Jahre der Zwiebelsuppe: Erinnerungen an Magdalene…

Sekt und Pfeifen: Familienfeier am Stammtisch, Magdalene und Hubert Lanzerath (Bildmitte)
Sekt und Pfeifen: Familienfeier am Stammtisch, Magdalene und Hubert Lanzerath (Bildmitte)
Sekt und Pfeifen: Familienfeier am Stammtisch, Magdalene und Hubert Lanzerath (Bildmitte)

Die Gaststätte hieß „Zur alten Brücke“, doch jeder nannte sie nur beim Vornamen der Wirtin – Magdalene (Lanzerath) machte ein kleines Lokal in der Gasthausstraße mit Charme und Zwiebelsuppe zu einer Instanz des Klever Nachtlebens…

Ergänzen Sie bitte den folgenden Satz: „Bei Magdalene gab es eine fantastische…“ Es gibt eine Generation von Klevern, die wie aus der Pistole geschossen das fehlende Wort ergänzen können: Zwiebelsuppe.

Die französische Zwiebelsuppe, mit getoasteten Weißbrot und Käse überbacken, war ein Markenzeichen der Gaststätte „Zur alten Brücke“, die kein Gast je bei diesem Namen nannte. Der Klever ging einfach zu „Magdalene“, denn es war die zierliche Frau, die meist eine weiße Bluse und darüber eine Strickjacke trug, die dem Lokal in der Gasthausstraße ihren Stempel aufsetzte und zu einer festen und verlässlichen Größe im Klever Nachtleben machte.

Magdalene Lanzerath führte die Gaststätte gemeinsam mit ihrem Mann Hubert, der jedoch aus gesundheitlichen Gründen in den späteren Jahren nicht mehr arbeitete. Das Ehepaar hatte bereits in den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts eine Gaststätte in Kellen.

1957 übernahmen die Lanzeraths dann die Kneipe in der Gasthausstraße, die zuvor von Huberts Vater und Großvater geführt worden war (in Kombination mit einem Lebensmittelgeschäft). Sie stand dort, wo heute die Gaststätte „Früh“ ist, strahlte allerdings nicht die heute dort vorherrschende Wirtshausgemütlichkeit aus, sondern noch den frugalen Charme der Nachkriegsjahre. Im Schankraum standen einige Weichholztische (jeweils mit einer Vase mit einer frischen Rose), links war eine kleine Theke, und die Decke leuchtete in einem perfekten Braun – was allerdings nicht Malerarbeit war, sondern das gemeinschaftliche Werk aller rauchenden Gäste.

Geraucht wurde viel bei Magdalene, denn sie machte das Lokal zum Treffpunkt der Klever Kultur-Szene. Das lag daran, dass die Schauspieler des damals noch existierenden „Theaters am Niederrhein“ Magdalene zu ihrem ständigen Zufluchtsort auserkoren hatten. Die Mimen litten traditionsgemäß unter Geldknappheit und fanden in der Kleverin eine verständnisvolle Wirtin. In einem Gespräch erinnerte sie sich: „Die erste Frage von den Theaterleuten war immer: ‚Kann ich hier einen Deckel machen?` Die hab‘ ich richtig durchgefüttert.“

Wenn das Ensemble in der Gaststätte eine gelungene Premiere feierte, wurde bei Magdalene so ausgelassen gefeiert wie sonst nur an Karneval. Zu den Gästen des Lokals gehörten auch Schauspielergrößen wie Hansjörg Felmy und Hanna Schygulla. Zu den Gauklern gesellten sich dann auch Juristen und Journalisten, Lehrer und Politiker, halt alle, die in Kleve „dazugehören“ wollten.

Sie alle waren geschockt, als Magdalene Lanzerath 1986 im Alter von 57 Jahren verkündete, das traditionsreiche Lokal zu schließen. Sie wollte sich um ihren kranken Mann kümmern und gemeinsam mit ihm den Lebensabend genießen. „Wir haben so viele Einladungen“, sagte Hubert Lanzerath. „Wenn wir die alle wahrnehmen wollten, hätten wir die nächsten Jahre gut zu tun.“ Doch das Schicksal war nicht gnädig: Magdalene Lanzerath starb bereits ein gutes Jahr, nachdem sie die Gaststätte geschlossen hatte, an den Folgen eines Herzinfarkts.

Zu Ehren Magadalenes hatte Peter Janssen, ein ehemaliger Schauspieler, ein Gedicht verfasst, das er in der Woche vor der Schließung im April 1986 in der Gaststätte vorgetragen hatte. Darin heißt es: „Magdalene Gaststätte Zur Brücke hinterlässt eine schmerzliche Lücke, denn es war hier immer so schön. Für Magdalene gibt es keinen Ersatz, sie war schon mehr als ein rechter Schatz, flink, freundlich und verständnisvoll – nein wirklich, sie war einfach toll… Es gibt keine Affsacker mehr, das Leben wird schwer.“

(Dieser Artikel erschien auch in der NRZ im Rahmen der Serie Klever Köpfe. Hier der Link dorthin: Magdalene, ein Schatz von Wirtin)

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