„Sozial wird in Kleve mit drei i geschrieben“, „Delta 200“: Erkenntnisse aus der Bürgerversammlung Asyl

Information aus erster und zweiter Hand: Northing, Haas auf der Bühne der Stadthalle
Information aus erster und zweiter Hand: Northing, Haas auf der Bühne der Stadthalle
Information aus erster und zweiter Hand: Northing, Haas auf der Bühne der Stadthalle

Gut besucht, aber nicht voll besetzt war die Stadthalle Kleve, als die Verwaltung am Montagabend zu einer Bürgerversammlung geladen hatte, um über die Flüchtlingssituation in der Stadt zu informieren. Der Zuspruch, aber auch der Vergleich mit der möglichen Gesamtbesucherzahl ließ Raum für Deutungen aller Art: Sehen die Menschen am Niederrhein die Lage gelassener als unsere Landsleute in den entlegenen Regionen Sachsens? Oder beginnt das Thema gar die Menschen zu langweilen, soll sich doch die Verwaltung drum kümmern, Hauptsache man selbst bekommt davon so wenig wie möglich mit.

Zumindest zwei aktuelle Projekte der Stadtverwaltung sorgen allerdings dafür, dass die Debatten in der Politik, in den Familien, unter Kollegen und an den Tresen so schnell nicht verstummen werden – die geplanten Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber in Keeken (die ehemalige Grundschule) und am Bahnhof (das ehemalige Postgebäude).

Bürgermeisterin Sonja Northing, Kämmerer Willibrord Haas, weitere Mitarbeiter der Verwaltung sowie Susanne Siebert (Grüne), Vorsitzende des Sozialausschusses, machten sich daran, den gut 250 Zuhörern die aktuelle Lage und die rechtlichen Rahmenbedingungen, in denen die Stadt Kleve sich bewegt, zu erläutern.

Das Wichtigste in Kürze: Derzeit leben 602 Asylbewerber in der Stadt [das entspricht einem Anteil von 1,2 Prozent an der Gesamtbevölkerung]. Davon sind 482 männlichen Geschlechts und 120 weiblichen. Von den 36 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen sind 35 männlichen Geschlechts. Unter den Nationalität am stärksten vertreten sind Menschen aus Syrien, Irak und Afghanistan. Der Vergleich mit dem Jahr 2014 macht deutlich, wie sich die Situation geändert hat. Ende Dezember vorvergangenen Jahres lebten lediglich 246 Asylbewerber in der Stadt. [Der Anstieg beträgt also 144 Prozent.]

Das schon zu Zeiten, in denen Sonja Northing noch Leiterin des Sozialamts war, von der Verwaltung initiierte Programm der dezentralen Unterbringung sorgt nach wie vor dafür, dass die meisten Menschen, die in Kleve anlanden, nicht in Sammelunterkünften untergebracht werden müssen. Derzeit leben sechs von zehn Asylbewerbern in normalen Häusern oder Wohnungen, die von der Stadt Kleve zu regulären Mietspiegelkonditionen angemietet werden.

Doch um dem erwarteten Zustrom in diesem Jahr noch gerecht werden zu können, müssten sowohl das ehemalige Postgebäude an der Bahnhofstraße wie auch die ehemalige Grundschule in Keeken als Sammelunterkünfte herangezogen werden, so Thomas Mutz, Leiter des städtischen Gebäudemanagements. Dennoch erwartet die Verwaltung für 2016 „ein Delta von 200“, so Mutz.

Der griechische Buchstabe Delta wird in der Mathematik als Zeichen für Differenz genutzt, und in diesem Fall ergibt sich die Differenz aus der Zahl der Flüchtlinge, die Kleve aller Wahrscheinlichkeit nach zugewiesen werden, und der Zahl der verfügbaren Betten. Delta 200, das heißt, es kommen 200 Menschen mehr als bisher Plätze zur Verfügung stehen. Die Stadt sucht deshalb dringend weiteren Wohnraum und nutzte den Abend auch, um sich als zuverlässigen und solventen Mietvertragspartner darzustellen.

Für die Politik hob Susanne Siebert hervor, dass in dieser Frage alle engagiert seien und an einem Strang ziehen, um für alle Menschen das Beste zu erreichen. „Sozial wird in Kleve mit drei i geschrieben“, so Siebert, die dann erläuterte: Es gehe um Inklusion, um interfraktionelles Vorgehen (alle Beschlüsse im Sozialausschuss seien einstimmig gefallen) und um Initiativen (die ungezählten Helfer, die sich überall engagieren).

In der Diskussion brachten einige Bürger ihre Ängste zum Ausdruck, insbesondere was das Thema Kriminalität angeht, das bekanntlich seit Silvester in einem ganz neuen Licht gesehen wird. Auch in Kleve kam es bekanntlich im Flüchtlingsheim an der Stadionstraße zu einem versuchten Tötungsdelikt.

Northing und ihre Mitstreiter versuchten die Ängste, so gut es ging, zu nehmen. „Ich habe mich sehr über den Zuspruch gefreut“, so Northing nach dem Abend, „und finde es gut, dass die Diskussion in Gang gekommen ist.“

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6 Kommentare

  1. 5

    1.500 Flüchtlinge in Kleve.
    Das sind hochgerechnet auf Deutschland ca. 2,4 Millionen.
    Das sind hochgerechnet auf die EU ca. 15 Millionen.

     
  2. 1

    Warum wird nur von einem Delta gesprochen ohne die Zahlen selbst zu nennen? Es sollen weitere 900 Flüchtlinge dieses Jahr nach Kleve kommen, wurde dort berichtet. Für 200 von den 900 neu hinzukommenden gibt es noch keine Idee, wo die unterkommen sollen. Sehr interessant war auch das Versprechen unserer Bürgermeisterin, dass die Turnhallen nicht mehr zweckentfremdet werden. Bin gespannt, ob es dabei bleiben wird, wenn am Ende doch 200 Leute ohne Bleibe in der Stadt ankommen. Insgesamt plant man also mit einem Anstieg in diesem Jahr von 609% gegenüber Ende 2014.