Da ist der Ausgang!

Gekommen, um zu gehen: Pofalla (Foto: Olaf Plotke/Kurier am Sonntag)
Gekommen, um zu gehen: Pofalla (Foto: Olaf Plotke/Kurier am Sonntag)

Kennen Sie auch dieses Gefühl, wenn Fotos so einen merkwürdigen Schauder auslösen, weil die Menschen, die darauf abgebildet sind, noch so gerade eben ihre Rolle spielen, die des öffentlichen Menschen, des Funktionsträgers, aber im Großen und Ganzen eine Aura der Verzweiflung sich ausbreitet?

Wir sehen Marie-Louise Klotz, soeben abgewählte Präsidentin der Hochschule Rhein-Waal, die vorgestern schon Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) empfangen musste und jetzt auch noch den in der Mitte stehenden, scheidenden Bundestagsabgeordneten Ronald Pofalla (CDU), der im kommenden Jahr einen Vorstandsposten bei der Deutschen Bahn antreten wird. Im Bundestagswahlkampf hatte er seine Parteifreunde noch für sich ackern lassen, obwohl er vermutlich zu diesem Zeitpunkt für sich schon längst wusste, dass er weder Ministeramt noch Mandat anstrebt. Es hagelte Kritik, und Pofalla sagte monatelang gar nichts mehr.

Ein Mann und eine Frau also, die aus unterschiedlichen Gründen auf dem Absprung sind und die sich beide ungerecht behandelt fühlen.

Dann rechts der Dritte, Landrat Wolfgang Spreen. Er hatte sich gewünscht, dass Marie-Louise Klotz in ihrem Amt verbleibt, doch die Abstimmung ging anders aus. Für sich selbst wünscht er ebenfalls, im Amt zu verbleiben, 2015 wird gewählt, doch auch er kann sich der Unterstützung seiner Parteifreunde nicht sicher sein, sein Ruf ist spätestens seit dem wochenlangen Streik der „Lebenshilfe“-Mitarbeiter angekratzt. Es gab Mahnwachen vor der Kreisverwaltung, Spreen legte sein Amt als Vorsitzender des Vereins nieder.

Und da stehen sie jetzt alle beisammen, eine verbissene Trutzburg des Trotzes bildend, eine Koalition der Gekränkten.

Pofalla war nach Kleve gekommen, um sich von seinem Wahlkreis zu verabschieden, und dazu traf er sich mit dem ranghöchsten Vertreter des Kreises an einem symbolträchtigen Ort, der Hochschule Rhein-Waal, den alle drei als Erfolg für sich reklamieren.

Mehr als 3000 junge Menschen studieren in Kleve, und doch breitet sich um die drei Protagonisten Einsamkeit aus. Und, als habe der ehemalige Kanzleramtsminister die Situation in ihrer Tragik intuitiv erkannt, ringt er sich selbst die Gestik des Machers ab und weist mit ausgestreckten Arm in eine Richtung. Welche, ist eigentlich egal. Da, dort hinten ist unser gemeinsames Ziel.

Aber welches? Etwa müsste der Arm von Pofalla in Richtung des zur Pommesbude umfunktionierten Eisenbahnwaggons weisen. Doch der Betrieb ist insolvent. Oder geht es um den Fotografen, um die Medien, die für alles Unheil verantwortlich sind? Oder ist es vielleicht ganz einfach nur –

der Ausgang? Der Notausgang?

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12 Kommentare

  1. 11

    @Lohengräm
    >Er wäre doch Kanzleramtschef geblieben.>
    Ich meine mich an (spätere) Presse-Berichte zu erinnern, dass dem doch nicht so gewesen sei. Auch wenn es lange so berichtet wurde.

    Sondern dass schlicht kein Ministeramt mehr für ihn da war, weil die CDU-Posten alle vergeben waren.
    Weil SPD und CSU halt einige Posten bekamen und Merkel Ministerämter für die anderen CDU-Leute als wichtiger ansah als eines für den ohnehin durch NSU etc. angeschlagenen Pofalla. Z.B. ihren Vertrauten Altmeier in die Regierung bringen wollte.
    (Aber vielleicht trügen meine Erinnerungen bzw. die Berichte waren unzutreffend.)

