Minoritenplatz: Ein seltsamer Brief aus einer anderen Welt

Als ich anfing Zeitung zu lesen, so vor etwa 40 Jahren, war ich fasziniert von allen Nachrichten aus der Weltraumfahrt und von einer ganz besonderen Sorte von Geschichten, die in den Dschungeln Südostasiens spielte: Dort wurden immer mal wieder versprengte japanische Soldaten aufgegriffen, die davon überzeugt waren, der Zweite Weltkrieg dauere noch an. Sie hielten den Hinweis, dieser Krieg sei nun schon seit mehreren Jahrzehnten beendet, für eine besonders perfide Täuschung. Womit wir bei einem offenen Brief angelangt wären, dessen Inhalt gestern publik wurde. Unterzeichnet hat ihn Henriette Wiggerts, eine streitbare Niederländerin mit Wohnsitz in Kleve, die früher in der Initiative „Denkpause für die Unterstadt“ aktiv war.

Jetzt gehört sie zu einem Grüppchen von Klevern, die die Sorge umtreibt, der gefürchtete Investor Sontowski könnte doch noch sein Einkaufszentrum auf dem Minoritenplatz errichten. Eine Idee, solche Sorgen zu vertreiben, wäre nun, die handelnden Personen zu fragen. Eine andere, im Dschungel sitzen zu bleiben, sich aus der störenden Realität weitestgehend auszuklinken – und weiter zu kämpfen.

Möge der Leser nach der Lektüre der folgenden Zeilen selbst entscheiden, in welche Kategorie das Schreiben (Wortlaut siehe unten), für welches Henriette Wiggerts ihren guten Namen hergegeben hat, gehört.

Der Brief listet eine Reihe angeblicher Fakten auf und fragt dann, ob es wirklich sicher sei, dass Sontowski nicht nach Kleve kommt. kleveblog, in solchen Fällen von Unkenntnis immer gern ein dienstbarer Geist, liefert als Service die Antwort von Jörg Cosar, Vorsitzender des in Kleve nicht unbedeutenden CDU-Stadtverbandes. Er sagt: „Das Thema Sontowski ist erledigt.“ Seine Partei wolle nun die in Kleve ansässigen Architekten für neue Ideen gewinnen.

Kleiner Exkurs: Hätte die Gruppe um Henriette Wiggerts das wissen können? Vermutlich ja. Immerhin hatte sich Jörg Cosar am Montagabend mit Wolfgang Paterok getroffen, der ebenfalls zu der Gruppe gehört. Aber vielleicht sollte der Brief ja auch schnell raus, bevor eine unbequeme Faktenlage ihn obsolet gemacht hätte…

Das Schreiben bringt die Furcht zum Ausdruck, die Verwaltung könne sich quasi im Alleingang über einen einstimmigen Ratsbeschluss hinwegsetzen und aus reiner Patzigkeit Sontowski doch noch in die Stadt holen. Festgemacht wird dies an dem Wort „soll“, welches in dem Schreiben der Stadt an den Investor angeblich für Verwirrung gesorgt hat.

Wer sich allerdings die Mühe machen würde, sich mit dem Prozedere des Vergabeverfahrens näher zu beschäftigen, könnte ohne großen Aufwand in Erfahrung bringen, dass dem Anbieter vier Wochen Zeit zu einer Stellungnahme gewährt werden. Diese Frist ist nun verstrichen, und, wie aus Ratskreisen zu hören ist, soll in den folgenden zwei Wochen die endgültige Ablehnung (also die verwaltungsrechtliche Umsetzung des ohnehin schon existierenden Ratsbeschlusses) erfolgen.

So einfach kann die Sache sein. Aber man kann sich natürlich auch im Dschungel verschanzen.

Hier der offene Brief – leicht gekürzt – im Wortlaut:

Alles nur ein großer Bluff? – Wer wird hier für dumm verkauft?

Als im Dezember 2013 der Rat der Stadt Kleve abschließend über das Angebot des Erlanger Projektentwicklers Sontowski zur Bebauung des Minoritenplatzes beschlossen hatte, ging die Öffentlichkeit davon aus, dass damit das Sontowski-Kapitel geschlossen sei. Entsprechend titelten RP und NRZ am 19. 12. 2013: „Rat lehnt Sontowski als Minoritenplatz-Investor ab“ (RP) und „Politik zieht Schlussstrich unter Sontowski“ (NRZ). Heute, knapp drei Monate später, stellt sich plötzlich heraus, dass alles ganz anders sein könnte, dass alles vielleicht ein großer Bluff war, dass Teile des Rates und die Öffentlichkeit vielleicht nur einem raffinierten Täuschungsmanöver interessierter Kreise auf den Leim gegangen sind.

