Heinz Scholten, 1932-2014

Heinz Scholten
Heinz Scholten

Er hat in seiner Jugend mal sehr erfolgreich Handball gespielt, was, wie jeder weiß, der dieser Sportart nachgeht, Durchsetzungsvermögen und Teamfähigkeit befördert. Beides legte der Apotheker Heinz Scholten, der am Samstag nach längerer Krankheit im Alter von 82 Jahren gestorben ist, in bewundernswerter Weise an den Tag, als er – in der Regel vom überquillenden Hinterzimmerbüro seiner Marien-Apotheke aus – die Geschicke des Klevischen Vereins lenkte. Als im Jahre 2000 die Burgwoche organisiert wurde, bat Heinz Scholten Bert Thissen, Wilhelm Diedenhofen, Helga Scheyda, Theo Brauer (den Heimatkundler) und mich, ein Buch über die Schwanenburg herauszubringen. Es war eine Heidenarbeit, und wahrscheinlich kann sich keiner der Beteiligten mehr daran erinnern, überhaupt darüber nachgedacht zu haben, ob Zeit und Lust vorhanden ist. Es war einfach klar, dass wir uns an die Arbeit machten. Überflüssig zu sagen, dass das von ihm angeregte Buch ein großer Erfolg war.

Ich weiß gar nicht mehr, wie ich in den Verein gekommen bin, aber kaum war ich drin, stand Heinz Scholten bei uns zuhause und bat mich, in den Vorstand zu gehen. Ich habe ihn verdattert angeguckt, und er sagte: „Keine Sorge, das ist ein großer Vorstand.“ Später wurde verkleinert, aber damals waren es wirklich rund 15 bis 20 Leute, die sich regelmäßig trafen. Heinz Scholten zog mich nach und nach mehr in den Verein, hauptsächlich für „Rund um den Schwanenturm“ – langer Rede kurzer Sinn: alles, was ich heute mache, würde ich wahrscheinlich nicht tun, wenn Heinz Scholten nicht sein Auge auf mich geworfen, mich für Aufgaben empfohlen und mit Leuten zusammengebracht hätte.

Er ist ja öfter auch mal enttäuscht worden, zum Beispiel, als der große Kompositionswettbewerb 2000 stattfand, unter Beteiligung hochrangiger Komponisten und Dirigenten. Die Veranstaltung ist ja arg runtergezogen worden, als Heiner Frost und Andreas Daams die Juxkomposition eingereicht haben. Das hat ihn tief getroffen. Irgendwann, als er wegen einer Sache, von der ich nicht mehr weiß, worum es ging, ziemlich frustriert war, weil seine Arbeit nicht angemessen anerkannt worden war, sprach ich ihn darauf an und er sagte: „Ich kenne meinen Stellenwert in
Kleve“. Entmutigen ließ er sich nicht, und selbstbewusst war er eben auch.

Und auf eine liebenswerte Art chaotisch. Das kenne ich noch aus den Hinterzimmergesprächen in seiner Apotheke. Im August hat er uns Bücher und Schriftkram ins Archiv gebracht. Er wusste wohl, dass es bald zu Ende geht, aber das behielt er für sich.

Sein 25-jähriges Wirken als erster Vorsitzender des Klevischen Vereins wird sicher in besonderer Erinnerung bleiben, sein Engagement für die Stadt Kleve ging jedoch weit darüber hinaus.

Heinz Scholten wurde am 1. März 1932 in Bochum geboren, sein Vater war dort Apotheker. Als Schüler besuchte er das staatliche Gymnasium in Kleve, legte das Abitur ab und studierte Pharmazie in Marburg. 1962 gründete Heinz Scholten die Marien-Apotheke auf der Großen Straße in Kleve, die er nach mehr als 50 Jahren seinem Sohn Henrik übergab.
Viele Jahre (1975-1984) war Scholten als Stadtverordneter im Rat der Stadt Kleve tätig, danach noch Jahre lang Mitglied im Kulturausschuss. Zu Beginn der 80er Jahre wurden etliche Häuser unter Denkmalschutz gestellt, hier leistete er ebenso wichtige Beiträge wie in der Diskussion um den Bau des Klever Ringes durch die Galleien.

Jedoch wollte er sich nicht von der Politik zermürben lassen und sah ein wirkungsvolleres Engagement in der Arbeit für den Klevischen Heimat- und Verkehrsverein, dessen Vorsitz er im Jahre 1981 übernommen hatte. Viele über die Stadt hinaus bekannte Ereignisse fanden unter seiner Ägide statt. Er selbst bezeichnete den großen historischen Festzug zum 750. Stadtjubiläum Kleves im Jahre 1992 als den für ihn bedeutungsvollsten Beitrag des Vereins. Ebenso verbunden mit seinem großen persönlichen Engagement ist jedoch auch der Klevische Klaviersommer, der auf seine und Boguslaw Strobels Idee zurückgeht, der Internationale Kompositionswettbewerb „Musik in europäischen Gärten“, die Verleihung der Johanna-Sebus-Medaille, der Weihnachtsmarkt, der Klever Advent und vor allem der Ostermarkt, der durch seine persönlichen Kontakte nach Marburg jahrelang in Zusammenarbeit mit den Marburger Eiermalerinnen stattfand.