     
  2. 8

    @Lohengräm

    Na mit „keine Ahnung“ ist er ja bei der Bahn auch gut aufgehoben. Kann er ja die Verspätungen beenden. Mal ganz im Ernst dieser Mann ist völlig untragbar…

     
  3. 6

    Pofalla hat sich NIE (ich hätte es in den letzen 25 Jahren sonst mitbekommen) für Kleve-Nijmegen interessiert und auch sonst von Bahnthemen keine Ahnung.

     
  4. 5

    Leute, Ihr seht das zu negativ.
    Pofallara bereitet sich schon auf seinen neuen Job vor. Da ist es klar, dass er auch in seinem ehemaligen Wahlkreis Akzente setzen will. Er deutet es an – mit ihm wird die Bahnlinie Kleve-Nimwegen reaktiviert. Frau Klotz wird Bahnhofspräsidentin und Herr Spreen darf mit seiner KKB die Strecke unterhalten.
    Mir ist nur nicht klar, warum die drei den Klever Meisterbürger nicht eingeladen haben. Wie wir lesen konnten, sucht er nach seiner Amtszeit auch noch einen Posten bei dem er sich engagieren kann. Vielleicht darf er ja zukünftig die Schranken an der Wiesenstraße herunter kurbeln. Den Wiederaufbau der Rampenbrücke wird unser Baumeister im Rathaus sicher zu verhindern wissen.
    – Alles wird gut 😉

     
  5. 4

    @3 :

    ??
    Er wäre doch Kanzleramtschef geblieben.
    Eine wichtigere und zentralere Funktion innerhalb der Regierung gibt es doch gar nicht.

     
  6. 3

    Bemerkenswert ja auch, dass Klotz und Spreen beide nicht in die Richtung schauen, in die Pofalla zeigt. So scheint es wirklich nur eine Geste der Inszenierung. Welche ich ja für den Kern des heutigen Verständnisses von Politik halte.
    ____
    Ich frage mich auch, wie wahrscheinlich es wohl ist, dass Spreen dem Weg der anderen beiden folgen wird.
    D.h. des unfreiwilligen Ausscheidens aus sicher geglaubten Ämtern.

    Pofalla soll ja (wie auch alle Beobachter) recht sicher gewesen sein, dass er wieder ein Amt als Minister erhält. Und nur weil dies nicht erfolgte, kam es offenbar auch zur Aufgabe des Abgeordnetenmandats.

    Daher halte ich folgende Aussage für falsch:
    >Im Bundestagswahlkampf hatte er seine Parteifreunde noch für sich ackern lassen, obwohl er vermutlich zu diesem Zeitpunkt für sich schon längst wusste, dass er weder Ministeramt noch Mandat anstrebt.>

    Dass er ein Mandat ohne Ministeramt für nicht ausreichend „wertvoll“ zu halten scheint, finde ich kritikwürdig. (Auch wenn man es, u.a. wegen der finanziell viel attraktiveren Alternative ja nachvollziehen kann.)
    __________

    Was die Rolle von Medien angeht, so bin ich da oft hin- und hergerissen.
    In aller Regel scheuen Politiker und andere im Blickpunkt der Öffentlichkeit die grundlegende Kritik an diesen. Aus Angst vor deren „Macht“.
    Dabei halte ich eine sehr breite kritische Debatte über die Ziele, Wirkung, etc. für nötig. (Was sich weniger auf den Kleveblog bezieht, sondern z.B. auf die öffentlich-rechtlichen Staatssender, etc. )

     
  7. 1

    Ein politisches Schwergewicht, wie wir es lange Zeit nicht mehr haben werden, verlässt die Bühne. Er war und ist ein Glücksfall für den Kreis Kleve und alle 16 Kommunen, für die unglaubliche Fülle an Unterstützung in den vergangenen Jahrzehnten.