Das letzte Mannifest

Wie Hopper, nur mit mehr Menschen
Wie Hopper, nur mit mehr Menschen
Rhabarber für die Damen
Rhabarber für die Damen
Melancholischer Blick zum Zapfhahn
Melancholischer Blick zum Zapfhahn
2:46 Uhr - Ende des Mannifests! Knut kann kommen (ab 1. 7.)
2:46 Uhr - Ende des Mannifests! Knut kann kommen (ab 1. 7.)

Eine kleine Bildergalerie vom letzten Abend bei Manni Royen, der nach 51 Jahren hinterm Tresen am Sonntag in Ruhestand ging. Für die RP habe ich eine kleine Würdigung seines Wirkens geschrieben. Hier der Text:

Offenbar wollte auch die Klever Unterwelt den Termin nicht ohne angemessene Würdigung verstreichen lassen: In der Nacht zu Mittwoch drangen unbekannte Täter in die Gaststätte „Haus Royen“ ein, hebelten den Geldspielautomaten auf und nahmen die Münzen mit. Und was sagt der Wirt: „Weißte wat, dat regt mich gar nicht mehr auf“.

Man merkt: Manfred „Manni“ Royen (64), hat abgeschlossen mit seiner Gaststätte. Am Pfingstsonntag steht er zum letzten Mal hinterm Tresen – nach 51 Jahren Dienst am durstigen Menschen. Haus Royen, neben „Zu den 4 Winden“ und „Haus Ida“ letzte verbliebene Traditionsgaststätte in Kleve (bei der Aufzählung habe ich natürlich Puppa Schmitz vergessen), geht damit nach mehr als einem halben Jahrhundert in die Hände eines neuen Pächters über.

Die Gaststätte und das Leben, für Manfred Royen war es ein und dasselbe: „Seit meine Eltern 1958 die Kneipe eröffneten, habe ich hinterm Tresen ausgeholfen. Da war ich 14 Jahre alt“, berichtet Royen. Meistens in den Morgenstunden, damit die Eltern ausschlafen konnten, wenn es abends mal wieder spät geworden war. Möglich war das, weil er selbst eine Lehre als Kellner im Europäischen Hof (Herzogstraße) absolvierte und somit morgens frei hatte.

In den ersten zehn Jahren lag „Haus Royen“ an der Ecke Spyckstraße/Kavariner Straße, und Josef Royen lockte die Gäste mit neuester Technik: Ein Foto aus den Anfangsjahren zeigt den stolzen Wirt mit Anzug und Krawatte vor seinem Lokal. Im Fenster steht ein Schild: „Heute Fernsehen“.

Zu den Gästen in dieser Zeit zählten auch solche Naturen, die heute wohlwollend als „Originale“ bezeichnet werden – wie zum Beispiel jener Zecher, der seinen ersten Schnaps des Tages stets auf Plattdeutsch mit der Wendung „Ich muss die Maschine ölen“ bestellte. Vor den Klever Kirmestagen hatte Manni Royen Magengrummeln, weil es damals noch etwas rustikaler zuging als heute. „Aber es gab auch mehr Zusammenhalt“, so Royen.

1968 erfolgte der Umzug zum heutigen Standort an der Hafenstraße; Josef Royen legte zwei Erdgeschosswohnungen zusammen, um daraus eine Kneipe zu bauen. Vier Jahre später starb er, dann führte seine Witwe das Lokal, ehe 1983 Manfred Royen die Gaststätte übernahm. Wer bei ihm einkehrt, bemerkt spätestens beim Betrachten der Dekoration, zu der abstrakte Kunst sowie Porträts von Beuys und Anna von Cleve gehören, dass hier ein Feingeist das Regiment führt. Geschätzten Gästen drückt der Wirt auch gerne schon mal einen Krimi in die Hand und sagt dann mit seinem markanten Bariton: „Sehr gutes Buch. Kannste haben.“

In den ruhigeren Minuten, wenn sich die übliche Fraktion älterer Männer um den Tresen versammelt hat, berichtet Royen gerne von seinen Hobbys, die vom Lesen guter Bücher („früher ganz viel Dostojewski“) über Museumsbesuche bis hin zum Marathonlaufen reichen. Sein persönlicher Karrierehöhepunkt: die Teilnahme am Boston-Marathon. Heute bevorzugt er allerdings das Radfahren – auf ein Auto verzichtet er aus Überzeugung. Den wahren Marathon hat Manfred Royen ohnehin hinterm Tresen seiner Gaststätte absolviert, doch auch dort ist nun nach 51 Jahren die Ziellinie zum Greifen nahe. „Endlich ankommen“ möchte Royen, und zwar in seiner neu bezogenen Wohnung in der Kavariner Straße, nur einen Steinwurf von der Gaststätte entfernt. Und dann Zeit mit seiner Frau Wilma verbringen, die für viele Gäste eine unbekannte Größe war, da sie sich nur selten ins gastronomische Getümmel stürzte. Präsent war sie aber immer – als Schöpferin der begehrten Frikadellen, die den Ausschank perfekt ergänzten. Auch die gibt es Sonntag zum letzten Mal.

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4 Kommentare

  1. 4

    Die letzte „Gaststätte“ in der Arntzstraße war der legendäre „Club Madame“, der aber geschlossen wurde, nachdem die dort beschäftigten Damen das Vorruhestandsalter erreicht hatten

     
  2. 3

    Gibt die Gaststätte Toonen in der Arntzstrasse eigentlich noch? War auch so ne Klever-Urkneipe.