Das Klever Knochenmodell

Kürzlich war ich bei einem »Pressecafé«, zu dem die Klever CDU eingeladen hatte. Das Rahmenprogramm aus Filterkaffee, Erdbeerkuchen und Nussecken stimmte milde, ich war schon ganz lull & lall und hatte mich gedanklich schon vom 10-Meter-Turm gestürzt, als die jüngsten Entwicklungen der Stadtplanungen zur Sprache kamen, eben auch jener 120-Meter-Riegel, dessen Äußeres nach Auskunft der Herren Cosar und Janssen kleinteiliger anmute als es die bloße Längenangabe vermuten lasse.

Dann war die Rede vom »Besatz« des Komplexes. Der Investor plant bekanntlich den Dreierschlag Saturn-Müller-Rewe (Saturn ist es in der Neuen Mitte wohl zu eng geworden), die CDU hingegen könnte sich die Drogeriekette Müller vorstellen, Saturn überhaupt nicht, und Rewe soll woanders hin, statt dessen sei hingegen ein »Feinkostgeschäft« denkbar. Frage wiederum ist, ob die Vorstellungen von Investor und CDU kompatibel sind.

Dann aber riss mich ein Satz des Klever CDU-Fraktionschefs Udo Janssen aus meinem Erdbeerkoma: »Das Knochenmodell hat weiterhin Gültigkeit.« Was aber ist das Knochenmodell? Zum Glück vergisst kleveblog nichts, und schon gar nicht eine schon etwas ältere, aus heutiger Sicht geradezu revolutionäre Illustration dessen, wie die Klever City funktioniert. Voilà:

Illustration sponsored by Kochlöffel Media Services

Hier der Artikel von damals: Auch Ihnen ein schönes Knochenende!

Interessanterweise sprach Udo Janssen dann von Geschwülsten, die zwischen den Knochen sitzen. Diese sollten die (erwünschten) Ankerpunkte und Magneten einer Stadt sein. Letzten Endes, und das ist das Fatale, bezeugt die eigentümliche Ausdrucksweise allerdings die unerfreuliche Wahrheit, die der Planung innewohnt: Eine »Geschwulst« wie das geplante Projekt in der Unterstadt hätte das Zeug, das umliegende städtische Gewebe regelrecht auszusaugen. Ein Saturn unten, und die Neue Mitte wäre ein erledigter Fall. Ein Rewe, und Drunkemühle könnte dichtmachen. Was aber muss noch geschehen, damit Kleve erkennt, dass Größe auch dann entstehen kann, wenn man viel Kleines zulässt (und fördert)?

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9 Kommentare

  1. 9

    Verantwortlich für diese Entwickulung, welche in Kleve immer konkreter sichtbar wird.
    Das Dezernats III unter Leitung von Herrn Jürgen Rauer.
    Siehe auch:
    -das verfahrene Rathaus
    -die unkontrollierte Kostenexplosion des Museum Kurhaus
    -das Veremmerichen Kleves
    -die verpassten Chancen am Spoykanal
    Man will Größe zeigen und verhebt und verfährt sich jedes Mal wieder aufs Neue.
    Es hakt, es klemmt, man ignoriert Bürgerwillen, man baut neu statt zu sanieren, man macht bei Auftragsvergaben riesige Vergabefehler, man braucht Gutachter zur Feststellung, dass keiner haftbar zu machen ist, man versteckt zum Schluss all diese verfahrenen Verfahren in nichtöffentlichen Sitzungen.
    Der ganze Murks hat in Kleve System und dafür steht ein Name.

