Silberstreif am Altrheinhorizont für die Fähre (Proseminar Semantik)

Nicht zu retten (Foto © CP)
Nicht zu retten? (Foto © CP)

Fast wäre alles fährgebens gewesen – aber eben nur fast!

Man kennt das aus dem Privatleben: Hätte man doch nur klarer gesagt, was man wirklich möchte! Vor einem ähnlichen Problem steht zurzeit Bürgermeisterin Sonja Northing, die zusammen mit der Verwaltungsspitze in den vergangenen Wochen offenbar zu ergründen versucht hat, was der Rat wirklich am 17. Juni 2015 wollte, als er zum gefühlten Vernichtungsschlag gegen die Fähre Schenkenschanz ausholte. Und genau in der Unschärfe der damals gewählten Formulierung liegt nicht mehr und nicht weniger als der berühmte Silberstreif am Horizont für die Menschen auf der Halbinsel (und die Radtouristen), die an der Schiffsverbindung hängen.

Worum geht es genau?

In dem Ratsbeschluss ist davon die Rede, den Betrieb der Fähre einzustellen. Die Fähre, das ist das Motorschiff Martin Schenk, und die möge fortan nicht mehr fahren, so der zum Ausdruck gebrachte Willen der Stadtverordneten. Aber bedeutet diese Formulierung, dass der Fährbetrieb an sich eingestellt werden soll? In der Verwaltungsspitze, so ist zu hören, herrscht die Meinung vor, dass sich der Beschluss mehr gegen das kränkelnde und überdimensionierte Fährschiff, das zurzeit zwischen den beiden Ufern des Altrheins pendelt, richtet – nicht aber gegen eine Schiffsverbindung generell.

Rein sprachlich betrachtet, geht es um einen „Betrieb“, und um welchen Betrieb es geht, regelt ein Genitivobjekt („wessen Betrieb?“). Die Antwort lautet also „der Fähre“. Da am Altrhein nur eine Fähre verkehrt, die Martin Schenk, richtet sich der Ratsbeschluss also eindeutig gegen den weiteren Einsatz dieses Wasserfahrzeugs. Man muss nicht haarspalterisch unterwegs sein, um zu erkennen, dass diese Entscheidung der Stadtverordneten eine andere Bedeutung hat als: „den Fährbetrieb [an sich] einzustellen“. Denn in diesem Fall ist aus dem Verkehrsmittel und der Tätigkeit ein zusammengesetztes Hauptwort (Kompositum) gebildet worden, dass eine enger gefasste, allgemeine Tätigkeit bezeichnet. Im Alltag finden sich viele Entsprechungen: „Ich würde dir nicht empfehlen, den Kaffee zu trinken“ [weil er zum Beispiel kalt ist] bedeutet etwas anderes als „Ich würde dir Kaffeetrinken nicht empfehlen“ [weil du zum Beispiel Bluthochdruck hast].

Die Möglichkeiten, die sich aus dieser Interpretation ergeben, werden jetzt erkundet. In einer Pressemitteilung der Stadt heißt es: „In seiner Sitzung am 17.06.2015 hatte der Rat der Stadt Kleve beschlossen, der Gesellschafterversammlung der Klever Versorgungsbetriebe GmbH zu empfehlen, u.a. den Betrieb der Fähre Schenkenschanz zu nächstmöglichen Zeitpunkt einzustellen. Vorausgegangen war eine öffentliche Debatte, nach der die Auswirkungen und Alternativen zu dem gefassten Beschluss ausdrücklich offen gelassen wurden. Aus diesem Grunde hat sich Bürgermeisterin Sonja Northing in der Gesellschafterversammlung nicht pauschal für die ,Einstellung des Fährbetriebs` ausgesprochen, um die mit dem Ratsbeschluss verbundenen touristischen und sonstigen Auswirkungen, insbesondere im Hochwasserfall, einer gesonderten Untersuchung zu unterziehen.“

