Abgekupfert

Eines der bekannteren Klever Denkmäler heißt »Kupferner Knopf«. Zum Glück ist die Kugel auf dem Obelisken am Sternberg nicht mehr aus dem Metall, denn sonst würde vermutlich auch die bald gestohlen, wie derzeit schon Kabel, Rohre, Dachrinnen und Brunnen. Denn seit die Weltmarktpreise explodiert sind, ist der Diebstahl von Buntmetallen lukrativ – für die Rheinische Post habe ich jetzt einen Prozess vor dem Landgericht Kleve besucht, der überraschende Hintergründe eines florierenden kriminellen Gewerbes erhellte…

Die sechs jungen Männer auf der Anklagebank, zwischen 21 und 30 Jahren alt, sehen nicht so aus, als würden sie regelmäßig den Wirtschaftsteil der Tageszeitung studieren, um sich über Preisschwankungen von Buntmetallen auf dem Weltmarkt zu informieren. Aber im Grunde handelten sie wie perfekte Marktteilnehmer – wenn da nur nicht dieses Strafgesetzbuch wäre!

Jetzt muss die Jugendstrafkammer des Landgerichts Kleve unter dem Vorsitzenden Richter Christian Henckel darüber urteilen, wie kriminell der Unternehmungsgeist der sechs Männer war. Sie sind angeklagt, im Jahre 2010 über Monate hinweg als Bande operiert und gewerbsmäßig in Straelen, Weeze und Goch in großem Maßstab Kupfer gestohlen zu haben -  ein kriminelles Gewerbe, das zurzeit in hoher Blüte steht. Denn die Weltmarktpreise für das begehrte Buntmetall sind seit Ende 2008 förmlich explodiert, von rund 2000 Euro auf 5500 Euro im Frühjahr 2010, als die Bande ihre Straftaten aufnahm. Danach stieg er noch weiter.

Alle sechs Männer stammen aus dem Raum Wachtendonk. Sie blicken auf eine mal mehr mal minder erfolgreiche Schullaufbahn zurück, sie räumen freimütig mal mehr, mal minder intensiven Drogenkonsum ein, sie haben sich mal mehr, mal minder erfolgreich im Berufsleben versucht, und ihre Finanzlage ist mal mehr, mal minder verheerend. Für die Zukunft haben sie allesamt hehre Absichten. Mit ihrer kriminellen Vergangenheit möchten sie brechen, weshalb sie vor Gericht die meisten der der ihnen vorgeworfenen Diebstähle auch gestehen.

Rechtlich dürfte der Fall der Strafkammer deshalb nicht allzu viel Kopfzerbrechen bereiten. Für Außenstehende weitaus interessanter ist denn auch die Innenansicht eines Gewerbes, das dazu führt, dass Menschen morgens vor ihr Haus treten und konsterniert festellen müssen, dass über Nacht die Dachrinnen abmontiert wurden.

Das Sextett aus dem Südkreis hatte sich allerdings auf Gärtnereien spezialisiert. Die dort eingesetzten Geräte zur Bewässerung der Felder mit ihren weiten Auslegern bestehen zu großen Teilen aus Kupferrohren, durch die das Wasser fließt. In der Stille der Nacht klapperten die Angeklagten in wechselnder Besetzung die gottverlassenen Felder ab und montierten dort in aller Seelenruhe die ein bis zwei Meter langen Metallstücke ab. Was nicht in den Kofferraum passte, wurde passend gemacht. »Die haben wir in der Mitte durchgebrochen«, gesteht einer.

Als die Polizei ein Mitglied der Bande auf frischer Tat zu fassen bekam, fanden die Ermittler im Kofferraum eines Ford Ka 80 Kilogramm Rohre – und zwei Komplizen waren noch dabei, auf dem Feld weitere Rohre abzumontieren. Ihnen gelang die Flucht, als sie das Blaulicht sahen.

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Ein Kommentar

  1. 1

    Meine „privaten“ Gedanken dazu sind, dass ich mir manchmal wünschen würde, die erwischten ein noch unter Hochspannung stehendes Kabel …

    Man glaubt gar nicht, was die alles klauen. Man muss sogar seine Blumenkübel sichern oder Angst haben, dass einem nachts die Fallrohre unterm Hintern weg vom Haus gerissen werden, während man unmittelbar daneben schläft …

    Es handelt sich ja auch nicht um den ersten Brunnen der „weg gekommen“ ist – nur, dass der in Rede stehende halt „öffentlich“ war.

    Am allerschlimmsten finde ich jedoch die riedhofsdiebstähle. Eine Schande, dass es so weit kommen muss, dass in Moers die Friedhöfe des Nachts von einem Wachdienst begangen werden.

    Das schreit ja fast nach der „guten alten“ Bürgerwehr. War da nicht mal was in Rindern …