Fakt ist jedenfalls, dass für die Verwaltung nach dem einstimmigen Beschluss noch nicht Schluss war und dass sie dieses – nach fast zwei-monatigem Brüten über dem Wortlaut eines Briefes – dem Investor mit der Formulierung signalisiert hat, dem Angebot „soll“ in der vorliegenden Form kein Zuschlag erteilt werden. Fakt ist weiterhin, dass nach Lesart der Rechtsabteilung des Investors das Angebot keineswegs abgelehnt ist, sondern im Gegenteil ein Anrecht auf Zuschlag zum Angebot besteht. Fakt ist schließlich, dass – entgegen den Beteuerungen der Verwaltung in der Dezember-Ratssitzung – die Firma Sontowski im Falle der Ablehnung ihres Angebots Schadensersatz­ansprüche in sechsstelliger Höhe geltend machen dürfte.

[Wir fordern] Rat und Verwaltung auf, unverzüglich Klarheit zu schaffen und klipp und klar festzustellen, ob unter das Kapitel Sontowski ein Schlussstrich gezogen worden ist oder nicht, [und] die Öffentlichkeit darüber aufzuklären, welche rechtlichen und finanziellen Konsequenzen der Ratsbeschluss vom Dezember 2013 hat. […]

Kleve, am 17.03.2014

Henriette Wiggerts

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19 Kommentare

  1. 18

    @ 8. rd :
    ### Statt diese Frage hier in den Raum zu stellen, […] ###
    Meine Fragen in #7 richteten sich an HP.lecker.
    Die Antworten sind auf dem weiten Weg bis in eine andere Welt verschüttGegangen.
    Ich schicke sie aber gerne nochmals :
    1.) Laut RP soll Sontowski keinen Zuschlag erhalten, weil noch Visualisierungen der künftigen Fassade fehlen und Sontowski nicht genug für die Fläche bezahlen wolle.
    2.) Sowohl laut offenen Klevern wie auch bestätigt durch fachkundigen RechtsAnwalt beEndet dieser Beschluß das europäische VergabeVerfahren NICHT.

    @ 14. rd :
    ### hilfsweise mit Logik versuchen […] ###
    SelbstVerständlich war und ist es richtig,
    FÃœR den Antrag zu stimmen.
    Damit hat der Rat – im Dezember – sich geschlossen gegen Sontowski geäußert.
    Auch dann, wenn klar war, daß damit die sprichWörtliche Kuh noch lange nicht vom Eis war.
    Fazit :
    ### hilfsweise mit Logik versuchen […] ###
    Versuch gescheitert.

    (…)

     
  2. 17

    Eigentlich sollten sich die Offenen Klever in geschlossene Klever umbenennen. Andere Meinungen als die eigenen zählen ja anscheinend nicht. Und die eigenen Meinungen sind ja sozusagen eher eine Einzelmeinung des Ok Diktators J.M…

     
  3. 16

    @MF Meinem Kenntnisstand nach treffen sich ja ab und an im Kolpinghaus noch ein paar Leute, unter ihnen auch der eine oder andere offene oder verdeckte Offene Klever. Meine Frage nun: Was sagen denn z.B. die Ratsmitglieder der Offenen Klever in einer solchen Runde, wenn ein offener Brief mit einem bestenfalls irreführend zu nennenden Inhalt verfasst wird? Sagt dann ein Fabian Merges oder ein Paul Zigan (der am 18.12. noch dabei war): „Liebe Freunde, ich glaube, wir sind hier auf dem Holzweg! Wir haben doch damals selbst im Rat dem Antrag zugestimmt, mit dem der Investor abgelehnt wurde!“ Oder sagen sie, wir haben damals einem Antrag zugestimmt, von dem wir wussten, dass damit der Investor gar nicht abgelehnt wurde und wissen heute auch nicht mehr genau, warum wir das getan haben? Oder betrachten sie schweigend, wie andere aus wahltaktischen Gründen vor die Wand rennen dürfen (z.B. Henriette Wiggerts)?

     
  4. 15

    @ 14. rd :
    Sie haben fast Recht :
    Die hartNäckige Verwekslung/Vermengung/VerschwörungsUnterstellung,
    die (Gruppe) werde angeblich von den offenen Klevern dirigiert,
    wird nicht nur langsam ### sehr, sehr peinlich ### !

