Herrn Flinterhoff niemals persönlich begegnet sind und ihn damit auch nicht verstehen können. Meine Kritik an Herrn Flinterhoff liegt darin, dass man ihn erst interpretieren muss und deswegen könnte er auch besser gleich die Feder hinlegen. In unserer verwirrten Zeit, wo die rechte Hand nicht weiß, was die linke tut, sollte der lieber schweigen, der keine Richtung hat und nicht weiß wo es lang geht. Ich fürchte nur dann wird es erst mal ganz still in unserem Land. Jeder packe sich bei seiner eigenen Nase und überlege, wie viel Gutes er für dieses Land und unser Kleve getan hat. So wie es eine Banalität des Bösen gibt, gibt es auch eine Banalität des Guten.
    In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein gutes Jahr 2009