Buchladé

Buchladen

Gar nicht so einfach, ein bisschen pathetisch zu werden. Muss aber sein, denn es gilt leider Abschied zu nehmen von einem besonders liebenswürdigen Stück Kleve: Der Buchladen an der Herzogbrücke schließt zum Jahresende, und es ist sicher mehr als eine ganz normale Geschäftsaufgabe, und das nicht nur wegen privater Verwicklungen des Autors.


Mit dem Buchladen geht, nicht unähnlich dem Whisky-Saloon, ein Stück konsequenter Tralalaverweigerung. Hier stehen die meisten Bücher noch mit dem Rücken nach vorne in den Regalen (und nicht quer, um Masse vorzutäuschen). Auch meine von keiner Sachkenntnis getrübte Empfehlung, am Tag nach Elke Heidenreichs Literaturkarnevalssendung doch die besprochenen Bücher groß herauszustellen, wurde vom Personal beharrlich ignoriert – zu recht, wenn man ehrlich ist. Statt dessen überraschte der Laden mit Themenschaufenstern, deren Zusammenstellung den Blick für das Große und Ganze erkennen ließ – etwa als plötzlich ca. 150 Bücher ausgestellt waren, deren einzige Gemeinsamkeit ihre rote Umschlagfarbe war (eine Idee, die sich in Kleve durchsetzte, denn Monate später präsentierte Hintzen ein ähnliches Schaufenster, nur dass die Bücher diesmal grün waren).

Innenarchitektonisch hielt es der Laden mit schlichten Naturholzregalen, die zumindest in den Anfängen dafür sorgten, dass die Angehörigen der mildlinken, friedensbewegten und atomkraftverachtenden Klever Schickeria zu treuesten Kunden wurden, während das Establishment eher Hintzen bevorzugte. Einen weiteren Einrichtungsakzent setzte das eher frugale Kinderparadies (bestehend aus einer Plastikrutsche links hinten), wohingegen die in späten Jahren hinzugekommene Sitzlandschaft (2 Sessel, plus ein Tisch mit einer Flasche Mineralwasser drauf) durchaus als Zugeständnis an die sich wandelnden Ansprüche der Kundschaft verstanden werden durfte. Für den Außenanstrich, eine Art DDR-Lila, ist indes der Vermieter haftbar zu machen.

Kommen wir zu den Menschen: Die zwei entscheidenden sind zweifelsohne der Chef und seine treueste Angestellte, Geschäftsführer Robert Franck und Buchhändlerin Biggy Marquardt. Franck ist nach Expertenmeinung der „beste Buchhändler weit und breit“, sein Humor (Stil: subversives Florett) sorgte in der Regel dafür, dass man den Laden auch dann klüger verließ, wenn man kein Buch gekauft hatte (was aber nur selten vorkam). Marquardt brachte es hingegen zu einer Meisterschaft darin, besonders geschätzten Kunden auch dann einen albanischen, algerischen oder afghanischen Krimi zu verkaufen, wenn diese eigentlich „Programmieren in PHP“ zur Ansicht bestellen wollten. Computerbücher, die schlimmste aller Literaturformen, mied der Buchladen übrigens konsequent.

Was bleiben wird, ist eine Herzogstraße ohne Haupt. Selbst wenn man sozialistische Kriterien ansetzt, dürften von den verbleibenden Geschäften höchstens drei funktionieren (Club Le Paradieso mal ausgenommen). Und die skurrile Provinzial-Filiale an der Ecke gegenüber kann allenfalls wegen des Autogeschmacks des Chefs zum Ansehen der Straße beitragen. Allerdings parkt er seinen Alfa Romeo immer auf den Kundenparkplätzen in der Straße und schickt ständig seinen Hiwi raus, um die Parkscheibe zu verstellen. So wird sich kaum eine Loyalität zum Geschäft entwickeln, wie sie für den Buchladen so typisch war. Aber die Provinzial ist hier nicht das Thema.

Also: Adieu Buchladen, du warst ein treuer Freund! So gar nicht provinzial!

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3 Kommentare

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    Klasse, Herr Nachbar. Hätte b. mich Träne nicht so eindringlich auf Deine Seite aufmerksam gemacht, ich würde immer noch träumen.Ehre dem Journalisten, denn er kann nichts dafür. WB