Die Umbenennung 2002 in den „Klevischen Verein für Kultur und Geschichte“ ging ebenfalls auf seine Initiative zurück. Er hatte sich schon lange dafür ausgesprochen, die vom Verein geleisteten „Fremdenverkehrsaufgaben“ in professionelle Bahnen zu lenken. Nach der Einrichtung der Stadtmarketing GmbH stellte er die Weichen für eine neue Ausrichtung des Vereins hin zu den Schwerpunkten Kultur und Geschichte. Er selbst verfasste zahlreiche Beiträge zu vielen historischen Themen, wobei ihm die „Zitierfähigkeit“ immer besonders wichtig war. Die von ihm oder von Vereinsmitgliedern herausgebrachten Beiträge sollten wissenschaftlichen Standards entsprechen. Nachdem er 2006 den Vorsitz an Alwine Strohmenger-Pickmann übergeben hatte, wählte ihn die Mitgliederversammlung zum Ehrenvorsitzenden. Fortan kümmerte er sich um Exkursionen und mehrtägige Reisen, wobei ihm der Bezug zur Klever Geschichte immer ein besonderes Anliegen war. Der Verein lag ihm bis zuletzt am Herzen, er besuchte auch als Ehrenvorsitzender alle wichtigen Sitzungen, wo seine langjährigen Erfahrungen stets gefragt waren.

Am kommenden Freitag wird Heinz Scholten in Kleve beerdigt.

Deine Meinung zählt:

18 Kommentare

  1. 18

    @17
    fietser, Sie werfen hier in der Tat diskussionswürdige abstammungsrechtliche Fragen auf. Was den Status von in später eingemeindeten Ortsteilen Gebürtigen betrifft, gibt es drei verschiedene Rechtsschulen. Die eine besagt, dass wer vor Eingemeindung in einem dieser Ortsteile geboren wurde und bei Eingemeindung noch lebte, ein Wahlrecht hat, als wessen Ortes Kind er sich betrachtet. Eine weitere ist der Auffassung, dass der Umstand der Geburt außerhalb der Gemarkung Kleve durch die Eingemeindung geheilt wird, sofern der außerhalb Gebürtige zur Zeit der Eingemeindung am Leben war. Die herrschende Meinung wiederum folgt dem Prinzip, dass ein nicht in der Gemarkung Kleve Gebürtiger nicht zum gebürtigen Klever werden kann.
    Nach dieser Auffassung erlangt jemand, der in Kleve geboren wurde, dessen einer Elternteil jedoch nicht, nur den Status eines Kleveraners, gleich ob dieser Elternteil in einem vor oder nach Geburt bereits eingemeindeten Ortsteil oder in Goch, Berlin oder London geboren wurde.

     
  2. 17

    @14. Markus van Appeldorn
    „Es ist ja im Grunde ganz einfach: Klever ist, wer nach Kleve zugezogen ist. Kleveraner, wer in Kleve geboren wurde und Klevischer, wer in Kleve geboren wurde und wessen Eltern schon in Kleve geboren wurden.“

    Von wegen!
    Ganz so einfach ist es nun auch wieder nicht!
    Was ist z.B. mit jemandem, der in Bimmen, Brienen, Donsbrüggen, Düffelward, Griethausen, Keeken, Kellen, Materborn, Reichswalde, Rindern, Salmorth, Schenkenschanz, Wardhausen oder Warbeyen geboren wurde und erst durch Eingemeindung zwangsweise zum Einwohner der Stadt Kleve wurde?
    Was ist, wenn jemand in Kleve geboren wurde und ein Elternteil in (ursprünglich) Kleve, der andere aber in einem der oben genannten Ortsteile oder, noch schlimmer, in Kranenburg, Goch, Berlin, London, New York oder Hintertupfingen geboren wurde?
    Weitere Fallbeispiele ließen sich haufenweise konstruieren. Dabei ist der Fall „Zugezogen“ noch gar nicht berücksichtigt!
    Wie gesagt: Ganz so einfach ist es nicht!!!
    Was mich noch interessiert: Muss ich mich als „zwangsweiser“ Einwohner der Stadt Kleve angesprochen fühlen, wenn mal wieder einer der Kommentatoren im Blog den „Klever an sich“ (was immer das auch sein mag) als, vorsichtig ausgedrückt, „geistig eng gestrickt“ darstellt?