     
  2. 8

    Ralf, das ist alles interessant. Was mich aber wirklich extrem irritiert: Warum gibt es den Kochlöffel, die schon vor 20 Jahren weltallerschlechteste McDonald´s-Kopie, immer noch? Hat, wer den Kochlöffel duldet, nicht eigentlich jedes Anrecht auf ein Burgtheater verspielt? Ist das nicht der erste und beste Beweis für eine Veremmerichung? Oder ist Kleve in Wirklichkeit schon immer Emmerich gewesen? Aus der Ferne gesehen: Peter

     
  3. 6

    @Don

    Nachhaltigkeit braucht man nicht zu prüfen. Wenn diese drei Mieter (Saturn, Müller, Rewe) kommen, dann werden wir in der Unterstadt 120m zugeklebte Schaufenster im Erdgeschoss und im 1. OG zu sehen bekommen. An der Rückseite werden, von der Werftstraße aus gesehen, LKW-Laderampen, Lüftungskanäle und Klimageräte zu sehen sein.

    Direkt daneben steht dann die neue Volksksbank, die jeden Tag um 16.00 Uhr und am Wochenende dunkel und unbelebt aussieht, genauso wie die Deutsche Bank gegenüber. Kein Mensch wird dort „Schaufenster gucken“ gehen. Kein gemütliches Cafe um draussen zu sitzen. Kein Minoritenviertel, keine Altstadtamtosphäre.

    Don, du kannst soviel lachen wie du willst. Die Politik kann das verhindern, weil es städtische Grundstücke sind. Nein, die Politik MUSS so etwas sogar verhindern, weil sie die Verantwortung dafür trägt. Diese Verzweiflungstat der Verwaltung in Ermangelung von alternativen Investoren MUSS und KANN verhindert werden!!!

    Die Grundstücke müssen gemäß dem vom Bürger im Jahre 2009 ausgewählten städtebaulichen Entwurf bebaut werden. Genau diese Regeln sind bei deinem Beispiel Marikenstraat eben damals befolgt worden. http://www.marikenstraat.nl/info/geschiedenis/

    Aber leider ist Kleve nicht Nijmegen und wird es auch nie werden. Deswegen betragen die Mieten in Kleve leider deutlich weniger wie die Hälfte. Städtebauliche Vorgaben werden damit zum „Renditekiller“ für institutionelle Investoren. Sie versuchen daher wenige großflächige Mieter unterzubringen.

    Diese Investoren sind keine natürlichen Personen und erst Recht keine Klever Bürger die tagtäglich so ein Elend ansehen müssen. Es sind anonyme Investmentfonds, die den Anteilseignern ihres „regioFONDS Niederrhein 1“ eine Anfangsausschüttung von 6% und eine Rendite von 4,5% p.a. bieten. Denen ist nur der Blick auf den Kontoauszug wichtig. Das Stadtbild von Kleve und städtebauliche Einschränkungen interessiert da keinen.

     
  4. 5

    Also Knochen, mmmh das klingt für mich nach Tod. Wirklich schlechte Wortwahl wenn es dabei um Stadtentwicklung gehen soll.

    Meines Erachtens kann die Politik nur die Rahmenbdingungen für einen vielfältigen Geschäfts“besatz“ schaffen. Also nicht zu viel Bevormundung und Reglementierung. Welche Geschäfte sich dann ansiedeln wird der Markt selber regeln. In Kleve als Verwaltungsstadt gibt es sicherlich viel Bedarf für Feinkost, haha.

    Aus Sicht des Investors würde ich mir ein Investment zweimal überlegen, wenn mir die Politik vorschreiben will, dass ich nur Verträge mit qualitativ hochwertigen kleinen Boutiquen etc. abschliessen darf. Der Investor muss ja auch die Finanzierung für den Bau bezahlen und hat das auf Grundlage verlässlicher Verträge sicherlich auch kalkuliert. Und wenn Saturn oben weg will – wer wird sie denn aufhalten? Die Politik? Dass ich nicht lache.

    Die Stadt muss attraktiver werden damit mehr Leute kommen. Dazu braucht es weniger Regeln und natürlich Geschäftsflächen, und zwar in der Stadt, bevor sich irgendein Shoppingcenter auf der grünen Wiese ansiedelt. Schaut doch mal nach Nijmegen. Dort hat man neue Flächen super in die Stadt integriert, siehe Marikenstraat und bald Plein44.

