Merkels Terminalerfahrung in Weeze

Kanzlerin und Sekretär

War das aber auch wieder anstrengend! Angela Merkel sieht Sendung mit der Maus als Vorbild für Medien, sagt, dass ihr Stoiber fehlen werde, besucht als erste Regierungschefin ein Führungskräftetreffen der Bahn, berät über Zukunft der Airbus-Werke, ist besorgt über Pflegemissstände, trifft Deutschlands beste Jungforscher, missbilligt Äußerungen zu Antiterrorkampf und fordert glaubwürdiges Verhalten (kleine Auswahl der aktuellen Treffer bei Google News, Stichwort Merkel).

Mir würde das für einen Tag reichen, aber eine echte Regierungschefin kennt keinen Feierabend, und so düste sie am Nachmittag an den Niederrhein (nicht ohne dass irgendein Sozialdemokrat ihr eine Kohlendioxidrechnung vorhielt), um ihren treuen Vasallen Ronald Pofalla („Bildung ist unser Rohstoff“ – mehr hier ) als Kreisvorsitzenden der CDU zu verabschieden. Das Ganze höchst symbolträchtig im angeblich so florierenden Airport Weeze ( „Jobmaschine! Jobmaschine!!“ ), wohin die CDU flugs ihre Mitgliederversammlung verlegt hatte, allerdings ohne in letzter Konsequenz noch den superlustigen Chef der Fluglinie Ryanair als Wirtschaftswunderstimmungskanone zu verpflichten. Trotzdem eine Terminalerfahrung.

Noch ist keine Nachricht über den Verlauf bis zu mir vorgedrungen, aber es gehört nicht viel Fantasie dazu, einen gelungenen Auftritt vorherzusagen, zumal Frau Merkel mittlerweile ähnlich wie berühmte Rockgruppen mit einem Lastwagen voller Bühnenmaterial und 25 Roadies umhertourt. Und über den sehr anhänglichen Herrn Pofalla schreibt die Rheinische Post:

Pofalla selbst wird übrigens nicht mit zurück nach Berlin fliegen. Er bleibt in Weeze, „um noch ein paar Bierchen mit meinen Freunden zu trinken“, lässt sich in der Nacht nach Düsseldorf chauffieren, übernachtet im Flughafen-Hotel der Landeshauptstadt und fliegt (nach einer Mütze Schlaf) um 6.40 Uhr zurück in die Bundeshauptstadt, um an der von Merkel auf 8.30 Uhr verlegten Morgenlage bei der Kanzlerin mitmischen zu können.

Unter uns: Ich glaube, Regieren ist nicht so schön. Erst den ganzen lieben langen Tag Missbilligungen aussprechen, dann in zugigen Provinzflughafenhallen Kreisvorsitzende sanft aus dem Amt geleiten, und dann sitzt der Kerl am nächsten Morgen doch glatt schon wieder bei der „Morgenlage“, reibt sich vor lauter Tatendrang die Hände und ist bereit, neue Missbilligungen vorzubereiten, die dann am Nachmittag der Welt verkündet werden müssen.

Terminal

Veröffentlicht am
Kategorisiert in Alles

Deine Meinung zählt:

2 Kommentare

  1. 2

    […] Dieser Beitrag hat mit Kleve nur insofern etwas zu tun, als dass ich das Gratismagazin Genussverstärker auf dem Tresen des Zeitschriftenhändlers meines Vertrauens entdeckte. Doch ich halte die Titelbildkomposition für so gelungen, dass ich dem “Pfeifenraucher des Jahres 2007″, der ein CDU-Europapolitiker ist und sich auch schon mal mit Hillary Clinton und Kofi Annan getroffen hat, gerne 250 mal 333 Pixel Platz frei räume (was Friedbert Pflüger nicht gelungen ist, obwohl mir auch von ihm ein interessantes Dokument in die Hände gefallen ist). Das Bild beweist immerhin, dass Politik unter Umständen doch nicht ganz so ein trostloses Geschäft ist, wie ich mal vermutete hatte. Die Serie der “Pfeifenraucher des Jahres” wurde übrigens 1969 mit Herbert Wehner begründet. Die offizielle Berufsbezeichnung von Brok lautet: Senior Vice President Media Development Bertelsmann AG. Seine prägnanteste politische Aussage ist diese: “Wir Genießer wollen und können Rücksicht nehmen auf andere, doch man muss uns auch dürfen lassen.” Darauf einen Dujardin. […]

     
  2. 1

    […] Theo Brauer immer noch wohltuend dezent, dafür Barbara Hendricks im Augenblick schwer im Kommen. Pofalla seit den letzten beiden Heimatbesuchen (hier und hier) sowie einer besorgten Äußerung zu einem megalomanischen Dauerkirmesprojekt in Weeze ebenfalls sehr schweigsam. Ja Ja Ja Nee Nee Nee Nee Nee. […]