     
  5. 14

    Man könnte es auch hilfsweise mit Logik versuchen: Zu dem Zeitpunkt, als am 18.12. die Ratsentscheidung gegen Sontowski fiel, waren auch die Offenen Klever (2 Ratsmitglieder) der Meinung, es falle gerade eine Ratsentscheidung gegen Sontowski und stimmten im Sinne des Antrags gegen die Vergabe an den Investor. Das haben sie aber wahrscheinlich auch schon wieder vergessen, weshalb sie jetzt andere anstiften, offene Briefe zu schreiben, um zu fragen, wie es wirklich war… Langsam wird es sehr, sehr peinlich. Oder, um in der Frage des Briefs zu bleiben: Wer wird hier für dumm verkauft? Alle Klever – aber durch den Brief, nicht durch Rat/Verwaltung.

     
  6. 13

    Das hört sich an wie ein Brief aus der Feder des OK-Vortänzers J.M. Die OK-ler sehen hier, wie sich ihr einziges Thema für den Wahlkampf in Luft auflöst. Das ist natürlich die „böse Verwaltung“ schuld …..

     
  7. 12

    Der Brief wirft hier Fragen auf, die im Rat schon lange gestellt wurden (nicht von der OK). Jedesmal, wenn Sontowski Aufschub gewährt wurde oder sonstige Beschlüsse zum Projekt gefasst wurden, haben sich Ratsmitglieder erkundigt, ob Sontowski daraus finanzielle Ansprüche herleiten könne. Das wurde seitens der Verwaltung jedesmal verneint. Ich glaube auch nicht, dass sich die Verwaltung bemüßigt fühlt, auf Fragen in dem Brief zu antworten. Man hat das Gefühl, hier läuft jemand einem Phantom Lichtjahre hinterher.

     
  8. 11

    @ Peter Wanders, als Sprecher von Rat UND Verwaltung dürfte es wohl etwas schwierig sein, dann widerspricht man sich ja dauernd… „Beo Trauer“ ist gut!

    @ G.M.: Misstrauen gegenüber Verwaltung bzw Stadtregierung ist mit Sicherheit IMMER angebracht.

     
  9. 10

    Im Dschungel des Reichswaldes fand heute ein Förster einen gewissen Beo Trauer. Der hatte sich vor 4,5 Jahren verlaufen.
    Aber er war immer noch so mitteilsam, wie man ihn kannte.
    Voll Enthusiasmus erzählt er von der tollen Bürgerbeteiligung im Jahr 2009.
    Er schwärmt vom Astoc-Gewinner-Entwurf.
    Er lobt die einstimmige Entscheidung des Stadtrates, diesen Astoc-Entwurf europäisch auszuschreiben.
    Von Wanderern hatte er gehört, dass die Rathaussanierung mit einstimmigem Ratsentscheid an Firma ten Brinke vergeben wurde. Gott sei Dank nicht an ET, dem er so schön die Kostenexplosion beim Museum-Kurhaus in die Schuhe geschoben hatte. Er erinnerte sich noch, dass die Sanierung knapp 7 Millionen kostet. Das muss ja längst fertig sein!
    Reiter hatten ihm von einem sagenhaften Hotelentwurf berichtet, in dem die Restaurantbesucher auf Augenhöhe den Kapitänen von Motor- und Segelyachten zuwinken.
    Er erinnerte sich noch gut an die Zeichnung des auf der anderen Kanalseite gelegenen Gebäudes, welches sich U-förmig zum Wasser öffnet. In dem Obergeschoss werden Wohnungen zur Belebung der Unterstadt eingerichtet.
    Das ganze komplettiert mit einem G-förmigen Gebäude Richtung Haus Koekoek. Eine wunderbare städtebauliche Lösung mit Atrium-artigen Innenhöfen.