    Am Ende wird es sowieso so kommen wie der Investor es will. Die Aussagen der CDU dienen nur der Anbiederung an die Kritiker. Nachher sagt man dann „Wir haben getan was wir konnten.“

    Mein Tip: prüft das Konzept des Investors auf Nachhaltigkeit und rollt nicht so viele Steine in den Weg. Mehr kann man nicht machen, der Markt wird sich regulieren.

     
  5. 3

    Eigentlich ist auch diesem Artikel nichts hinzu zu fügen, aber es juckt mich doch in den Knochen. Der Knochen als harte Form des Binde- und Stützgewebes soll das Klever Geschäftssklett bilden. Es ist natürlich richtig und wichtig das eine Planung versucht Möglichkeiten an zu bieten und und zu schaffen!

    Besatz ist beispielsweise Mutterkorn am Getreide und hat schon ganze Städte in einen Halluzinogenen Rausch katapultiert. Im besten Falle kann Besatz als nutzloser, und hoffentlich gut aussehender, Zierrat verstanden werden.

    Wenn ich mir jetzt den’Dreierschlag Saturn-Müller-Rewe‘ vorstelle; Metro ist bereits zweimal in Kleve vertreten, Galeria Kaufhof und natürlich Saturn. Müller hat 400 Filialen und sage und schreibe zwei Betriebsräte und Angestellte werden nur ‚gesund‘ eingestellt (hatten Wir doch schon mal). Eine Tochtergesellschaft von Rewe ist zum Beispiel toom BauMarkt, da wird sich die alteingesessen Firma Swertz bestimmt freuen. Jetzt kommen meinen alten Knochen so richtig in Schwung. Jahhhhhh Wir brauchen Kalzium! Nicht zum Wachstum, das sollten doch so langsam alle begriffen haben, sondern zur Stabilisation. Feinkost ein herrlich wohlklingendes verheißungsvolles Buchstabengebilde. In Aachen, wo ich herkomme, nennen die das Delhaize, viel Käse, viel teuer, viel wenig aber auch lecker. Ein bisschen belgische Genussfähigkeit wäre sicher wünschenswert aber es gibt bereits ausreichend Feinkost im Klever Land, und genau diese gehört auf den Teller und ins Regal. Im Projekt „Genießen im Grünen“ der Hochschule Rhein-Waal werden nachhaltige Strategien zur Stabilisierung der landwirtschaftlich geprägten Region entwickelt. „Oregional“ ein Projekt der Hochschule Rhein-Wall und anderer, lieferten bereits eine Steilvorlage. „Im Fokus stehen dabei der Aufbau regionaler Vermarktungsstrukturen und die Etablierung einer grenzübergreifenden Regionalmarke.“ Jetzt versuche ich mich zusammen zu fassen. Und auch hier hat Ralf, im letzten Satz, alles gesagt. Kleve bringt es überhaupt nichts, sich mit fremden Federn (Besatz) zu schmücken. Kleve braucht selbstverständlich keine 120 Meter Prothese sondern umsichtige Politiker die sehen was hier ist und das ist mehr als genug.

    Mit dem ‚Dreierschlag‘ wird den Menschen in Kleve drei Mal der Respekt verwehrt. Erstens werden Arbeitsplätze für Bücklinge konstruiert, zweitens werden regionale Firmen ins Abseits gedrängt und drittens wird der Verstand aller, hier in Kleve lebenden Menschen, auszublenden versucht.
    Es stellt sich natürlich die Frage nach dem warum, aber jetzt höre ich auf. Sorry, hat mal wieder etwas länger gedauert…

     
  6. 2

    Ist doch schön, wenn die Parteien und deren qualifizierte Mandatsträger die Stadt „ihrer Wahl“ auch noch selbst planen und gestalten dürfen.
    „Das Große Fressen“ der Mehrheitsfraktion endet für dieses bäuerliche Oberzentrum eben mit abgenagten Knochen und ausgespuckten Knorpelstückchen.