15 Silben des Grauens

Journalistenpreis Virtueller Gewerbeflächenpool. Hört sich schlimm an, oder? 10.000 Euro lobt die Kreis Klever Wirtschaftsförderungsgesellschaft (noch einmal acht Silben) an diejenigen unter den Schreibern aus, denen es gelingt, dieses Thema, das mein früherer Chef nicht einmal »Schwarzbrotthema« genannt hätte, irgendwie peppig zu verkaufen.

Irgendwie peppig? Virtueller Gewerbeflächenpool? Vor meinem geistigen Auge sehe ich eine typische Konferenz in einer kleinen Lokalredaktion:

Redakteur 1: »Ich würde gern ein kleines Stück über den virtuellen Gewerbeflächenpool schreiben, das ist ein ganz wichtiges Thema, da entscheidet sich die Zukunft des Kreises dran, das ist eine ganz einmalige Sache…«

Redaktionsleiter: »Was ist denn daran einmalig?«

Redakteur 1 (gerät etwas ins Schwitzen): »Also dass das eben virtuell ist? Cyberspace und so… und ein Pool, also ein virtueller Pool, in dem alles drin ist…«

Redaktionsleiter: »Hm, das klingt ja spannend. Haben wir das allein?« (Die wichtige Frage nach der Exklusivität einer Geschichte.)

Redakteur 1: »Ja, das hat mein Informant in der Kreisverwaltung mir gesteckt.« (Redakteure gehen gerne davon aus, dass ihre Chefs überhaupt nichts mehr lesen.)

Redakteur 2: »So ein Zufall, ich hab’s auch auf meinem Zettel.«

(Der Redaktionsleiter lässt sich die Freude darüber anmerken, wie gut verdrahtet seine Jungs offensichtlich sind.)

Redakteur 2: »Ich wollte die Geschichte aber anders aufziehen, soll voll futuremäßig, mit einem Investor, der einfach, zack, mit ein, zwei, drei Mausklicks hunderttausende Quadratmeter Gewerbefläche für sich reserviert.«

Redaktionsleiter: »Super, dann machen wir eine große Themenseite daraus. Und ich schreibe noch einen Kommentar, wie fortschrittlich der Kreis Kleve mit diesem innovativen Dings, äh, diesem virtuellen Gewerbe, diesem Cyberpool ist.«

Tja, lieber Leser, so schnell kann’s gehen: 5000 Euro für den Redaktionsleiter, 3000 Euro für den Redakteur 1 und 2000 Euro für den Redakteur 2 sind damit vergeben. Wetten, dass es so (oder so ähnlich) kommen wird?

Und die kleveblog-Redaktion geht mal wieder leer aus.

Dabei hätte ich einen so schönen Beitrag:

Kommt ein Mann zum Arzt: »Herr Doktor, ich habe einen virtuellen Gewerbeflächenpool?«

Sagt der Arzt: »Moment, mein Herr, die Diagnosen stelle immer noch ich.«

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8 Kommentare

  1. 6

    Kürzer geht es nicht:
    Der virtuelle Gewerbepool ist
    das Planschbecken für zehn Bademeister
    und eine Pfeife…

     
  2. 4

    @Kle-Master So langsam entwickelt sich die Idee zu einer preisverdächtigen Geschichte – mit W. Spreen als Poolbademeister in der Hauptrolle…

     
  3. 3

    Das ist ganz raffiniert eingefädelt – wie Europa mit dem € –
    da haben die Nationalstaaten nichts mehr zu sagen. Im Kreis
    regiert der Kreis-Wirtschaftsförderer Spreen über den Pool.