     
  3. 16

    Nein, Lohengräm, der Begriff „Klevisch“ in Zusammenhang mit einem Verein ist sicher bloß ein Hinweis auf die große Tradition der Heimat und die generationenübergreifende Bedeutung der Vereinsarbeit. Ich hatte das auch nur scherzhaft gemeint und habe in Wahrheit keine Kenntnis davon, ob eine Unterscheidung von Klevern, Kleveranern und Klevischen betreffend Zuzug, eigener oder elterlicher Geburt existiert.

     
  4. 15

    Das würde heissen dass in einem „Klevischen Verein“ keine Klever/innen und Kleveraner/innen Mitglied sein können? (Sondern nur Klevische und Klevevischinnen.)

     
  5. 14

    Es ist ja im Grunde ganz einfach: Klever ist, wer nach Kleve zugezogen ist. Kleveraner, wer in Kleve geboren wurde und Klevischer, wer in Kleve geboren wurde und wessen Eltern schon in Kleve geboren wurden. Ich zum Beispiel bin Kleveraner – in Kleve geboren, Vater auch aber Mutter in Innsbruck. Gleichwohl könnte – jetzt nur mal rein theoretisch – ein Kind von mir das Prädikat „klevisch“ für sich in Anspruch nehmen, vorausgesetzt, es würde in Kleve geboren und die Kindsmutter wäre geborene Kleverin.

     
  6. 13

    @Wiltrud:

    Wobei man anmerken muss, dass in Kleve bis ca. 1815 (als Kleve im Zuge des Wiener Kongresses zu Preussen kam (<- richtig wiedergegeben? ) ) Niederländisch gesprochen wurde.

    Leopoldt Fonck hatte da mal ein Buch drüber geschrieben.

     
  7. 12

    Unser Verein ist 150 Jahre alt. Das Klevische ist noch älter und bezieht sich auf früher zu Kleve gehörenden Gebieten. Man spricht zum Beispiel vom klevischen Huissen. Huissen ist eine niederländische Stadt, war aber fast 600 Jahre klevisch. Es war an die Grafen von Kleve gefallen, gehörte später zum Herzogtum, zu Brandenburg, zu Preußen.
    Das „klevisch“ ist im Verein diskutiert worden, als sich der Name vom „Heimat- und Verkehrsverein“ zum „Klevischen Verein für Kultur und Geschichte“ änderte. Damit wird heute ausgedrückt, dass der Verein über den Klever Tellerrand hinaus blickt, abzulesen z.B. an vielfältigen Netzwerken (wie man heute ja sagt) und Kooperationen. Auch an Vorträgen und Exkursionen, wobei ich hier gleich mal die Chance nutze und darauf hinweise, dass die Mitgliedschaft im Klevischen Verein nur 20 Euro jährlich beträgt. Dafür bekommt man Vergünstigungen bei vielen Vereinsaktivitäten und einmal jährlich „Rund um den Schwanenturm“!

     
  8. 11

    @Lohengräm, Das Adjektivierungssuffix „-Er“ (lateinische Wurzel arius, z.b. Bibiotecarius) ist für Nomen agentis, also handelnde Personen, das Suffix „isch“ drückt eher eine Zugehörigkeit (auch bei Nicht-Personen) aus (himmlisch, irdisch).

     
  9. 10

    Was ist eingentlich der Unterschied zwischen „klever“ und „klevisch“?

    Also der Unterschied zwixchen einem Klever Verein und einem Klevischen Verein ?

    Gibts hier Germanisten und germanistische Journalisten die mir das beantworten können?

     
  10. 9

    der Mann war toll und bescheiden – schade ich hätte Ihm noch 30 Jahre zugestanden – wenn er er über die Strasse lief war alles fit – einfach schade
    Galerie im Schwanenturm und Fotogalerie in der Schwanenburg – google mal
    er hat so manches ermöglich ohne jemals ein Klotz zu sein

     
  11. 8

    Mit Heinz Scholten geht einer von uns, der persönlich sympathisch, stets freundlich und angenehm zurückhaltend, aber mit sehr viel Einfühlungsvermögen und Liebe zu Kleve das geistige Leben in unserer Stadt lebens- und liebenswert machte. Ich verdanke ihm viele interessante Bücher und Aufsätze über Kleve. Und auch angenehme Gespräche über Bochum. Ein christlicher Klever im positiven Sinne ohne Tunnelblick also. In diesem Sinne, Heinz Scholten, „bis die Tage“.

     
  12. 7

    Das „ehrende Gedenken“,
    von dem man sonst oft eher floskelhaft redet und schreibt,
    das ist bei Heinz Scholten wirklich angemessen und angebracht!

    Danke, liebe Wiltrud Schnütgen,
    für Deinen rundum gelungenen Nachruf!

     
  13. 4

    Ich schließe mich den Worten von 1. Jörg Hopmans unbedingt an………….es ist an der Zeit innezuhalten……..

     
  14. 2

    meine HochAchtung
    und mein Dank
    für all das, was er für Kleve geleistet hat
    und für die sympatische, integre Person !