Clever Stolz: Das letzte Kapitel schreibt das Gericht

Insolvenzverwalter verklagt die ehemaligen Geschäftsführer auf Zahlung von 380.000 Euro – Vorwurf: Privatausgaben als Reisekosten abgerechnet, Diskothek auf Firmenkosten betrieben

Zu seiner aktiven Zeit konnte Peter J. geradezu ins Schwärmen geraten, wenn er über die Vorzüge des freien Unternehmertums parlieren durfte. Dann haute der Mann, der gerne Krawatten mit Tigerentenmuster trug, auch schon mal Sätze wie den folgenden raus: „Wenn ich im Konzern eine Million unter Plan lag, musste ich bei der Geschäftsführung eine Präsentation machen. Wenn ich heute so daneben liegen würde, ginge das an die Substanz. Das macht wach.“

J. war damals, 2003, einer der Geschäftsführer der Clever Stolz GmbH. Der Klever Multi-Unternehmer Bernd Zevens hatte dem Unilever-Konzern das Margarine-Werk in Kellen abgekauft, und J. war der Mann, der sich an der Spitze des Unternehmens bald wie der König von Kleve fühlte. Höhepunkt war der verwegene Wunsch, eine Privatvilla im Naturschutzgebiet in Donsbrüggen zu errichten. Dazu kam es nicht, denn das Unternehmen ging mit Millionenschulden in die Insolvenz – und wach sind heute ganz andere.

Und so kommt es, dass sich acht Jahre nach der Insolvenz das Landgericht Kleve unter dem Aktenzeichen 8 O 56/09 mit dem Wirken von J. und seiner zwei Mitgeschäftsführer befassen muss. Ein Prozess, der unabhängig von seinem Ausgang noch einmal ein verstörendes Schlaglicht auf eine Zeit wirft, die allen Ernstes damit begann, dass J. Mitarbeitern nach der Übernahme durch Zevens erklärte: „Ich werde König!“

Kai Schaffer, Leiter der forensischen Abteilung bei der auf Insolvenzen spezialisierten Kanzlei Klaas, Krefeld, scheint bei der Sichtung der Unternehmensakten seiner Ansicht nach auch auf eine Art von absolutistischem Gebaren gestoßen zu sein – jedenfalls klagt die Kanzlei gegen die Geschäftsführer auf Zahlung in Höhe von etwa 380.000 Euro. Schaffer ist davon überzeugt, dass J. damals Ausgaben tätigte, die nichts mit dem Geschäftszweck zu tun hatten.

Worum geht es konkret? „Zu einem laufenden Verfahren geben wir keine Auskünfte“, so Schaffer. kleveblog erfuhr, dass nach Darstellung des Insolvenzverwalters der beklagte Geschäftsführer einerseits private Ausgaben und persönliche Einkäufe als Reisekosten der GmbH abgerechnet haben soll. Zum anderen soll er über die GmbH Ausgaben für den Betrieb einer Diskothek getätigt haben – dieser aber habe nichts mit dem Geschäftszweck der GmbH zu tun gehabt. J. bestreitet das und sagt, dass alle Ausgaben geschäftlicher Natur gewesen seien.

Die beiden anderen Geschäftsführer wurden mitverklagt, weil sie nach Ansicht des Insolvenzverwalters ihre Organisation- und Überwachungspflicht verletzt haben; sie hätten von den geschäftsfremden Ausgaben gewusst und diese dennoch nicht verhindert. Logischerweise steht und fällt diese Anklage damit, wie das Gericht die Ausgaben wertet.

Noch komplizierter wird die Sache, weil es zudem einen Aufhebungsvertrag gibt, der auch einen Verzicht der GmbH auf sämtliche Schadensersatzforderungen beinhaltet. Darf man so einen Vertrag überhaupt abschließen? Die Kanzlei Klaas bezweifelt das und hat den Vertrag nach insolvenzrechtlichen Vorschriften angefochten.

Die Anwälte der beklagten Geschäftsführer wollten gegenüber kleveblog zu den Vorwürfen keine Stellung nehmen. Bei einem Termin Ende Juni wurde ein Zeuge zur Sache vernommen. Wann und wie der Prozess fortgesetzt wird, steht derzeit noch nicht fest.