Dass die Kosten für den Betrieb der Fähre Martin Schenk so explodierten, liegt übrigens daran, dass bei der Anschaffung die CDU auch die Wünsche mehrerer ortsansässiger Landwirte berücksichtigte, die mit ihren Traktoren nicht über Griethausen zu den jenseits des Altrheins gelegenen Feldern ihrer Besitzungen fahren wollten (ca. acht Kilometer Umweg). So wurde das völlig überdimensionierte Schiff angeschafft, das für den Betrieb in dem schlammhaltigen Gewässer überhaupt nicht geeignet war. Die motorisierten Bewohner der Insel, dies zeigt die Statistik der Stadtwerke, nutzten die Fähre ohnehin so gut wie gar nicht.

kleveblog dokumentiert:

Der Gesellschafterbeschluss der Stadtwerke Kleve lautet:

Die Gesellschafterversammlung beauftragt den Geschäftsführer entsprechend des Ratsbeschlusses vom 17. Juni 2015, die Einstellung des Betriebs der Fähre Schenkenschanz zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu veranlassen und die damit verbundenen touristischen und sonstigen Auswirkungen, die durch den Ratsbeschluss offen gelassen wurden, einer gesonderten Überprüfung im Aufsichtsrat zu unterziehen.

Info Semantik:

Semantik (von griechisch σημαίνειν sÄ“maínein ‚bezeichnen`, ‚zum Zeichen gehörig`), auch Bedeutungslehre, nennt man die Theorie oder Wissenschaft von der Bedeutung der Zeichen. Zeichen können in diesem Fall Wörter, Phrasen oder Symbole sein. Die Semantik beschäftigt sich typischerweise mit den Beziehungen zwischen den Zeichen und deren Bedeutungen. Soweit sich die Semantik mit Zeichen aller Art befasst, ist sie ein Teilbereich der Semiotik. Sofern sie sich alleine mit sprachlichen Zeichen befasst, ist sie eine Teildisziplin der Linguistik.

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3 Kommentare

  1. 3

    Diese Statistik, „Die motorisierten Bewohner der Insel, dies zeigt die Statistik der Stadtwerke, nutzten die Fähre ohnehin so gut wie gar nicht.“ wurde auch erst dann erhoben, als die Preise angehoben wurden ( 1 Person mit PKW für eine Fahrt 2 €) das macht nach Düffelward hin und zurück mit dem PKW 4€?? Gehts noch? Zusätzlich kommt hinzu, dass der Fährbetrieb nur in gewissen Stunden am Tag statt findet. (Jaja man hat ja eine Umfrage auf der Schanz gemacht, wann denn die Fähre fahren muss). Wir danken somit der Landwirtschaftslobby und natürlich der CDU und den Stadtwerken die dafür gesorgt haben, dass man so ein monströses Ding angeschafft hat. Desweiteren muss man sich von der Landwirtschaft dann noch anhören „Na was macht Euer Traumschiff? Wieder kaputt oder ist es mal wieder zu windig oder das Wasser zu flach?“ Hinzu kommen die äußerst objektiven (Achtung Ironie) Berichterstattungen unserer Lokalen Pressen. Keiner hat mal die Eier in der Hose und sagt: Ja da haben wir was falsch gemacht.

     
  2. 2

    Wo ist die alte Seilfähre geblieben, die viele Jahrzehnte ohne Reparaturen ihren Dienst versah?

    Die jetzige, völlig ungeeignete „Hochseefähre“ mit Radar, ist noch nicht einmal für die Niers geeignet.

     
  3. 1

    Auch sieht es so aus, dass alle im Rat zugestimmt hätten zur Stillegung der Fähre. Dies ist nicht richtig. Als vor Jahren schon eine Stillegung o.Ä angedacht war und dass dann die bis dahin kostenfreie Fähre kostenpflichtig wurde. haben die OK (Offene Klever) immer gegen diese Gebühren und auch die Stillegung gestimmt. Ob nach Abrechnen und Kassieren überhaupt ein Gewinn für die Stadtwerke übrig blieb, wage ich zu bezweifeln.

    Paul Zigan