    Der Förster bittet ihn zu schweigen und führt ihn aus dem dunklen Wald hinaus ins Licht des Minoritenplatzes.
    Beo Trauer fragt nochmals nach der Jahreszahl. Er kann es gar nicht glauben.
    Vor dem Hotel hat sich der Spoykanal canyonartig ins Gelände gegraben.
    Wo sind die Yachten?
    Und irgendwie wirkt das Hotel überhöht.
    Gegenüber stehen 5 Herren mit 3 Spaten. Ein bisschen spät, aber gewiss wird dort der Spatentisch für das U-Wohn-Geschäftshaus stattfinden. Ein heimlicher Blick auf die stolz präsentierten Zeichnungen lässt ihn erstarren. Ein quer vorm Kanal stehender Glasklotz hat doch gar nichts mehr mit der einstimmigen Ratsentscheidung aus dem Jahr 2009 zu tun.
    Dann wendet er sich erwartungsvoll dem sanierten Rathaus zu.
    Aber wo ist dies bloß? Vom Kanal aus blickt er ungläubig auf einen Kran, oben verziert mit ET. Er kann es nicht fassen.
    Er rennt zum Kran und kann gerade noch rechtzeitig stoppen.
    Vor ihm öffnet sich eine tiefe Grube.
    Wo ist das Rathaus?
    Was ist geblieben vom einstimmigen Ratsbeschluss 2009? Gibt es irgendwo ein letztes Puzzelstückchen von Astoc?
    Hinzu tritt ein Journalist. Er berichtet Beo Trauer davon, dass auch das letzte Stückchen beinahe an einen großen Investor aus Erlangen verkauft wurde. Doch unter Führung dieses Journalisten hatte eine Bürgergruppe den Rat in letzter Minute überzeugen können, nicht an den Investor zu verkaufen.
    Kurz darauf erkannte der Journalist die Hinterhältigkeit anderer Mitglieder der Bürgerinitiative.
    Gerade rechtzeitig schaffte er den Absprung und mutierte zum geachteten Sprecher von Stadtrat und Verwaltung.
    Alles wird gut. Man höre.
    Der.Stadtrat.Hat.Einstimmig.Entschieden.
    Beo Trauer geht weinend in den Wald.
    Er wünscht sich zurück ins Jahr 2009.

     
  10. 9

    Wir haben gemeinsam dafür gesorgt, dass Sontowski keinen Zuschlag erhält und haben gemeinsam erreicht,
    dass Rat und Parteien den Denkpause-Vorstellungen gefolgt sind.

    Dem Rat und vor allen Dingen den CDU-Patriarchen in Kleve zu trauen, wäre Leichtsinn, wir
    haben äußerst wachsam zu sein.

    Dass der Apfel Denkpause nun geteilt auftritt, d. h. z.Zt. nur eine Hälfte, ist kein besonderes Zeichen von
    Gemeinsamkeit.

    Persönliche Empfindsamkeiten sollten keine Rolle spielen; halten Rat und Parteien Wort, entfällt der bisherige
    Sinn der Denkpause, wenn nicht, müssen wir alle mit vereinten Kräften weiter arbeiten und die Klever
    Bürger entsprechend unterrichten.

     
  11. 8

    @Martin Fingerhut Statt diese Frage hier in den Raum zu stellen, vielleicht einfach mal bei den OK nachfragen, die waren ja dabei – oder wissen die das auch nicht mehr?

     
  12. 7

    @ 6. HP.lecker
    Die spannenden Fragen sind :
    1.) WAS genau ist beschlossen worden ?
    2.) Ist dieser Beschluß juristich wirksam ?

     
  13. 6

    Ein Beschluss ist ein Beschluss ist ein Beschluss…

    Schließe mich mithin der Meinung von rd an.

     
  14. 5

    @Martin Fingerhut Sie werden hier nicht erleben, dass ich diese erratische Nomenklatur fördere.

     
  15. 3

    Es ist doch völlig gleichgültig wer baut. Wichtig ist einzig und alleine, was und wie gebaut wird!

     
  16. 2

    Die finanziellen Konsequenzen würden mich auch interessieren. Welches Büro arbeitet schon Monate lang zum Nulltarif?

     
  17. 1

    @ rd , hoffen wir mal das du Recht hast mit deiner “ Vermutung“ … Sontowski ist raus.
    Trotz alledem hätte die Stadt hier Verwaltung, oder auch Herr Cosar schin früher ein aufhellendes Wörtchen verlieren können.
    Dann wären sicherlich vielen Bürgern einige Sorgen erspart geblieben.
    Denn das mit dem „glauben“ der Klever an ihre Stadtvorderen , das ist schon so eine Sache. Sind die Bürger doch schon oft genug von der CDU , welche ja nun unsere Stadt Regierung stellt , hinters Licht geführt worden.

    Im übrigen stelle ich hier fest das der Wortlaut von rd sich immer mehr pro Stadtregierung gewandelt hat. Nicht verboten .
    Aber auch nicht glaubwürdig.