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15 Kommentare

  1. 15

    Die Insolvenzgläubiger werden bestimmt mit Groll darauf schauen, welche Immobilien heute auf dem ehemaligen Werksgelände maßgeblich durch den Insolvenzgesellschafter (natürlich von seinen anderen Firmen errichtet werden) errichtet werden. Wer für solche Leute arbeitet, darf sich nicht wundern wenn er irgendwann mal seinem Geld hinterherlaufen muss. Umso mehr verwundert es da, dass auch der Kreis Kleve angeblich Immobiliendeals mit diesen Leuten erwägt.

     
  2. 14

    Heute im Insolvenzregister:

    Forderungen der Insolvenzgläubiger 38.377.073,21 Euro.

    Zur Verteilung vorhandenes Guthaben 742.581,56 Euro.

    Naja, es wird immerhin eine Quote gezahlt werden. Hurra. Fragt eigentlich nochmal jemand, wo die restlichen 37.500.000,00 Euro geblieben sind? Welche Lieferanten die abschreiben durften?

     
  3. 13

    @ Fisch :
    Danke !
    Dann ist die IHK also ab und zu doch zu was nutze.
    Zumindest deren Archiv taugt was.
    Die Prognosen leider nicht.

     
  4. 9

    Man sollte diese Fragestellung nie vergessen:
    „Was ist mit der Investitionssumme von 65 Millionen Euro in der kurzen Zeit geschehen?“
    (15 Mio. Werkshalle, 50 Mio. Anlagentechnik)
    Diese Summe wurde gegeben um auch dadurch 300 bis 500 Arbeitsplätze am Standort Kleve zu sichern.

     
  5. 8

    Hallo ich schreibe erst jetzt da ich nicht so oft im Kleverblog lese!

    als ehemaliger Mitarbeiter von Cleverstolz kann ich natürlich ein bißchen aus dem Nähkästchen erzählen!

    Herr J und die anderen beiden Geschäftsführer brauchten eine komplett neue Büroetage für 250000€ !!
    Weihnachten sollte man das Werk auch sofort erkennen deswegen wurde am Hochregallager ein Weihnachtsschlitten angebracht für mehrere 1000€!(Steht heute auf dem Weihnachtsmarkt Kleve)
    Centralcaffee in der Neue Mitte wurde von unseren Anstreicher vorbereitet auch die Ãœberstunden wurden so bezahlt!
    Herr J wohnte zu dieser Zeit in Rees, bei EBAY hat er sich damals eine Lebensgroße Supermanfigur bestellt die bei uns im Magazin angeliefert wurde und von dort aus nach ihm zuhause!
    Herr J. musste auch eine eigene Margarinemarke auf dem Markt bringen obwohl der Margarinemarkt rückläufig war!
    In seinen größenwahn hat er auf den Betriebsversammlungen Unilever zum ausgewählten Feindbild erklärt!

     
  6. 7

    Schade das sich keiner der ehemaligen Mitabeiter von Janoschs Clever Stolz gemeldet hat. Wann ist denn der Prozess?

     
  7. 6

    Hallo ehemalige Mitarbeiter. Warum meldet Ihr Euch nicht und gebt uns Auskünfte über die Ausschweifungen Eures Janosch! Betriebsfeste wie an einem Könighaus, feudales Büro usw. usw.

     
  8. 5

    @Bernd Derksen. Danke für die Erinnerung. Manchmal ist es doch richtig ältere Beiträge aufzubewahren und bei Gelegenheit den Entscheidungsträgern unter die Nase zu reiben.

    Leider nimmt der Bürger so etwas immer noch nicht richtig wahr, denn die Proteste halten sich doch sehr in Grenzen.

     
  9. 4

    Die Privatvilla im prominenten Donsbrüggen hätte die Stadt Kleve auch glatt genehmigt, wenn es nicht den aufwendigen Einspruch des Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) Kleve bei der letzten Genehmigungsinstanz (Bezirksregierung) gegeben hätte. Dort sassen noch aufrechte Beamte, die dem lokalen Treiben ein Ende setzten. Der BUND-Vorsitzende wurde später u.a. dafür mit dem Rheinlandtaler ausgezeichnet.

     
  10. 2

    Aufhebungsvertrag? Wollte man damals etwas vertuschen? Wußte Janosch zuviel? Eine unglaubliche Geschichte. Hoffentlich melden sich ehemalige Mitarbeiter und die gefeuerte Personalleiterin hier im Blog.